Kampf gegen Genitalverstümmelung Männer über die Qualen der Frauen aufklären
Die Genitalverstümmelung von Frauen und Mädchen ist in Kenia seit 2021 zwar verboten, wird aber noch praktiziert. Eine Hilfsorganisation spricht Männer an und klärt über die Qualen auf. Allmählich findet ein Umdenken statt.
Bosco Letunta ist ein Moran, ein junger Krieger. Er lebt in Samburu, einer ländlichen Gegend im Norden Kenias, und arbeitet als Viehhirte. Wie alle Morans trägt Bosco bunten Perlenschmuck, eine alte Tradition in Samburu.
Der 24-Jährige erzählt, dass er bald heiraten möchte. "Die Männer hier suchen die Frauen aus. Sie entscheiden, ob sie eine beschnittene oder eine unbeschnittene Frau heiraten. Deshalb spielen Männer eine wichtige Rolle bei der Genitalverstümmelung von jungen Frauen."
In Kenia ist die weibliche Genitalverstümmelung seit 2021 gesetzlich verboten. Doch in vielen Communities wird sie noch immer praktiziert. In Samburu sind die Mädchen meist zwischen 13 und 16 Jahre alt, wenn sie beschnitten werden.
Bosco hat Aufklärungsvideos gesehen, in denen gezeigt wird, wie junge Frauen beschnitten werden. Das hat ihn schockiert. Deshalb möchte er eine unbeschnittene Frau heiraten.
Bosco Letunta ist schockiert über die Verstümmelungen und will eine unbeschnittene Frau heiraten.
Aufklärung ist der Schlüssel
Dass Bosco und andere junge Männer über weibliche Genitalverstümmelung aufgeklärt sind, liegt an Frank Leseketeti. Er arbeitet für die Hilfsorganisation Men End FGM (Female Genital Mutilation). Sie setzt sich dafür ein, dass junge Frauen nicht mehr beschnitten werden.
Frank Leseketeti spricht offen über weibliche Genitalverstümmelung - mit jungen und alten Männern. Das sei vor Jahren noch undenkbar gewesen, es habe sich schon viel getan, erzählt er. Dennoch gebe es in Samburu noch immer viele Männer, die dafür sind.
Einer von ihnen ist Nicholas Leshoom. Er ist 56 Jahre alt, Vater mehrerer Söhne und einer Tochter. Sie wurde als Teenager beschnitten. "Ich habe es von meinen Vorfahren gelernt. Es ist bei uns Tradition", sagt Nicholas.
Er bestätigt, dass die Beschneidung auch vorgenommenen werde, damit Frauen weniger Lust an Sexualität hätten und ihrem Ehemann nicht fremd gingen. In Samburu wird Frauen bei der Beschneidung meist die Klitoris teilweise oder ganz abgetrennt, sowie die kleinen Schamlippen.
Mengathari Lolkingnati (links) berichtet von den schrecklichen Schmerzen, die sie erleiden musste. Sie wurde von mehreren Frauen festgehalten, als sie beschnitten wurde.
Beschneidung ohne Schmerzmittel
Mengathari Lolkingnati hat die Genitalverstümmelung am eigenen Körper erlebt. Sie wurde mit 13 Jahren beschnitten, heute ist sie 50. Mengathari erzählt, dass sie sich noch gut daran erinnert, wie sie sich damals draußen im Freien auf einen kleinen Stuhl setzen musste, mehrere Frauen ihre Beine und ihren Rücken festhielten, und sie dann mit einer scharfen Klinge beschnitten wurde.
"Ich hatte große Schmerzen und habe viel Blut verloren. Ich bekam damals keine Medikamente. Die Wunde wurde nur mit Wasser ausgewaschen. Sie ist sehr langsam geheilt", sagt sie.
Mengathari hat die Beschneidung damals als Tradition angenommen. Heute denkt sie anders darüber. Denn sie weiß, dass viele Frauen Probleme bekommen: Infektionen, Zysten und Komplikationen, wenn sie ein Kind zur Welt bringen. Viele könnten ihre Kinder nicht mehr natürlich zur Welt bringen, sondern nur noch durch einen Kaiserschnitt.
Manche Frauen sterben bei der Geburt ihres Kindes. Ihre jüngste Tochter ist deshalb nicht beschnitten worden.
Männer als Hüter der Traditionen
In Samburu haben meist die Männer das Sagen in den Familien. "Viele Männer in afrikanischen Communities sind die Chefs, die Hüter der Traditionen. Aber sie müssen sich jetzt bewegen und etwas tun", fordert Nankali Maksud von UNICEF, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen.
In Somalia habe sich in den vergangenen 30 Jahren nichts daran geändert. In anderen afrikanischen Ländern dagegen sind die Zahlen der weiblichen Beschneidungen laut UNICEF zurückgegangen: im ostafrikanischen Äthiopien von 68 auf 47 Prozent, in Kenia von 13 auf neun Prozent.
Marisa Lekenit ist 13 - ein Alter, in dem viele Mädchen in Samburu beschnitten werden. Doch Marisa Eltern sind dagegen. Und das, obwohl der soziale Druck für unbeschnittene Mädchen noch immer groß ist.
Sie werden von bestimmten Ritualen ausgeschlossen. Manche haben Schwierigkeiten, später einen Ehemann zu finden. Marisa sagt, dass sie keine Angst davor habe. "Meine Mutter ist nicht beschnitten und sie hat auch einen Ehemann gefunden. Warum kann ich das nicht auch machen, wenn ich erwachsen bin?"
Nur zusammen mit den Männern werde sich etwas ändern bei der weiblichen Genitalverstümmelung, ist Nankali Maksud von UNICEF überzeugt. Nur wenn Väter die Beschneidung ihrer Töchter untersagen und Männer auch unbeschnittene Frauen heiraten, könne die tiefverwurzelte Tradition gebrochen werden.