Einsatzkräfte sind nach einem Brandanschlag in einer Straßenbahn in Gera im Einsatz.

Angriff auf Frau in Gera "Kein Einzelfall"

Stand: 17.03.2025 15:35 Uhr

In Gera wird eine Frau in einer Tram angezündet - tatverdächtig ist ihr Ehemann. Bundesinnenministerin Faeser fordert mehr Schutz von Frauen vor Gewalt. Statistisch gebe es fast jeden Tag einen Femizid in Deutschland.

Nach bisherigen Polizeiermittlungen hat ein Mann am Sonntagvormittag seine Ehefrau in einer fahrenden Straßenbahn in Gera mit einer brennbaren Flüssigkeit überschüttet und angezündet.

Mitfahrende betätigten laut Polizeisprecherin den Notfallknopf, der Tramfahrer eilte der Frau zu Hilfe und löschte die Flammen auf ihrem Körper mit dem Feuerlöscher. Die 46-Jährige soll am Oberkörper, an den Armen und am Hals gebrannt haben. Mit einem Hubschrauber wurde die lebensgefährlich Verletzte in ein Krankenhaus gebracht. Aufnahmen des Tatorts zeigen eine verkohlte Stelle nahe zweier Sitze in der Tram. 

Bundesinnenministerin: Tat kein Einzelfall

Bundesinnenministerin Nancy Faeser forderte nach der Attacke mehr Schutz für Frauen gegen Gewalt und ein schärferes Vorgehen gegen Täter. "Das grauenhafte Verbrechen in Gera ist mutmaßlich ein versuchter Femizid. Diese grauenhafte Tat ist kein Einzelfall, statistisch gibt es fast jeden Tag einen Femizid in Deutschland", sagte die SPD-Politikerin. Femizid bedeutet, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden - also weil sie Frauen sind.

Ein stärkeres Schutz- und Hilfesystem für Frauen, eine effektive Strafverfolgung der Täter und die elektronische Fußfessel, damit sich Täter bedrohten Frauen nicht mehr unbemerkt nähern können, zählte Faeser in einer Mitteilung als nötige Maßnahmen auf. "Der Schutz von Frauen vor Gewalt muss auch für die nächste Bundesregierung ein zentrales Thema sein."

Lagebild "Gewalt gegen Frauen"

Im November vergangenen Jahres hatte das Bundeskriminalamt erstmals ein Lagebild "Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten" vorgestellt. Demnach wurden im vorvergangenen Jahr (2023) 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten und vollendeten Femiziden - 360 Frauen und Mädchen starben dabei.

"Der Anteil weiblicher Opfer von Tötungsdelikten innerhalb von Partnerschaften liegt bei über 80 Prozent", hieß es in der Statistik. Es gebe Aufklärungs-, Abgrenzungs- und Forschungsbedarf. Im öffentlichen Diskurs sei vielen nicht klar, welche Taten sich hinter dem Begriff Femizid verbergen, so das BKA.

Insgesamt haben laut Lagebild Straftaten gegen Frauen im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. In jeder Fallgruppe sei im Vergleich zum Vorjahr die Anzahl der weiblichen Opfer gestiegen.

Innenminister: "Müssen mehr tun, um Frauen zu schützen"

Auch Thüringens Innenminister Georg Maier schrieb auf der Plattform X von einem "abscheulichen Mordversuch" und von einem "mutmaßlichen Femizid". "Wir müssen mehr tun, Frauen zu schützen. Mein Dank gilt dem Tramfahrer, der beherzt eingegriffen u. hoffentlich der Frau das Leben gerettet hat", so der SPD-Politiker weiter.

Schon am Sonntag zeigte sich der Oberbürgermeister der rund 100.000 Einwohner zählenden Stadt erschüttert ob der Attacke. Kurt Dannenberg machte sie auch als Symptom eines grundlegenden Problems aus. "Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter - die heutige Tat ist eine der niederträchtigsten", sagte der CDU-Politiker laut Mitteilung. Das Opfer werde sein Leben lang gezeichnet sein. "Dieser Vorfall zeigt uns auf erschreckende Weise, dass solch brutale Taten jederzeit und überall geschehen können." Dabei rechtfertige nichts eine solche Tat. 

Tatverdächtiger Ehemann stellte sich selbst

Der tatverdächtige Ehemann war nach der Attacke flüchtig, die Polizei fahndete mit Foto nach ihm, konnte nicht ausschließen, dass von ihm weiter eine Gefahr ausging. Auch Polizeihunde und ein Polizeihubschrauber waren bei der Suche im Einsatz gewesen. Am Montagvormittag stellte sich der Gesuchte dann selbst bei der Polizei, die ihn vorläufig und ohne Widerstand festnahm. 

Zuvor war die Wohnung des Mannes in Gera durchsucht worden, dabei waren auch Spezialkräfte des Landeskriminalamts beteiligt gewesen. Dass es sich bei der brennbaren Flüssigkeit um Benzin gehandelt haben könnte, kann die Polizei bislang nicht ausschließen, aber auch nicht bestätigen. Wie es mit dem Mann nun weitergeht, hat die Staatsanwaltschaft zu entscheiden. Die Polizei ermittelt wegen versuchten Mordes. 

Ob sich der Georgier zur Tat geäußert hat, darüber gab die Polizei keine Auskunft. Auch was ein mögliches Motiv und die genauen Hintergründe angeht, hält sich die Behörde mit Blick auf laufende Ermittlungen zurück.

Sicher ist: In der Familie gibt es auch mehrere Kinder und der Mann war kein Unbekannter bei der Polizei. Vor einigen Wochen sei es bereits zu einem Polizeieinsatz bei der Familie gekommen, so die Behörde.

Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen"
Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" bietet gewaltbetroffenen Frauen, Personen aus deren sozialem Umfeld und Fachkräften unter der Nummer 116 016 rund um die Uhr kostenlose, barrierefreie und anonyme Beratung in 19 Sprachen an.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. März 2025 um 15:49 Uhr.