Archivbild: Ein Eichhörnchen sitzt am 20.10.2017 in Berlin mit einer Nuss im Maul auf einem Baum. (Quelle: dpa-Bildfunk/Maurizio Gambarini)

Brandenburg Berlin Wildtiere in der Stadt: "Hier hat man es als Eichhörnchen ziemlich gut"

Stand: 21.01.2025 12:11 Uhr

Anlässlich des Ehrentags des "Hörnchens" am Dienstag gibt die Wissenschaftlerin Sinah Drenske Einblick in Leben und Wirken der Nager. Ein Gespräch über Klimawandel, Füttern aus der Hand und die Fressfeinde der Eichhörnchen.

rbb|24: Hallo Frau Drenske, wenn Sie ein Tier wären, wären Sie dann gern ein Eichhörnchen in Deutschland?
 
Sinah Drenske: Ich glaube, ich wäre gerne ein Eichhörnchen. Und das auch am liebsten in Deutschland. Denn hier hat man es als Eichhörnchen ziemlich gut. Man kann sich auch ziemlich gut vor seinen Feinden verstecken.

Welche Feinde hätten Sie denn?
 
Marder, Katzen und verschiedene Greifvögel sind die Feinde der Eichhörnchen hierzulande. Hunde und Füchse eher nicht.

Eichhörnchen in den USA sind grau, hier sind sie rot. Ist das nur eine andere Farbe oder auch eine andere Art?
 
In den USA kommen tatsächlich andere Eichhörnchen-Arten als hier vor. Eben das erwähnte Grauhörnchen. Aber auch dort gibt es rötliche Arten. Hier in Deutschland und überhaupt in Mitteleuropa kommt das Eurasische Eichhörnchen vor. Es hat ein riesiges Verbreitungsgebiet – von Westeuropa bis Ostasien. Aber auch sie sind nicht immer rotbraun. Auch sie können, je nach Region, dunkles, gräuliches oder richtig schwarzes Fell haben.

Wie viele Hörnchenarten gibt es insgesamt?
 
Das kann man nur grob beziffern. Es gibt teilweise strittige Angaben zu Unterarten oder eigenen Arten. Die Familie der Hörnchen umfasst weltweit mehr als 250 Arten. Dazu zählen sowohl baumbewohnende Hörnchen wie das Eichhörnchen als auch Erd- und Flughörnchen. Unser Eichhörnchen hier gehört zur Gattung der Eichhörnchen, die 30 Arten umfasst.

Eichhörnchen trifft man gefühlt überall. Können Sie tatsächlich sowohl auf dem Land als auch in der Stadt gut leben?
 
Es gibt sie nur da nicht, wo es wirklich gar keine Bäume gibt. Sie leben in Wäldern, Friedhöfen, Parks, in Innenhöfen oder auch in städtischen Alleen. Sie brauchen neben Futter vor allem Versteckmöglichkeiten.

Apropos Futter. Es gibt in den Städten offensiv bettelnde Eichhörnchen. Sollte man sie füttern? Und wenn ja: womit?
 
Man kann Eichhörnchen durchaus füttern – und ihnen damit auch mal was Gutes tun. Es ist wichtig zu schauen, was und wie viel man ihnen gibt. Futter sollte man an geschützten Orten anbieten. Aber man sollte Eichhörnchen nicht aus der Hand füttern.
 
Geeignetes Futter für Eichhörnchen sind Walnüsse oder Haselnüsse mit Schale. Bitte keine Erdnüsse oder Mandeln. Man kann ihnen aber auch Sonnenblumenkerne oder Früchte wie Waldbeeren anbieten. Eichhörnchen sind Allesfresser. Die neben Nüssen auch Pilze, Samen, Früchte sowie manchmal Vogeleier oder Jungvögel futtern.

Stimmt es, dass Eichhörnchen ganz schön aggressiv werden können?
 
Ich habe noch nie gehört, dass Eichhörnchen einfach so aggressiv gegen Menschen wurden – wenn diese sie nicht verletzen wollten oder anders in die Ecke getrieben haben.
 
Eichhörnchen gewöhnen sich, insbesondere, wenn sie gefüttert werden, sehr schnell an Menschen. Das müssen insbesondere die Tiere, die in der Stadt leben, ja auch, um überleben zu können. Denn Menschen sind ja in der Stadt überall – auch in Parks und Friedhöfen.
 
Manchmal gehen Eichhörnchen auch in Wohnungen. Aber das kann gefährlich für die Eichhörnchen werden. Es ist aber auch für die Menschen nicht wirklich gut, denn Eichhörnchen sind immer noch Wildtiere. Und auch wenn ich noch nichts von aggressiven Eichhörnchen gehört habe: sie sind Nager, sie können stark zubeißen. Denn ihre Zähne müssen Nüsse knacken. Wenn sie also beißen, tut es weh.

Man kann Eichhörnchen durchaus füttern – und ihnen damit auch mal was Gutes tun. Es ist wichtig zu schauen, was und wie viel man ihnen gibt

Eichhörnchen vergraben Nüsse als Wintervorrat – und finden sie dann angeblich oftmals nicht wieder. Wenn das so ist: gefährdet das nicht ihr Überleben?
 
Das ist wirklich so. Aber ihr Überleben ist dadurch nicht gefährdet. Denn sie legen so viele Vorräte an, dass sie durchaus überleben können. Und früher oder später finden sie ihre Nüsse – oder die von anderen Eichhörnchen – schon.
 
Aus den vergrabenen Samen können später auch neue Pflanzen entstehen. Deshalb werden Eichhörnchen auch Ökosystem-Architekten genannt, weil sie so zur Gestaltung des Ökosystems beitragen.

Vor einigen Jahren erkrankten viele Eichhörnchen in unserer Region an einem Pockenvirus. Was hat es damit auf sich?
 
Das Virus ist nur für Eichhörnchen gefährlich. Es ist auch nicht auf den Menschen übertragbar. Es ist noch da – macht aber nicht den Anschein, weit verbreitet zu sein.

Sind Eichhörnchen eine gefährdete Art?
 
Sie gelten momentan weltweit als nicht gefährdet. Es ist aber nicht bekannt, ob ihre Anzahl sich verändert. In meiner Doktorarbeit untersuche ich, wie sich Eichhörnchen an das Leben in Städten anpassen und schaue mir verschiedene Bereiche im Leben von Eichhörnchen an. In den Städten sind sie durch die Veränderung der Landnutzung, durch die Flächenversiegelung und durch die ständige Anwesenheit von Menschen bedroht. In Städten gibt es inzwischen auch deutlich mehr Hunde und Katzen – aber auch Greifvögel und Krähen. Auch der Straßenverkehr und Müll sind Gefahren.

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Hat der Klimawandel auch Auswirkungen auf die Eichhörnchen?
 
Ja, auch der macht ihnen zu schaffen. Wenn es im Sommer sehr heiß ist, ist die Eichhörnchen-Aktivität viel niedriger. Und auch die Eichhörnchen brauchen Wasser. Eventuell hat der Klimawandel auch Auswirkungen auf die Winterruhe der Tiere. Aber das ist auch noch nicht ausreichend untersucht. Doch erste Beobachtungen zeigen, dass manche Eichhörnchen nicht mehr wirklich Winterruhe halten. Während dieser sollten sie nur aktiv sein, um Futter zu suchen. Doch wenn es nicht so kalt ist im Winter scheinen sie sich teils ganz normal zu verhalten. Wir wissen noch nicht, ob das Auswirklungen auf ihre Kondition oder ihr Paarungsverhalten hat. Wenn sich die Eichhörnchen schon früh im Jahr paaren und Junge bekommen und es dann noch einmal kalt wird, kann das gefährlich für den Nachwuchs sein.
 
Wir als Leibnitz-Institut haben zusammen mit dem Nabu (Naturschutzbund) ein bürgerwissenschaftliches Projekt [nabu.de] ins Leben gerufen, um da mehr herauszufinden. Da können uns Menschen ihre Eichhörnchensichtungen deutschlandweit melden. Wir wollen da unter anderem schauen, wie sich die Eichhörnchen an Klimawandel und Verstädterung anpassen.
 
Vielen Dank für das Gespräch.
 
Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24