Archivbild: Eingangstor, "Alter St.-Matthaeus-Kirchhof", Großgoerschenstraße, Berlin. (Quelle: dpa/Behring)

Berlin Grabstätte für queere Menschen: "Sie wollen unter Menschen liegen, die waren wie sie"

Stand: 22.01.2025 06:20 Uhr

In Berlin-Schöneberg soll ein Friedhof für queere Menschen entstehen. Betreiben möchte ihn die Schwulenberatung Berlins. Ihr Geschäftsführer Marcel de Groot erklärt im Interview die Motivation für das Projekt.

rbb|24: Herr de Groot, Sie planen eine Ruhestätte auf dem Gelände des alten St.-Matthäus-Kirchhofs in Berlin-Schöneberg für queere Menschen. Wie groß wird die Fläche sein und viele Menschen werden dort beerdigt werden können?
 
Marcel de Groot: Die Fläche wird 30 Quadratmeter groß sein. Es werden ungefähr 100 Menschen dort beerdigt werden können. Größtenteils werden das Urnen-Bestattungen sein und nur zum Teil Sarg-Bestattungen. Außerdem gibt es eine Mauer von fast zehn Metern, wo wir dann sowohl Plaketten reinmachen können von Menschen, die etwas über sich erzählen wollen. Wir können aber auch Tafeln anbringen, auf die wir die Namen von Menschen schreiben, die hier nicht beerdigt sind, aber denen hier gedacht werden kann.

Gibt es in Berlin bereits eine vergleichbare Grabstätte?
 
Es gibt eine Grabstätte für an Aids verstorbene Menschen. Es gibt in Berlin auch eine Grabstätte für lesbische Frauen. Also es gibt schon mehrere. Oft sind sie in privater Initiative entstanden. Wir hoffen, dass wir die Grabstätte über Jahrzehnte pflegen können. Darum wollen wir das machen.

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Mit welchen Kosten rechnen Sie?
 
Wir müssen die Mauer an der Grabstätte wieder herrichten. Dafür rechnen wir mit Kosten in Höhe von 80.000 bis 85.000 Euro. Dann wollen wir die Mauer gestalten lassen, und die Künstler, die das machen, müssen davon ja auch leben. Also rechnen wir dafür mit ungefähr 20.000 Euro.
 
Die Grabstätte ist erstmal für 40 Jahre gepachtet. Das sind nochmal 40.000 Euro. Wir planen mit 20.000 Euro für die Grabpflege am Anfang, für eine Bank und für die Plaketten, wo wir Namen eingravieren wollen. Alles in allem also rund 160.000 Euro.

Wer soll die Grabpflege übernehmen?
 
Unsere Idee ist, dass wir das selbst machen. Wir haben viele Menschen in unserer Community, die etwas machen wollen. Es gibt auch viele, die sagen: Ich bin fit und kann für meine verstorbenen Freunde oder Freundinnen die Grabpflege übernehmen. Wir als Schwulenberatung wollen das ein bisschen im Blick behalten, dass es dann auch wirklich gemacht wird.
 
Für Menschen ist das eine Hoffnung, dass sie dann unter Menschen liegen, die genauso waren wie sie, die die gleichen Probleme im Leben hatten wie sie. Das ist ein Zusammengehörigkeitsgefühl, bei dem ich merke, dass es für viele wichtig ist. Die wollen nicht anonym in Bayern oder in Sachsen liegen. Sie sagen: 'Nee, dann lieber hier. Das ist zwar nicht meine biologische Familie, aber das ist meine Wahl-Familie. Das sind die Leute, die mir lieb waren.' Und das ist für viele ein Trost.

Vielen Dank für das Gespräch!
 
Das Interview führte Karolin Krämer für rbb|24

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