
Idee von Union und SPD Handelsverband für wöchentliche Höchstarbeitszeit
Aktuell dürfen Arbeitnehmer maximal acht Stunden am Tag arbeiten. Das könnte sich mit der neuen Bundesregierung ändern. Sie denkt über eine wöchentliche Höchstarbeitszeit nach. Der Handelsverband spricht von einer "Win-Win-Situation".
Der Handel spricht sich für eine wöchentliche statt tägliche Höchstarbeitszeit aus. Einen entsprechenden Vorschlag aus der Sondierungsvereinbarung von Union und SPD "finden wir sehr gut", sagte der Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), Alexander von Preen, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
"Und zwar nicht nur wir Arbeitgeber. Auch unsere Mitarbeiter wünschen sich mehr Flexibilität", sagte Preen. Die tägliche Begrenzung der Arbeitszeit auf eine wöchentliche zu ändern, wäre aus Sicht Preens auch ein Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. "Das wäre eine Win-Win-Situation." Zumal der Vorschlag dem EU-Recht entspreche. "Es wird also Zeit, dass wir diese Spielräume auch in Deutschland endlich voll ausschöpfen."
Nicht unbedingt Öffnungszeiten bis Mitternacht
Er sei nicht dafür, dass alle Geschäfte bis 22.00 oder 24.00 Uhr geöffnet haben, sagte Preen. "Für den Non-Food-Handel ist es wichtig, dann geöffnet zu haben, wenn die Frequenz in den Städten ist - das heißt, wenn viele Menschen dort sind." Aber das sei von Ort zu Ort verschieden. Der Lebensmittelhandel handhabe das schließlich bereits vielerorts so.
Laut Arbeitszeitgesetz darf die werktägliche Arbeitszeit in der Regel acht Stunden nicht überschreiten. Union und SPD hatten in ihrem Sondierungspapier angekündigt, man werde im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen statt einer täglichen Höchstarbeitszeit im Arbeitszeitgesetz schaffen.
Union und SPD wollen Anreize für Überstunden
Ebenfalls Teil des Sondierungspapiers ist ein Vorschlag zur steuerlichen Vergünstigung von Überstunden. "Damit sich Mehrarbeit auszahlt, werden Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte bzw. an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen, steuerfrei gestellt", heißt es dort.
Union und SPD wollen auch einen steuerlichen Anreiz zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten schaffen. "Wenn Arbeitgeber eine Prämie zur Ausweitung der Arbeitszeit zahlen, werden wir diese Prämie steuerlich begünstigen."
"Giftcocktail für die Gesundheit und Leistungskraft"
Das sieht der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisch. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel sagte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: "Zusammen mit der offenbar geplanten Abschaffung des 8-Stunden-Tags ist das ein Giftcocktail für die Gesundheit und Leistungskraft von Beschäftigten."
Da mehr als die Hälfte aller Überstunden nicht vergüten würden, würde Steuerfreiheit die Beschäftigten nichts bringen, fügte sie hinzu. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer "arbeiten bereits hart am Limit und leisten jeden Tag ihren Beitrag." Arbeitszeit müsse so gestaltet werden, dass Gesundheit geschützt werde und Privatleben möglich bleibe.
Fast die Hälfte macht Überstunden
Einer Befragung des DGB zufolge sind Überstunden für 44 Prozent der Beschäftigten in Deutschland an der Tagesordnung. 20 Prozent der Befragten arbeiten demnach durchschnittlich eine bis fünf Stunden länger pro Woche als vertraglich vereinbart, weitere 24 Prozent machen mehr als fünf Überstunden. Bei 10,1 Prozent der Beschäftigten in Vollzeit beträgt die Arbeitszeit samt Überstunden mehr als 48 Stunden pro Woche.
Die Zahlen gehen aus dem "DGB-Index Gute Arbeit" hervor, der der dpa vorliegt. Dafür ließ der Gewerkschaftsbund die Antworten von gut 31.000 Beschäftigten auswerten, die in den Jahren 2020 bis 2024 Auskunft zu ihren Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen gaben.