Magnus Brunner

Deutsche Asylpolitik EU-Kommissar zeigt Verständnis für Grenzkontrollen

Stand: 25.05.2025 16:24 Uhr

Seit mehr als zwei Wochen können an deutschen Grenzen auch Schutzsuchende zurückgewiesen werden. Während viele Nachbarländer die Bundesregierung kritisieren, zeigt der zuständige EU-Kommissar Brunner Verständnis für den schärferen Kurs.

Ein entschiedenes Vorgehen gegen irreguläre Migration - mit diesem Versprechen ist die Union in den Wahlkampf gezogen. Im europäischen Ausland kam der strikte Kurs, mit dem Asylsuchende an den deutschen Landesgrenzen zurückgewiesen werden können, nicht gut an.

Der für Migration zuständige EU-Kommissar Magnus Brunner hingegen zeigt sich verständnisvoll. "Ich habe natürlich Verständnis bei allen Mitgliedstaaten, auch in Deutschland, wenn der Druck groß ist“, sagte Brunner im Europamagazin.

Gemäß der aktuellen Regeln gebe es bereits Möglichkeiten, "wenn man besonders unter Druck steht, wenn die öffentliche Sicherheit unter Druck, die öffentliche Ordnung unter Druck stehen", gewisse Maßnahmen umzusetzen, sagte Brunner. "Und diese Möglichkeiten nimmt Deutschland jetzt wahr."

Brunner will auf EU-Ebene striktere Asylpolitik

Er sei aber froh, "dass die deutsche Bundesregierung immer klar festgestellt hat und klargestellt hat, dass wir Schengen beibehalten müssen“, sagte der österreichische Politiker der konservativen ÖVP.

Brunner verteidigte die von der EU-Kommission geplante Verschärfung der Asylregeln, die schnellere Abschiebungen und die Möglichkeit von Abschiebezentren außerhalb der Europäischen Union vorsieht. Bei der Umsetzung neuer Lösungen dringt der EU-Kommissar aufs Tempo. Da die Kommission im Sommer wieder mehr Asylsuchende erwarte, sollten diese deutlich einfacher und schneller zurückgewiesen werden können.

Bundesregierung beruft sich auf nationales Recht

Die Zurückweisung von Asylbewerbern an Grenzen innerhalb der EU ist europarechtlich umstritten, weil die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, zumindest zu prüfen, welcher Staat für das Verfahren zuständig ist. Die Bundesregierung beruft sich bei ihrer Entscheidung zur Zurückweisung von Asylsuchenden an der Grenze allein auf nationales Recht, das im Widerspruch zur europäischen Dublin-Regelung steht.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte bei der Anordnung schärferer Grenzkontrollen aber auch auf Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verwiesen, der für EU-Mitgliedstaaten Ausnahmen von europäischen Regelungen "für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit" vorsieht.

Rehlinger für gemeinsame Streifen statt Grenzkontrollen

Experten bezweifeln, dass im Fall der Zurückweisungen an den deutschen Grenzen eine solche Notlage vorliegt, die eine rechtliche Ausnahme begründen könnte. Der Schengener Grenzkodex erlaube Grenzkontrollen nur bei plötzlichen, außergewöhnlichen Migrationsbewegungen, sagte etwa der Rechtswissenschaftler und Asylexperte Constantin Hruschka.

Für die Bundespolizei bedeuten die Kontrollen zudem einen hohen Personalaufwand. Die Maßnahmen hätten außerdem Folgen für den Grenzverkehr, bemängelt die saarländische Ministerpräsidentin und amtierende Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger. "Im Saarland kann man sehen, dass die Grenzkontrollen eine Belastung für den wirtschaftlich wichtigen Grenzverkehr sind", sagte die SPD-Politikerin der Welt am Sonntag. Es sei "nicht das schlaueste Konzept", mit Tausenden Bundespolizisten an festen Punkten zu kontrollieren, sagte sie.

"Auf partnerschaftliche Bestreifungen in einem Korridor beiderseits der Grenze könnten sich Kriminelle und Schleuser nicht so gut einstellen und es wäre kein derart hoher Personaleinsatz notwendig." Ein solches Modell könnte im Saarland erprobt werden, schlug Rehlinger vor.

Kabinett soll Stopp des Familiennachzugs beschließen

Neben den Grenzkontrollen will Bundesinnenminister Dobrindt auch auf einen zweijährigen Stopp des Familiennachzugs setzen. Kommende Woche soll ein entsprechender Gesetzentwurf dem Kabinett vorgelegt werden. Härtefälle sind ausgenommen. Zuerst hatte die Bild am Sonntag darüber berichtet.

"Bisher konnten 1.000 Personen pro Monat nach Deutschland nachgezogen werden. Damit ist jetzt Schluss", sagte Dobrindt der Bild-Zeitung. "Wir schreiben die Begrenzung von Migration wieder ins Gesetz", betonte der Minister. Wird der Gesetzentwurf vom Kabinett beschlossen, braucht er noch eine Mehrheit in Bundestag und Bundesrat.

Kontingent für Angehörige soll ausgesetzt werden

Dobrindt setzt mit dem Gesetzentwurf eine im Koalitionsvertrag festgehaltene Vereinbarung von Union und SPD um. "Wir setzen den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten befristet für zwei Jahre aus", heißt es darin.

Subsidiären Schutz erhalten Flüchtlinge, wenn sie nicht im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention als verfolgt gelten und dementsprechend kein Asyl bekommen können, ihnen aber dennoch Tod, Folter oder unmenschliche Behandlung im Heimatland droht, etwa wegen eines Krieges.

Der Familiennachzug für Flüchtlinge ohne Asylstatus war bereits von März 2016 bis Juli 2018 von der damaligen schwarz-roten Koalition ausgesetzt worden. Begründet wurde dies damals mit der Absicht, eine Überlastung bei der Aufnahme und Integration zu vermeiden. Seit August 2018 dürfen monatlich insgesamt 1.000 Menschen als Angehörige von Menschen mit diesem Schutzstatus einreisen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 25. Mai 2025 um 15:50 Uhr.