![Nach einem Feuergefecht mit Mitgliedern eines Kartells steht ein von Einschusslöchern durchsiebter Polizeiwagen in Culiacan (Mexiko) an einer Mauer. | AFP Nach einem Feuergefecht mit Mitgliedern eines Kartells steht ein von Einschusslöchern durchsiebter Polizeiwagen in Culiacan (Mexiko) an einer Mauer.](https://images.tagesschau.de/image/8b8b1381-19c3-47b5-ae9c-59a0031c9e0d/AAABlORh4ok/AAABkZLrr6A/original/mexiko-gewalt-108.jpg)
Drogenkartelle in Mexiko Die Feuerkraft kommt aus den USA
Es ist Teil des Trump-Deals mit Mexiko: Die USA haben versprochen, etwas gegen den Waffenschmuggel zu tun. Was, bleibt vorerst unklar. Warum aber ist das für Mexiko so wichtig?
Ein Bürgermeister, der nur sechs Tage nach Amtsantritt auf martialische Weise umgebracht wird. Eine Gruppe von 18 Personen, die von einem Tag auf den anderen verschwindet. Elf davon werden wenige Tage später tot aufgefunden.
Nur zwei Beispiele von vielen, allein aus dem Bundesstaat Guerrero Ende vergangenen Jahres, in dem etwa 22 kriminelle Gruppen um ihre Vorherrschaft kämpfen und dafür Schutzgelder erpressen, entführen und morden. Über Waffen verfügen die Gruppen im Übermaß.
"Wir haben hier viele Pistolen verschiedener Marken", erzählt der Anführer einer lokalen kriminellen Organisation und zeigt auf eine Smith & Wesson - "alle aus den Vereinigten Staaten". Zwar sei es seine größte Angst, im Gefängnis zu landen. "Aber so lange ich Waffen habe, Munition, so lange werden sie mich nicht kriegen", ist er überzeugt.
Waffen aus dem Nachbarland
Und diese Waffen kämen vorwiegend aus den USA, erklärt der Politologe Carlos Pérez Ricart und beziffert ihren Anteil für Mexiko auf 70 Prozent. Fast alle kämen illegal ins Land.
Mexiko selbst hat ein sehr strenges Waffengesetz. Das mexikanische Außenministerium gehe davon aus, dass jährlich 200.000 Waffen aus den USA geschmuggelt würden, so der Politologe. Das sind rund 550 täglich.
In den grenznahen US-Bundesstaaten gibt es etliche Läden, die Gewehre und Pistolen jeglicher Art verkaufen. Viele davon landen in Mexiko.
Viele Möglichkeiten, sich einzudecken
Das bestätigt auch John Lindsay Poland, ein US-amerikanischer Friedensaktivist. Er hat zusammen mit weiteren Aktivisten der Organisation "Stop US Arms to Mexico" einen Bericht zum Waffenschmuggel erstellt. Texas sei ein Waffenland und habe eine sehr lange Grenze zu Mexiko.
In den angrenzenden mexikanischen Bundesstaaten Tamaulipas, Nuevo Leon und in Teilen von Chihuahua gebe es eine hohe Nachfrage nach Schusswaffen, weil dort die Kartelle um die Kontrolle über ein Gebiet kämpften. In Texas könne man Sturmgewehre kaufen, mit dem man sogar Hubschrauber abschießen könne, sagt Poland.
Waffen könne man nicht nur in Geschäften erwerben, sondern auch auf den zahlreichen Waffenausstellungen. Dort müsse man sich teilweise noch nicht mal einer Hintergrundüberprüfung unterziehen, erklärt der Aktivist.
Schmuggel in kleinen Mengen
Geschmuggelt wird nach dem Ameisenprinzip, wie es im Fachjargon heißt. Nicht in großen Lastwagenladungen, sondern in nur kleinen Mengen - fünf bis zehn Waffen, versteckt in Fahrzeugen, Möbeln oder in Einzelteilen am Körper. Systematisch kontrolliert werde kaum, so der Politologe Pérez Ricart.
Die Schmuggler machten sich die Tatsache zunutze, dass es zwischen den beiden Ländern kaum Sicherheitsinfrastruktur gibt. So sei es praktisch unmöglich, eine Person zu stoppen, die eine Waffe von Norden nach Süden mitnehme.
Mexiko will die Verantwortung der Hersteller klären
Die Grenze ist auf beiden Seiten durchlässig, und auch die Korruption ist ein großes Problem, wie diverse Experten beobachten. Immer wieder hat die mexikanische Regierung Washington aufgefordert, gegen den Waffenschmuggel Richtung Süden vorzugehen - vergeblich.
Deshalb hat sie vor drei Jahren gegen Waffenhersteller geklagt, die für die Herstellung und den Verkauf der Waffen verantwortlich sind, unter anderem gegen Smith & Wesson, Baretta und Colt.
Die Regierung argumentiert, dass die Hersteller es versäumt hätten, Maßnahmen gegen den illegalen Handel zu ergreifen und teils sogar in ihrer Ästhetik insbesondere Mitglieder der Kartelle ansprechen, etwa wenn ein Revolver das Bild des mexikanischen Revolutionärs Emiliano Zapata eingraviert hat.
Derzeit liegt die Klage beim Obersten Gerichtshof der USA - auf Antrag der Waffenunternehmen. Diese hatten den Supreme Court gebeten, zu prüfen, ob die Forderungen der mexikanischen Regierung die Souveränität und den Rechtsschutz der Waffenindustrie verletzen.
Trump und Sheinbaum treffen Übereinkunft
Zuletzt kam es zwischen beiden Staaten immerhin zu einer Vereinbarung, nachdem US-Präsident Donald Trump Mexiko mit Strafzöllen gedroht hatte, sollte das Land nicht mehr gegen die Migration in die USA und den Drogenfluss, speziell von Fentanyl, unternehmen. Mexiko schickt 10.000 Soldaten an die gemeinsame Grenze. Im Gegenzug verpflichteten sich die USA, etwas gegen den Waffenhandel zu unternehmen.
Auf ihrer morgendlichen Pressekonferenz berichtet die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum, dass sie Trump am Telefon erläutert habe, wie groß die die Menge an hochleistungsfähigen Waffen sei, die aus den USA nach Mexiko gelangen -"und dass diese hochleistungsfähigen Waffen, die illegal eingeführt werden, die kriminellen Gruppen bewaffnen und ihnen Feuerkraft verleihen".
Die Auseinandersetzungen zwischen den Kartellen führen auch zu immer mehr Gewalt gegen Zivilisten. Im Durchschnitt sterben etwa 100 Menschen in Mexiko täglich eines gewaltsamen Todes.
Wie die US-Regierung in Zukunft den Waffenfluss verhindern will, darüber gibt es noch keinen Plan. Bisher ist es nur ein Lippenbekenntnis. Die 10.000 mexikanischen Soldaten sind hingegen bereits auf dem Weg an die Grenze.