UNICEF-Bericht zu Südasien Corona bedroht eine ganze Generation
Für die rund 600 Millionen Kinder in Südasien macht die Corona-Pandemie jahrzehntelange Fortschritte bei Gesundheitsfürsorge und Schulbildung zunichte. UNICEF sieht die Zukunft einer ganzen Generation in Gefahr.
Südasien ist nach Einschätzung des UN-Kinderhilfswerk UNICEF von der Corona-Pandemie besonders stark betroffen. Vor allem in Pakistan, Indien, Bangladesch und Afghanistan breite sich das Virus immer schneller aus, hieß es in einem jüngst vorgestellten Bericht.
Besonders gefährdet sind laut UNICEF die etwa 600 Millionen Kinder in der Region. Die in den vergangenen Jahrzehnten gemachten Fortschritte bei der Gesundheitsversorgung und im Bereich Schulbildung würden durch die Pandemie zunichte gemacht.
Die Einschränkung wichtiger Gesundheitsdienste gefährdet vor allem das Leben von Kindern in Pakistan.
UNICEF sieht Leben von Müttern und Kindern in Gefahr
Covid-19 und die langfristigen wirtschaftlichen Folgen der Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Infektionskrankheit könnten die Zukunft einer ganzen Generation zerstören, hieß es. Impfungen und andere lebenswichtige Gesundheitsdienste sind durch die Corona-Pandemie so stark eingeschränkt, dass das Leben von Hunderttausenden Kindern und Müttern in den kommenden sechs Monaten bedroht sein könnte.
Tariq Nawaz, der Vater eines an Polio erkrankten Mädchens in Peshawar, klagt über fehlende Hilfe, weil Ärzte und Krankenhäuser angesichts der Corona-Pandemie überlastet seien.
Wir haben sie erst zu einem Arzt in unserem Dorf gebracht, dann zu einem staatlichen Krankenhaus. Dort wurde sie untersucht und die Bluttests wurden nach Islamabad geschickt. Dann erhielten wir die schreckliche Nachricht, dass sie Polio hat. Aber die Krankenhäuser nehmen niemanden auf und ihre Behandlung geht nicht weiter.
Keine Polio-Impfungen mehr
Rund 40 Millionen Kinder in Pakistan können wegen der Corona-Pandemie vorerst keine Polio-Impfungen mehr bekommen. Dabei sind Pakistan und das benachbarte Afghanistan die beiden Länder in Südasien, in denen die hoch ansteckende und Kinderlähmung verursachende Infektionskrankheit stark verbreitet ist.
Vor allem die ärmeren Bevölkerungsschichten könnten sich die Behandlung und die Reise zu geeigneten Ärzten und Krankenhäusern kaum leisten, so Ilyas Saeed, der Direktor eines Krankenhauses in Peshawar.
Viele Kinder werden nicht rechtzeitig behandelt, weil die Eltern nicht das Geld haben, um ständig zwischen ihrem Dorf und einem Krankenhaus in der Stadt hin- und herzufahren.
Hinzu kommt, dass die Krankenhäuser in Pakistan sind voll mit Covid-19-Patienten. Fast 190.000 Corona-Fälle wurden bislang offiziell registriert, mehr als 3700 Menschen sind im Zusammenhang mit einer Infektion gestorben.
Schneller Anstieg der Corona-Ansteckungen
Und die Zahlen steigen rasant an, so Qaiser Saijad, der Generaldirektor des pakistanischen Ärzteverbandes:
Innerhalb von 24 Stunden hatten wir mehr als 6000 neue Fälle. 136 Menschen sind gestorben. Das ist sehr beunruhigend, denn wenn wir nicht aufpassen und die Maßnahmen ernst nehmen, werden die Zahlen weiter steigen.
Bis zu eine Million Corona-Fälle oder mehr bis Ende Juli befürchtet Pakistans Planungsminister Asad Umar. Bis Ende des Monats könnte sich die Zahl der Infektionen verdoppeln, sagte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.
Lockdown längst aufgehoben
Der anfangs landesweite Lockdown wurde längst aufgehoben. Pakistan könne sich einen wirtschaftlichen Stillstand nicht leisten, so Premierminister Imran Khan zur Begründung.
Auch der internationale Flugverkehr wurde Anfang des Monats wieder aufgenommen. Die Fluggesellschaft Emirates stellte jedoch die Flugverbindungen von und nach Pakistan schon wieder ein, nachdem Corona-Fälle bei Passagieren festgestellt worden waren.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version war die Zahl der Corona-Fälle in Pakistan mit 390.000 angegeben worden. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.