Berlin Agrarpolitik: 3.500 Menschen bei "Wir haben es satt"-Demo in Berlin
Ökologische Landwirtschaft von der Bauern leben können: Mit der Forderung nach einer Agrarwende haben sich am Samstag rund 3.500 Menschen an der Demonstration "Wir haben es satt" beteiligt. Wegen dem MKS-Ausbruch ohne Traktoren.
Tausende von Demonstranten haben im Berliner Regierungsviertel gegen die bisherige Agrarpolitik protestiert. "Gemeinwohl vor Konzerninteressen" forderten sie auf Transparenten, während zeitgleich auf dem Gelände am Funkturm im Berliner Westen die Grüne Woche ihre Tore geöffnet hatte. Sie gilt als eine der größten Messen für Ernährung und Landwirtschaft weltweit und eine mit den meisten Besuchern in Berlin.
Zu der Demonstration aufgerufen hatte das Bündnis "Wir haben es satt", das nicht zuletzt die Bundesregierung kritisierte: Sie habe "dem größten Rollback in der Agrarpolitik seit Jahrzehnten", also einem erheblichen Rückschritt, tatenlos zugesehen. Wie bei früheren Regierungen sei der Umbau der Tierhaltung liegen gelassen worden.
Die Polizei zählte am späten Nachmittag rund 3.500 Personen bei der Demonstration, die Veranstalter von "Wir haben es satt!" nannten etwa 9.000 Teilnehmer. Trecker waren wegen der Maul- und Klauenseuche dieses Mal nicht dabei. So soll eine mögliche Verbreitung der in Brandenburg ausgebrochenen Tierseuche verhindert werden.
Bündnis fordert genug Geld für die Landwirte
"Wir alle wollen gesunde Lebensmittel. Wir alle wollen Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz. Die kommende Bundesregierung muss bäuerliche Betriebe dabei endlich adäquat unterstützen", forderte Kampagnenleiterin Anne Kambraks.
Das Bündnis, zu dem rund 60 verschieden Organisationen zählen, macht sich unter anderem für ein Gesetz stark, das kostendeckende Erzeugerpreise und die Finanzierung von Tierschutz- und Umweltmaßnahmen sichern soll.
Auf der Wiese vor dem Reichstagsgebäude bildeten Demonstranten ein großes Kreuz - wie die Wählerinnen und Wähler es bei der Bundestagswahl im Februar machen können. Auf großen Bannern auf dem Rasen war der Schriftzug "Mutige Agrarpolitik Wählen!" zu lesen.
Protestnote an den Landwirtschaftsminister Cem Özdemir
Schon morgens überreichten Aktivisten vor einer Agrarministerkonferenz eine Protestnote an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Sie forderten ihn und seine internationalen Amtskollegen dazu auf, die Bauern vor die Interessen der Konzerne zu stellen.
"Alle Menschen, die auf dem Land leben und arbeiten, müssen in die politische Gestaltung unserer Ernährungssysteme einbezogen werden", heißt es in der Protestnote. Zu häufig würden Bäuerinnen und Bauern weltweit vor vollendete politische Tatsachen gestellt.
Özedemir selbst war Samstag am Rande der Grünen Woche auf einer internationalen Agrarministerkonferenz. Hier kamen Regierungsvertreter aus knapp Staaten zusammen. Hier wurde unter anderem über eine stärkere Verwendung nachwachsender Rohstoffe diskutiert.
Der Bundeslandwirtschaftsminister erklärte, dass er große Chancen einer breiteren Verwendung nachwachsender Rohstoffe - aber auch einen klaren Vorrang für die Lebensmittelproduktion. "Der Teller muss immer an erster Stelle kommen, dann kommen die anderen Nutzungen", sagte der Grünen-Politiker. Biobasierte Innovationen seien "echte Gamechanger", die fossilen Rohstoffen den Rang ablaufen könnten.
EU-Agrarkommissar wandte sich gegen Forderungen
EU-Agrarkommissar Christophe Hansen sagte, es gebe für die Branche viel Potenzial ,neben der klassischen Landwirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft beizutragen. Dies bedeute auch zusätzliche Einkommensquellen, erläuterte er etwa mit Blick auf Bioenergie. Bei Bioökonomie geht es
Anlässlich einer Demonstration für mehr Klima-, Umwelt und Tierschutz in der Landwirtschaft am Rande der Grünen Woche wandte sich der EU-Kommissar gegen Forderungen, Gesetze in diesem Bereich zurückzudrehen. Man müsse es aber fertigbringen, die Landwirte über finanzielle Anreize auf dem Weg zu Praktiken mitzunehmen, die dem Klima und der Biodiversität zugutekommen. "Unsere Landwirte sind bereit, das zu tun. Wir dürfen das nur nicht von oben nach unten machen." Özdemir sprach sich für praktisch umsetzbare Lösungen aus. Auch Einheitslösungen funktionierten in einer vielfältigen EU nicht.
Sendung: rbb24 inforadio, 18.01.2024, 10 Uhr
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