Karim Khan

Internationaler Strafgerichtshof Chefankläger will Haftbefehl gegen Taliban-Anführer

Stand: 23.01.2025 14:28 Uhr

Die Verfolgung von Frauen und Mädchen in Afghanistan sei "beispiellos", so der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshof. Deshalb sollen die verantwortlichen Taliban vor Gericht.

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag will den Anführer der Taliban in Afghanistan verhaften und vor Gericht stellen lassen. Grund für die Forderung nach einem internationalen Haftbefehl ist die Verfolgung von Frauen. Ankläger Karim Khan erklärte, es bestehe der begründete Verdacht, dass Taliban-Chef Haibatullah Achundsada und der Oberste Richter Abdul Hakim Hakkani "strafrechtlich für das Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Verfolgung aus Gründen des Geschlechts" verantwortlich sind.

"Beispiellose, skrupellose Verfolgung"

Die Islamisten gingen nicht nur gegen Mädchen und Frauen, sondern gegen alle Menschen vor, die nicht den ideologischen Erwartungen der Taliban in Bezug auf Geschlechtsidentität und Ausdrucksweise entsprächen. Auch Personen, die sich für Frauen und Mädchen einsetzten, würden verfolgt, so der Chefankläger.

Khan sprach von einer "beispiellosen, skrupellosen und andauernden Verfolgung" von Frauen, Mädchen und LGBTQ-Menschen. "Unser Vorgehen macht deutlich, dass der Status Quo für Frauen und Mädchen in Afghanistan nicht hinnehmbar ist." Khan kündigte zudem weitere Maßnahmen gegen weitere Vertreter der Taliban an.

Haftbefehle werden geprüft - Ermittlungen seit 2007

Die Richter am IStGH müssen nun prüfen, ob auf Khans Antrag hin Haftbefehle ausgestellt werden - bis zur Entscheidung können Wochen oder Monate vergehen. Sollten Haftbefehle ausgestellt werden, müssten die 125 Mitgliedsstaaten des Gerichts diese im Prinzip vollstrecken, sollte einer der Betroffenen in eines der Länder reisen.

Die strafrechtlichen Ermittlungen des IStGH wurden mindestens seit dem 15. August 2021 bis heute im gesamten Staatsgebiet Afghanistans durchgeführt und dauere an, hieß es weiter. Erste Untersuchungen gab es bereits seit 2007. Damit ist der Vorgang den Angaben zufolge eine der ausführlichsten und am längsten andauernden Ermittlungen des Gerichtshofs.

Seit 2021 regieren wieder die Taliban

Die Taliban sind in Afghanistan seit August 2021 wieder an der Macht. Die Islamisten hatten zunächst angekündigt, liberaler zu regieren, die Rechte von Frauen und Mädchen aber bald drastisch wieder eingeschränkt.

Frauen und Mädchen sind weitgehend aus dem öffentlichen Raum verbannt. Der Besuch weiterführender Schulen ist ihnen untersagt, die Arbeitsmöglichkeiten sind weitestgehend eingeschränkt. Zuletzt erließen die Taliban vor wenigen Wochen ein Dekret, das den Einbau von Fenstern in Wohnhäusern verbietet, durch die von Frauen genutzte Bereich einsehbar sein könnten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 23. Januar 2025 um 14:30 Uhr.