Proteste vor Maduros Vereidigung "Wenn Maduro bleibt, gehen die Venezolaner"
Die Wiederwahl Maduros wird international nicht anerkannt - heute will sich Venezuelas umstrittener Machthaber erneut vereidigen lassen. Im Vorfeld gab es massive Proteste und einen überraschenden Auftritt der Opposition.
"Ruhm dem Tapferen Volk" rufen Demonstranten in der venezolanischen Hauptstadt Caracas. Unter diesem Motto hatte Oppositionsführerin María Corina Machado aus ihrem Versteck seit Tagen zu den Protesten aufgerufen. Sie selbst durfte im Juli nicht zur Wahl antreten und hat sich voll hinter Oppositionskandidat Edmundo González gestellt.
Tausende Menschen sind am Tag vor der Vereidigung auf den Straßen zu sehen. Und dann zeigt sich Machado selbst bei einer Demonstration in Caracas: "Venezuela hat sich entschieden, Venezuela ist frei", ruft sie vom Dach eines Trucks den Demonstranten zu, die Freiheit fordern.
Als sie die Kundgebung verlässt, wird ihr Motorradkonvoi nach Angaben ihres Presseteams von Sicherheitskräften abgefangen und Machado eine Zeit lang gewaltsam festgehalten.
Umstrittener Wahlsieg Maduros
Die Opposition will verhindern, dass Machthaber Nicolás Maduro für eine weitere Amtszeit eingeschworen wird. Sie reklamiert den Wahlsieg für ihren Kandidaten González - und hat detaillierte Wahlunterlagen präsentiert, um das zu belegen. Unter anderem für die USA, Kanada und Italien ist González der gewählte Präsident. Und die EU erkennt zumindest nicht an, dass Maduro die Wahl gewonnen hat.
Genau das hat allerdings die regierungsnahe Wahlbehörde erklärt, weshalb Machthaber Maduro sich sicher gibt, dass er auch die nächsten sechs Jahre im Amt sein wird: "Es ist klar, am 10. Januar muss der gewählte und von der Wahlbehörde ausgewiesene Kandidat vor der Nationalversammlung vereidigt werden. Und das wird in Venezuela passieren - friedlich, in nationaler Einheit und gemeinsam mit dem Volk", erklärt er.
Oppositionskandidat González ist im September nach Spanien ins Exil geflohen. Er hat zuletzt immer wieder angekündigt, zur Vereidigung nach Venezuela einreisen zu wollen, um sich ins Amt einführen zu lassen. In den letzten Tagen hat er mehrere Staatschefs in der Region getroffen, darunter auch US-Präsident Biden. Die Regierung in Caracas hat ein Kopfgeld von 100.000 Dollar auf González ausgesetzt.
Unsicherheit und Flucht vor Maduros Regierung
Für Benigno Alarcón, Leiter des Zentrums für politische Studien an der Katholischen Universität Andrés Bello in Caracas, stützt sich die Regierung zum einen auf Klientelismus - auf Gruppen, die wirtschaftlich von der Macht Maduros profitieren. Für Andere wäre ein Machtverlust Maduros wiederum mit zu hohen Kosten verbunden: "Zum Beispiel für den Militär, der Unterdrückungsmaßnahmen angeordnet hat, und dessen Name beim Internationalen Strafgerichtshof auftaucht. Der kann dem Gericht nur entgehen, indem er sich an der Macht hält", meint Alarcón.
Nach Alarcóns Wahrnehmung gibt es viel Angst im Land. Wie weit die reichen kann, beschreibt eine pensionierte Lehrerin: "Ich lösche ständig die Videos, die ich auf mein Handy bekomme. Du weißt nicht, wann sie dein Telefon checken und ob du verhaftet wirst, weil du von jemanden ein Video geschickt bekommen hast. Ich fühle mich völlig unsicher mit dem System, das wir gerade haben." Das Leben werde jeden Tag komplizierter, erst im Dezember sei den Lehrern in fast dem ganzen Land das Gehalt gestrichen worden.
So ist auch die Diagnose Alarcóns eindeutig: "Wenn Maduro bleibt, gehen die Venezolaner. Fast acht Millionen, mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung, sind bereits geflohen."