Ein Polizist steht vor einer Gruppe von Fussballfans

Polizei bei Hochrisikospielen Die Bundesliga muss mit neuen Kosten planen

Stand: 14.01.2025 14:15 Uhr

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen dürfen an Bundesligaklubs weitergegeben werden. Bislang war nur Werder Bremen betroffen, nun muss die Liga umplanen.

Von Klaus Hempel, ARD-Rechtsredaktion

Mit dem Urteil geht ein Rechtsstreit zu Ende, der sich schon seit mehr als zehn Jahren hinzieht. Und mit dieser Entscheidung ist klar: Die Deutsche Fußball Liga DFL und damit die Klubs der 1. und 2. Bundesliga müssen damit rechnen, dass sie sich nach Hochrisikospielen an zusätzlichen Kosten beteiligen müssen. Nämlich dann, wenn verfeindete Fangruppen gewalttätig werden und aufeinander losgehen.

Kolja Schwartz, SWR, zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Extrakosten bei Fußball-Hochrisikospielen

tagesschau24, 14.01.2025 14:00 Uhr

2014 hatte Bremen eine entsprechende gesetzliche Regelung geschaffen. In den Folgejahren bekam die DFL mehrere Rechnungen aufgrund solcher Hochrisikospiele geschickt, die Werder Bremen ausgerichtet hatte. Die DFL hielt dies für verfassungswidrig und klagte durch alle Instanzen. 2019 kassierte sie eine Niederlage beim Bundesverwaltungsgericht: Das höchste deutsche Verwaltungsgericht entschied, dass die DFL an den Polizeikosten beteiligt werden darf. Daraufhin legte der Fußballverband Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein - ohne Erfolg.

DFL: "Aufgabe des Staates für öffentliche Sicherheit zu sorgen"

Die DFL hatte argumentiert: Es sei grundsätzlich die Aufgabe des Staates, für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Dies gelte auch für Fußballspiele. Sie verwies darauf, dass die Polizei gerade außerhalb der Stadien und damit im öffentlichen Raum tätig werde. Deshalb müsse der Staat auch bei Hochrisikospielen sämtliche Polizeikosten tragen. Dem ist das Bundesverfassungsgericht nicht gefolgt. Gerichtspräsident Stephan Harbarth machte zu Beginn der Urteilsbegründung deutlich, dass auch Privatveranstalter in Form von Gebühren an Polizeikosten beteiligt werden dürfen.

Die Verfassung kennt keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem die polizeiliche Gefahrenvorsorge durchgängig kostenfrei zur Verfügung gestellt und ausschließlich aus dem Steueraufkommen finanziert werden müsste. Die Erbringung einer staatlichen Kernaufgabe zieht - wie etwa die als verfassungsrechtlich zulässig anerkannten Gerichtsgebühren belegen - nicht notwendig die Gebührenfreiheit nach sich.

"Bundesligaklubs profitieren als Veranstalter von Polizeikräften"

Speziell zu den Hochrisikospielen sagt das Bundesverfassungsgericht: Anlass für den besonderen Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften sei das Fußballspiel, was dem Veranstalter zugerechnet werden müsse. Das Gericht weist in seinem Urteil darauf hin, dass die Bundesligaklubs als kommerzielle Veranstalter von Fußballspielen vom Einsatz der Polizeikräfte profitieren.

Ähnlich hatte bereits das Bundesverwaltungsgericht seine damalige Entscheidung begründet. Es sei daher gerechtfertigt, bei besonders gefährdeten Spielen die zusätzlichen Kosten in Rechnung zu stellen, so Gerichtspräsident Harbarth, zugleich Vorsitzender des zuständigen Ersten Senats.

Die Veranstalterinnen und Veranstalter sind objektiv (…) Nutznießerinnen und Nutznießer dieser Bereitstellung von Polizeikräften, weil sie ohne diese ihre Veranstaltung nicht, oder zumindest nicht in der gewählten Weise - nämlich mit einem deutlich verringerten Risiko - ausrichten könnten.

Bislang musste nur Werder Bremen zahlen

Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) war sichtlich zufrieden mit dem Urteil. Er hatte während des langjährigen Rechtsstreits die DFL immer wieder dazu aufgefordert, selbst aktiv zu werden und einen Fonds zu schaffen, in dem alle Klubs für die Polizeikosten einzahlen. So könnten insbesondere die Lasten gerecht aufgeteilt werden. Nach der Urteilsverkündung wiederholte er seine Forderung:

Vernünftig wäre, dass wir eine gemeinsame Lösung finden. Das heißt, dass ein Fonds aufgelegt wird, aus dem heraus die Kosten getragen werden, entsprechend dem Aufwand in den Bundesländern.

Einen Teil der Kosten für die zusätzlichen Polizeieinsätze hatte die DFL an den Fußballklub Werder Bremen weitergereicht. Damit ist Werder bislang der einzige Bundesliga-Verein, der mit Kosten für Polizeieinsätze belastet wird. Tarek Brauer, Geschäftsführer von Werder, spricht von Wettbewerbsverzerrung. Er hofft, dass die DFL auf das Urteil reagieren wird:

"Ich erwarte, dass wir dort konstruktiv miteinander diskutieren und Lösungen finden, die zu einer fairen Verteilung führen. Und die nicht dazu führen, dass hier weiterhin Werder Bremen allein die Zeche zahlt."

DFL sollte Konsequenzen aus dem Urteil ziehen

Die DFL hatte bisher eine solidarische Fondslösung abgelehnt, die meisten Klubs sind dagegen. Nach dem Urteil war die Reaktion des Prozessbevollmächtigten der DFL, Rechtsanwalt Bernd Hoefer, sehr verhalten. Die Klubs bräuchten ausreichend Zeit, erst einmal das Urteil sorgfältig zu studieren. Sollte die DFL keine Konsequenzen aus der Entscheidung ziehen, könnte dies unangenehme Folgen haben. Denn dann wäre es denkbar, dass künftig auch andere Bundesländer Zusatzkosten für Polizeieinsätze einfordern werden. Die Landesregierungen in Rheinland-Pfalz und Hamburg hatten bereits im Vorfeld des Urteils deutlich gemacht, dass sie dies befürworten.

Klaus Hempel, SWR, tagesschau, 14.01.2025 11:55 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 14. Januar 2025 um 10:00 Uhr.