
Bayern Rechnungshof: Planungsdefizite, Bürokratie- und Förder-Dschungel
Verpuffende Fördermittel in Millionenhöhe, Kostenexplosion bei Bauprojekten wegen schlechter Planung, mehrere Förderprogramme zu einem Thema: Bayerns Oberster Rechnungshof kritisiert im Jahresbericht die Bürokratie im Freistaat. Vier Beispiele.
"Zu hohe bürokratische Anforderungen", "unnötige bürokratische Hürden", "hoher Verwaltungsaufwand": Rund 50 Mal fallen im neuen Jahresbericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs (ORH) die Begriffe "Bürokratie" und "Verwaltungsaufwand". Zwar bescheinigt der ORH der Staatsregierung für 2023 eine "geordnete Haushalts- und Wirtschaftsführung", an ausgewählten Beispielen aber zeigt der Rechnungshof, dass bei der Effizienz von Verwaltungsabläufen noch deutlich Luft nach oben ist - und damit bei der Verwendung von Steuergeld. Vier Beispiele aus dem ORH-Bericht:
Vier Förderprogramme für Streuobst
Ein Anliegen, aber vier Förderprogramme, bei zwei Ministerien: Rund 670 Millionen Euro sollen bis zum Jahr 2035 fließen, um in Bayern Streuobstbäume zu pflanzen, zu pflegen und zu erhalten. Mehr als die Hälfte muss der Freistaat aufwenden, den Rest steuern EU und Bund bei. Das Landwirtschaftsministerium fördert über das "Kulturlandschaftsprogramm" und das Programm "Streuobst für alle!", in der Zuständigkeit des Umweltministeriums gibt es das "Vertragsnaturschutzprogramm" sowie die "Landschaftspflege- und Naturpark-Richtlinien".
"Welches Förderprogramm einschlägig ist, richtet sich z. B. nach der Art der Fläche, auf der die Bäume stehen bzw. stehen sollen", erläutert der ORH. Der Rechnungshof vermisst "einen klaren Pfad bei der staatlichen Förderung" und bemängelt, dass die Anforderungen an Pflanzung, Pflege und Erhalt der Bäume zum Teil "deutlich voneinander abweichen". Dies stelle vermeidbare bürokratische Hürden auf. Ein erster richtiger Schritt sei, dass die Ministerien mittlerweile Angleichungen angekündigt hätten. Der ORH empfiehlt zudem, die Zuständigkeiten grundlegend zu vereinheitlichen und bürokratische Hürden abzubauen.
Waldumbau: Fördermittel verpuffen
Viel Geld steckt Bayern - als das waldreichste Bundesland - auch in den Umbau von Wäldern. Ziel dabei ist es, klimastabile Wälder zu schaffen. Allein für den Privat- und Körperschaftswald waren es in den Jahren 2008 bis 2023 insgesamt 425 Millionen Euro, zwei Drittel davon Fördermittel. Ein erheblicher Teil verpuffte. Zum einen stehen laut ORH bei Pflanzungen die Verwaltungskosten in "keinem angemessenen Verhältnis" zu den ausgezahlten Förderbeiträgen.
Zum anderen müssten Wildbestände dem Waldnachwuchs entsprechen: "Wenn die eingesetzten Gelder ihr Ziel erreichen sollen, dann muss es weiterhin um angepasste Wildbestände gehen", betont ORH-Präsidentin Heidrun Piwernetz: "Es müssen Waldpakt Bayern und die jagdrechtlichen Vorschriften gut miteinander verzahnt sein." Daher fordert der ORH vom Forstministerium unter Michaela Kaniber (CSU) sowie dem Wirtschaftsministerium von Hubert Aiwanger (Freie Wähler), das für die Jagd zuständig ist, zeitnah "gemeinsam effizientere Lösungen" zu erarbeiten.
Viel Bürokratie bei Kinderwunschbehandlungen
Besonders aufwendig und kostenintensiv ist in Bayern laut ORH die Bürokratie bei der Förderung von Kinderwunschbehandlungen. Mit 6,4 Millionen Euro wurden solche Behandlungen von Ende 2020 bis Anfang 2023 gefördert, je zur Hälfte vom Bund und vom Freistaat. Dabei setze Bayern ein "detailliertes Förder- und Prüfverfahren" ein, "dessen Verwaltungskosten bei über 60 Prozent der ausgereichten bayerischen Fördermittel liegen", bemängelt der Rechnungshof.
Das sei "unwirtschaftlich". Bei der Förderung von Kinderwunschbehandlungen in Bayern wäre daher "auch im Sinne der betroffenen Paare" ein Bürokratieabbau "wünschenswert".
Defizite bei Planung von Bauprojekten
Für den neuen Bericht hat der ORH exemplarisch drei große Straßenbau-Vorhaben des Freistaats überprüft: Die Baukosten stiegen dabei von insgesamt 34 auf 90 Millionen Euro. Bei der Ortsumgehung Adelsried kletterten die Kosten zwischen Vorentwurf und Fertigstellung um 217 Prozent, bei der Ortsumgehung Plattling um 261 Prozent und beim Knotenumbau Hepberg um 447 Prozent.
Die Baupreisentwicklung hatte laut ORH nur einen "untergeordneten Anteil" an der Kostensteigerung. "Wesentliche Ursachen für die nachträgliche Erhöhung der Kosten waren auch Defizite in den Vorentwurfsplanungen." Die darin enthaltenen Kostenberechnungen seien "unzureichend" gewesen. Zudem seien später Entscheidungen getroffen worden, die zu "nicht zwingenden Abweichungen" und "erheblichen Mehrkosten" geführt hätten. Der ORH empfiehlt daher, die Qualität der Planungen deutlich zu erhöhen und Kostendisziplin zu gewährleisten.
Minister Füracker: ORH ein wichtiger Ratgeber
Finanzminister Albert Füracker (CSU) teilte mit, der ORH sei bei der Haushalts- und Finanzpolitik ein wichtiger Ratgeber: "Wir nehmen seine Hinweise und Anregungen stets ernst und werden diese sorgfältig prüfen und bestmöglich umsetzen." Insgesamt bestätige der ORH-Bericht, dass Bayern solide und vorausschauend haushalte. "An unserer stabilen Finanz- und Haushaltspolitik werden wir auch künftig weiter festhalten."
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Quelle: BR24 im Radio 08.04.2025 - 07:05 Uhr