
Isar Aerospace Deutsche Rakete nach erfolgreichem Start abgestürzt
Es war eine wichtige Premiere: Die "Spectrum"-Rakete eines deutschen Start-Ups ist vom norwegischen Andoya aus gestartet. Der Testflug dauerte nur 30 Sekunden - für das Unternehmen aus Bayern dennoch ein "großer Erfolg".
Das Start-up Isar Aerospace hat erstmals eine Weltraumrakete von europäischem Boden gestartet - auch wenn der Flug nur kurz dauerte. Die zweistufige "Spectrum" des jungen Unternehmens aus Ottobrunn bei München hob vom norwegischen Weltraum-Bahnhof Andoya ab. Bei der Live-Übertragung war zu sehen, wie sie unmittelbar danach abstürzte.
"Unser erster Testflug hat alle unsere Erwartungen erfüllt und war ein großer Erfolg", teilte Daniel Metzler, CEO und Mitbegründer von Isar Aerospace, anschließend mit. Er sprach von einem "sauberen Start" und einer Flugzeit von 30 Sekunden. Vorab hatte Metzler gesagt, eine solche Flugdauer im ersten Versuch wäre "ein großer Erfolg". Der Testflug sollte von Anfang an nur dazu dienen, Daten und Erfahrungen zu sammeln.
Es war der erste Start einer Orbitalrakete in Kontinentaleuropa außerhalb Russlands. Zugleich war es der erste Raketenstart in Europa, der fast ausschließlich aus privaten Mitteln finanziert wurde.
"Neue Ära der europäischen Raumfahrt"
"Heute hat eine neue Ära der europäischen Raumfahrt begonnen", sagte Anna Christmann, Raumfahrt-Koordinatorin der Bundesregierung, der Nachrichtenagentur Reuters. "Der erfolgreiche Teststart der Trägerrakete 'Spectrum' markiert einen Meilenstein für die deutsche und europäische Raumfahrt."
Ähnlich äußerte sich Marie-Christine von Hahn, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI). Der erste Test sei ein wegweisender Schritt für die deutsche Raumfahrt und ein starker Beweis der Innovationskraft.
Geplanter Start mehrfach verschoben
Wie in der Live-Übertragung zu sehen war, flog die unbeladen gestartete Rakete auf ihrem Jungfernflug zunächst steil nach oben. Nach einigen Sekunden geriet sie in Schieflage, drehte sich um 180 Grad und stürzte ins Meer. "Dank strikter Sicherheitsverfahren" von Isar Aerospace und dem Weltraumbahnhof auf der norwegischen Arktis-Insel Andöya sei das an dem Raketenstart beteiligte Personal zu keiner Zeit gefährdet gewesen, teilte das Münchner Unternehmen mit.
Der staatlich betriebene Weltraumbahnhof auf Andoya meldete derweil einen "Vorfall", weshalb ein "Krisensystem" aktiviert worden sei. Laut der örtlichen Polizei gab es aber weder Verletzte noch materielle Schäden.
Frühere Startversuche abgesagt
Frühere Startversuche waren wegen schlechten Wetters abgeblasen worden. Der Start der Testrakete von Norwegen aus soll eine doppelte Premiere sein: nicht nur der erste Flug für Isar Aerospace, sondern auch der erste Start einer orbitalen Trägerrakete in Kontinentaleuropa.
CEO Metzler hatte die Erwartungen bereits im Vorfeld gedämpft. Dass die Rakete den Orbit erreicht, sei nicht zu erwarten. Schließlich habe noch kein Unternehmen eine Rakete gleich bei ihrem ersten Orbitalflug in eine Erdumlaufbahn gebracht.
"Ariane"-Rakete mehr als doppelt so groß
"Spectrum" ist 28 Meter lang und gehört zu den sogenannten Microlaunchern. Die Rakete hat einen Durchmesser von zwei Metern und kann bis zu einer Tonne Gewicht befördern. Künftig soll sie kleine und mittelgroße Satelliten ins All bringen. Beim zweiten Flug ist dies laut der aktuellen Planung bereits vorgesehen.
Zum Vergleich dazu ist die "Falcon 9" von SpaceX, der Weltraumfirma des Trump-Beraters Elon Musk, 70 Meter lang und kann bis zu 22,8 Tonnen transportieren. Die größere Version der "Ariane 6" des europäischen Raumfahrtkonzerns Airbus misst 62 Meter und hat eine Nutzlast von bis zu 21,6 Tonnen. Letztere startet von Kourou im südamerikanischen Französisch-Guayana aus ins All.
Allerdings hat die europäische Raumfahrt mit Schwierigkeiten zu kämpfen, etwa zu geringen Kapazitäten. Dies könnte vor allem vor dem Hintergrund der zunehmend angespannten Beziehungen zu den USA ein Problem werden. Ein erfolgreicher Flug von "Spectrum" in Norwegen wäre ein Durchbruch für die europäische Raumfahrt, weil von dort aus Kleinsatelliten in eine Polar-Umlaufbahn befördert werden können. Isar Aerospace ist eines von mehreren deutschen Raumfahrt-Startups, die SpaceX Konkurrenz machen wollen.
Andoya liegt auf einer Insel nördlich des Polarkreises. Von dort sind bislang suborbitale Raketen gestartet, die unter anderem für Forschungsmissionen verwendet werden.