
Westjordanland Israel gibt "Warnschüsse" auf Diplomaten ab
Israels Militär hat im besetzten Westjordanland Schüsse in Richtung einer Diplomatengruppe abgegeben. Laut Auswärtigem Amt war auch ein Deutscher Teil der Delegation. Verletzt wurde niemand - in der EU sorgt der Vorfall aber für Empörung.
In der Stadt Dschenin im Westjordanland haben israelische Soldaten bei einem Besuch von Diplomaten Schüsse abgefeuert. Laut Auswärtigem Amt war unter den Diplomaten auch ein Deutscher. "In der Nähe von Dschenin im Westjordanland wurden heute durch die israelische Armee Schüsse in Richtung einer angemeldeten diplomatischen Delegation abgegeben, darunter auch ein deutscher Diplomat sowie ein Fahrer aus dem Vertretungsbüro Ramallah", teilte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes mit.
"Diesen unprovozierten Beschuss verurteilt das Auswärtige Amt scharf. Wir können von Glück reden, dass nichts Schlimmeres passiert ist." Auch Vertreter der EU, Italiens und Spaniens sollen Teil der Delegation gewesen sein.
Israel: Diplomaten haben genehmigte Route verlassen
Israels Militär teilte mit, die Delegation sei von einer zuvor genehmigten Route für den Besuch von Dschenin abgewichen und habe ein Gebiet betreten, in dem sie sich nicht hätten aufhalten dürfen. Israelische Soldaten hätten die Diplomaten zunächst als Bedrohung wahrgenommen und Warnschüsse abgegeben, um die Personengruppe auf Distanz zu halten, hieß es weiter.
Nachdem sich herausgestellt hatte, dass es sich um die Diplomaten handelte, habe die Armee eine Untersuchung eingeleitet. Es solle zudem mit den Vertretern der von dem Vorfall betroffenen Länder gesprochen werden. Sie sollen über die Ergebnisse der Untersuchung informiert werden. Die Armee bedauere die entstandenen Unannehmlichkeiten.
Wie mehrere Medien berichteten, befand sich die Delegation in Dschenin, um das dortige Flüchtlingslager zu besichtigen und sich über die humanitäre Lage vor Ort zu informieren.
Auswärtiges Amt fordert Aufklärung
Das Auswärtige Amt teilte mit, die israelische Regierung müsse umgehend die Umstände aufklären und die Unverletzlichkeit von Diplomaten respektieren. Das werde Außenminister Johann Wadephul auch gegenüber seinem israelischen Amtskollegen zum Ausdruck bringen. Nach dem Vorfall habe er mit den betroffenen Kollegen vor Ort telefoniert.
Die Gruppe war laut dem Ministerium im Rahmen ihrer diplomatischen Tätigkeit und in Koordinierung mit der Palästinensischen Behörde und der israelischen Armee im Westjordanland. "Die unabhängige Beobachterrolle der Diplomatinnen und Diplomaten vor Ort ist unverzichtbar und stellt in keinster Weise eine Bedrohung für israelische Sicherheitsinteressen dar", so das Auswärtige Amt.
Italien will Israels Botschafter einbestellen
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sagte: "Wir fordern Israel eindringlich auf, diesen Vorfall zu untersuchen und diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die dafür verantwortlich sind und das Leben von Diplomaten bedrohen." Das spanische Außenministerium erklärte: "Wir stehen in Kontakt mit anderen betroffenen Ländern, um gemeinsam auf das Geschehene zu reagieren, das wir aufs Schärfste verurteilen." Der italienische Außenminister Antonio Tajani kündigte an, den israelischen Botschafter in Rom einzubestellen.
Das Außenministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde bezeichnete den Vorfall als einen "eklatanten und schwerwiegenden Verstoß gegen das Völkerrecht". Man verurteile den Vorfall aufs Schärfste, hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums.
