
Bayern Eid-Fest in München: Zwischen Feier und Vereinnahmung
Das muslimische Opferfest im Münchner Luitpoldpark wirbt mit Offenheit und Vielfalt. Doch eine Fachinformationsstelle weist darauf hin: Islamistische Akteure könnten das Event nutzen, um sich als Teil der muslimischen Mitte zu inszenieren.
Nach acht Jahren werde das nächste München-feiert-Eid-Event auf die Beine gestellt – "für unsere Community, für unsere Kinder, für ganz München", heißt es in einem Video, das die Veranstaltung bewirbt.
Am 9. Juni 2025 soll im Münchner Luitpoldpark das große Fest "München feiert Eid ’25" stattfinden – ein Event zum islamischen Opferfest Eid al-Adha. Organisiert wird es vom Muslimrat München e.V.. Ursprünglich war die Veranstaltung für den 8. Juni geplant, musste jedoch wegen schlechter Wetterprognosen verschoben werden.
Das Opferfest gehört zu den höchsten Feiertagen im Islam. Es erinnert an die Bereitschaft Abrahams, seinen Sohn Gott zu opfern – und steht für Barmherzigkeit, Gemeinschaft und Solidarität. Millionen Musliminnen und Muslime feiern es friedlich, in Familien oder Gemeinden. Doch trotz der einladenden Botschaft macht eine Münchner Fachinformationsstelle darauf aufmerksam: Unter dem Deckmantel des Gemeinsamen könnten sich bei der Veranstaltung in München auch islamistische Strukturen Raum verschaffen – zu Lasten einer Vielzahl nicht-extremistischer Akteure.
Eid-Veranstaltung: Mögliche islamistische Einflussnahme?
Wie der BR recherchieren konnte, kommt Kritik von der Fachinformationsstelle Rechtsextremismus München (firm), die eng mit der Stadt zusammenarbeitet, diese berät und Teil des kommunalen Netzwerks gegen Rechtsextremismus ist. Laut eigener Beschreibung fallen in ihren Arbeitsbereich "zudem angrenzende Phänomenbereiche wie etwa religiös fundamentalistische Zusammenhänge im Raum München".
Die firm weist auf BR-Anfrage darauf hin, radikale Akteure könnten sich über die Veranstaltung als legitime Repräsentanten der muslimischen Community inszenieren – obwohl sie deren Vielfalt in Wirklichkeit nicht abbilden.
So tauchen im offiziellen Werbevideo unter anderem zwei wichtige Aushängeschilder des Islamischen Zentrums München (IZM) auf – einer von ihnen hat jahrzehntelang das IZM geprägt. Die Moschee sagt auf BR-Anfrage, dass aber niemand aus dem Vorstand in die Organisation des Festes eingebunden sei. Die diesjährige Feier sei in diesem Jahr ein Zusammenschluss aller Münchner Moscheen.
Das IZM wird seit Jahren im Bayerischen Verfassungsschutzbericht erwähnt, weil es Verbindungen zur Muslimbruderschaft unterhalten soll. Der Bayerische Verfassungsschutz ist davon überzeugt: Die Muslimbruderschaft ist eine Bewegung, die auch in westlichen Gesellschaften Einfluss gewinnen will – mit dem langfristigen Ziel, islamisch geprägte Staaten zu formen. Anders als dschihadistische Gruppen setzt sie dabei nicht auf offenen Terror, sondern auf schrittweise Einflussnahme ohne Gewalt.
IZM: Abgrenzung von Extremismus
Auf BR-Anfrage lädt das IZM zu einem persönlichen Gespräch und macht deutlich, dass es sich von jeglichem Extremismus distanziert.
Im vergangenen Jahr war ein Imam des IZM zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er auf Facebook einen Beitrag verbreitet hatte, der als Verherrlichung des Hamas-Terrors gegen Israel gewertet wurde. Auch der Imam des IZM stehe für "Gerechtigkeit, Humanität und Frieden", teilt die Münchner Moschee mit.
Im September 2022 hatte er eine Gedenkrede über den zuvor verstorbenen muslimischen Gelehrten Yusuf al-Qaradawi gehalten. Problematisch am "großen Gelehrten", wie der Imam des IZM Qaradawi 2022 nannte, ist, dass er laut Bayerischem Verfassungsschutz immer wieder die Ideologie der Muslimbruderschaft verbreitete. Laut Hans-Jakob Schindler von der Forschungsorganisation "Counter Extremism Project" galt Qaradawi "allgemein als geistiges Oberhaupt der Muslimbruderschaft".
Weitere Moschee im Fokus
Der Extremismusexperte Schindler betont, es dürfe nicht darüber hinweggetäuscht werden, dass die große Mehrheit der Muslime in Deutschland mit Extremismus nichts zu tun habe. Er beobachtet aber immer wieder, dass Extremisten aller Couleur versuchen, sich an öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen zu beteiligen. "Deshalb muss man als Veranstalter und als Sponsor immer darauf achten, wer solche Veranstaltungen bewirbt", so Schindler.
Auch die Al-Ahibba-Moschee, die über einen Imam ebenfalls im Werbevideo zum Eid-Fest auftaucht, steht aus Sicht der Münchner Fachinformationsstelle im problematischen Kontext. Zwar wird sie nicht im Verfassungsschutzbericht erwähnt, doch laut Einschätzung der firm sei ihre Nähe zu islamistischen Personenkreisen offenkundig. So traten in dieser Moschee immer wieder Personen auf, die Verfassungsschützer dem Islamismus zuordnen.
Die ehemalige Profiboxerin Hanna Hansen etwa war im Dezember 2024 dort zu Gast. Hansen wird vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz einer islamistischen Strömung zugeordnet.
"Mittlerweile nutzt sie ihre hohe Reichweite im Internet, um eine islamistische Weltanschauung zu propagieren", heißt es im Bericht des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes von 2024(externer Link).
Kritik an Auftritt eines Influencers
Für Aufmerksamkeit sorgt auch die Beteiligung eines jungen Mannes, der der Münchner Fachinformationsstelle zufolge in zwei offiziellen Werbevideos des Eid-Festes zu sehen ist. So bewirbt er das Fest etwa mit einer von ihm durchgeführten Straßenumfrage. Das Video dazu findet sich auf der offiziellen Instagram-Seite zur Veranstaltung. Der junge Mann ist auch mit eigenen Videos auf TikTok und Instagram aktiv. Dort tritt er verpixelt auf.
In einem dieser Videos, das dem BR vorliegt, warnt der Influencer explizit davor, Musikvideos zu teilen, da dies eine schwere Sünde sei, die "große Folgen am Tage des Gerichts" haben könne. Laut der Münchner firm zeigt er auf seinen Profilen außerdem Sympathie für Prediger wie Abul Baraa oder Amen Dali (externer Link) – beide werden von Verfassungsschutzbehörden als radikale Akteure eingestuft.
Wie steht der veranstaltende Muslimrat zu diesen Vorwürfen? Auf BR-Anfrage betont der Verein, man wolle eines der wichtigsten Feste im Islam gemeinsam begehen und insbesondere Kindern und Familien eine Freude bereiten. Alle Menschen in München – Muslime wie Nichtmuslime – seien eingeladen, mitzufeiern. Zugleich bittet der Muslimrat darum, diesen Tag der "Freude nicht unnötig zu skandalisieren". Weitere Angefragte – die Al-Ahibba-Moschee sowie der in den Videos auftretende Akteur – ließen eine Bitte um Stellungnahme bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Die Münchner Fachinformationsstelle warnt: "Indem islamistische Moscheen und Akteure in einem Bündnis für so eine große Feierlichkeit eingespannt werden, werden sie als vermeintliche Ansprechpartner für die muslimische Öffentlichkeit legitimiert und können Einfluss auf die Community nehmen. Gerade bei so einem großen Familien-Fest könnten Islamisten so leicht und unterschwellig in Kontakt mit Menschen kommen, die sie sonst niemals erreichen würden."
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Quelle: BR24 im Radio 06.06.2025 - 07:00 Uhr