Markus Söder spricht in ein schmales Mikrofon.

Bayern CSU entscheidet über Koalitionsvertrag

Stand: 10.04.2025 15:15 Uhr

Drei Ministerposten, Mitsprache in Berlin, Mütterrente: CSU-Chef Söder wertet den Koalitionsvertrag insgesamt als Erfolg. Stellenweise ist CSU-Handschrift zu erkennen, es gibt Kompromisse und Trostpflaster, auch bittere Pillen.

Von Petr Jerabek

Per Du mag CSU-Chef Markus Söder mit dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil noch nicht sein, auf die Zusammenarbeit in der schwarz-roten Koalition freut er sich nach eigenem Bekunden aber. Der Koalitionsvertrag könne gar "ein kleiner Bestseller werden", sagte der bayerische Ministerpräsident am Mittwoch. Weder SPD noch CDU/CSU hätten alle Wünsche durchgebracht. "Ich sage für Bayern: Das passt schon." Mit "für Bayern" meint Söder hier vor allem "für die CSU". Bei welchen Punkten konnten sich die CSU-Verhandler durchsetzen – und wo nicht?

Ministerposten: Drei plus eins

Das Ergebnis des Postenpokers kann Söder durchaus als Erfolg für sich verbuchen. Dass er für die CSU das Landwirtschaftsministerium beansprucht, hatte er schon im vergangenen Jahr verkündet – Mission erfüllt. Mit dem Innenministerium haben sich die Christsozialen ein Schlüsselressort gesichert. Das "Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt" hat einen Namen, der stark nach Söder, seiner Hightech-Agenda und dem Raumfahrtprogramm in Bayern klingt. Von einem "Super-Hightech-Ministerium" spricht der CSU-Chef. Zu diesen drei Ressortchefs hinzu kommt noch ein Staatsminister im Auswärtigen Amt, laut Söder "ein uralter Traum" der CSU: "Wir mischen jetzt auch da mit, freut euch drauf."

Anders als CDU-Chef Friedrich Merz und wahrscheinlich auch der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil wird Söder nicht mit am Berliner Kabinettstisch sitzen. Schon im Wahlkampf hatte er aber angekündigt, die Politik über den Koalitionsausschuss kräftig mitbestimmen zu wollen. Der Koalitionsvertrag garantiert dies: Demnach soll der Koalitionsausschuss grundsätzlich monatlich beraten und zudem "auf Wunsch eines Koalitionspartners" zusammentreten. Söder kann also Gespräche durchsetzen, das stärkt seine Rolle.

Finanzen: Ein Trostpflaster für Bayern

Eine Reform des Länderfinanzausgleichs ist für Bayern aktuell nicht durchsetzbar, im Koalitionsvertrag gibt es immerhin ein Trostpflaster für die CSU: Der Bund werde die Geberländer um 400 Millionen Euro pro Jahr entlasten, heißt es. Davon dürfte die Hälfte (200 Millionen) auf Bayern entfallen. Dem gegenüber stehen aber Ausgaben von zehn Milliarden Euro jährlich, die angestrebte "deutliche Reduzierung" bleibt aus.

Zugleich muss die CSU schlucken, dass sich der Bund mit 250 Millionen Euro pro Jahr am Ausgleich kommunaler Schulden beteiligen soll. In ihrer Agenda für die Bundestagswahl hatte die CSU verlangt: "Keine kommunale Altschuldenübernahme durch den Bund." Die angestrebte Regionalisierung der Erbschaftssteuer, um eine "Benachteiligung" bayerischer Bürger auszugleichen, fehlt im Koalitionsvertrag.

Weg mit Ampel-Gesetzen?

Die Abschaffung des Ampel-Wahlrechts hatten CDU und CSU in ihrem gemeinsamen Wahlprogramm gefordert. Der Koalitionsvertrag kündigt nun eine Änderung an: Eine Kommission soll Vorschläge erarbeiten, "wie jeder Bewerber mit Erststimmenmehrheit in den Bundestag einziehen kann". Weniger im Sinn der CSU dürfte sein, dass dabei auch ein Wahlrecht ab 16 Jahren geprüft werden soll.

Mit der geplanten Umgestaltung des bisherigen Bürgergeldsystems zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende haben CDU und CSU eines ihrer zentralen Wahlversprechen erreicht. Auch das Heizungsgesetz wird laut Koalitionsvertrag abgeschafft, ein neues Gebäudeenergiegesetz werde "technologieoffener, flexibler und einfacher". Die Agrardiesel-Rückvergütung wird wieder eingeführt.

Beim Staatsbürgerschaftsrecht verständigten sich Union und SPD auf einen Kompromiss: Die von CDU und CSU kritisierte "Turboeinbürgerung" wird gestrichen, ansonsten bleibt die Ampel-Reform aber in Kraft. Der CSU war auch die generelle Möglichkeit zur doppelten Staatsbürgerschaft ein Dorn im Auge. Die Forderung nach einem verstärkten Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit bei Straftätern mit Doppel-Pass schaffte es nicht in den Koalitionsvertrag.

Das von der Union angekündigte Aus für das Cannabis-Gesetz sieht die Einigung nicht vor. Geplant ist lediglich eine "ergebnisoffene Evaluierung" des Gesetzes. Auch beim Selbstbestimmungsgesetz ist eine Evaluierung vorgesehen, vorerst aber keine Abschaffung.

CSU-Handschrift bei Mütterrente - Keine AKW-Rückkehr

Deckungsgleich mit der CSU-Agenda ist die angekündigte Erhöhung der Pendlerpauschale auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer. Mit der Ausweitung der Mütterrente hat es eine reine CSU-Forderung in den schwarz-roten Vertrag geschafft.

Die Einführung einer wöchentlichen statt täglichen Höchstarbeitszeit sowie steuerfreie Überstundenzuschläge hatten CDU und CSU gemeinsam gefordert – und jetzt durchgesetzt. Besonders wichtig ist Söder die Feststellung: "Keine der Steuern, die diskutiert wurden, wird erhöht." Auch das Bekenntnis zur Automobilbranche als "Schlüssel-Industrie" ist ganz im Sinn der Union, ebenso wie die Förderung der E-Mobilität. Die Fusionsforschung soll intensiviert werden, von Söders Forderung nach der Wiederinbetriebnahme der zuletzt abgeschalteten Atomkraftwerke ist aber keine Rede im Papier.

Migration: Kompromisse und Fragezeichen

Beim Thema Migration, das den Wahlkampf der CSU wesentlich geprägt hat, spricht Söder von einem wirklichen "Richtungswechsel". Als Erfolg verbuchen kann die Union das Aus für freiwillige Aufnahmeprogramme. Konsens bestand darin, dass konsequenter abgeschoben sowie die Liste sicherer Herkunftsstaaten erweitert werden soll. Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte wird vorerst nur für zwei Jahre befristet ausgesetzt, mit Ausnahmen für Härtefälle. Ein Kompromiss.

Bei den von der Union versprochenen konsequenten Zurückweisungen an den deutschen Grenzen bleibt der Koalitionsvertrag bei der Formulierung des Sondierungspapiers: Zurückweisungen werde es "in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn" geben. Die Interpretation dieser Formulierung durch CDU/CSU unterschied sich zuletzt von der SPD-Sicht. Hier bleibt die Entwicklung abzuwarten.

Der Reduktion von Sozialleistungen für Ausreisepflichtige auf "Bett, Brot und Seife" findet sich nicht im Koalitionsvertrag, stattdessen sollen "bestehende Anspruchseinschränkungen" konsequent umgesetzt werden. Mit ihrer Forderung nach einer Abschaffung des Grundrechts auf Asyl hatte die CSU keine Chance.

Im Audio: Söder wertet den Koalitionsvertrag als Erfolg

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Quelle: BR24 im Radio 10.04.2025 - 07:05 Uhr