Symbolbild: Bundeswehr stellt Division für Heimatschutz auf. (Quelle: dpa/Gabbert)

Brandenburg Berlin Neue Heimatschutz-Division der Bundeswehr: Regiment im Großraum Berlin geplant

Stand: 18.01.2025 11:39 Uhr

Die Bundeswehr stellt eine neue Heimatschutz-Division auf. Ein Regiment wird im Großraum Berlin stationiert. Doch es gibt Bedenken, ob der ambitionierte Plan funktioniert - etwa beim Reservistenverband.

Zum 1. April 2025 stellt die Bundeswehr eine neue Heimatschutzdivision (HSchDiv) auf. Diese Einheit wird im Rahmen der Neustrukturierung der Bundeswehr zentrale Aufgaben im Inland übernehmen.
 
Die neue Division wird sowohl aus aktiven Soldat:innen und Reservist:innen bestehen und auf sechs Heimatschutzregimenter verteilt sein. Eines dieser Regimenter soll nach aktuellem Planungsstand im Großraum Berlin angesiedelt werden. Das bestätigte ein Bundeswehrsprecher auf rbb-Anfrage.

Reservist:innen sind ehemalige Soldat:innen der Bundeswehr, die nach ihrer aktiven Dienstzeit weiterhin in der Reserve dienen. Sie können im Rahmen von Übungen, Einsätzen oder im Spannungs- und Verteidigungsfall zur Unterstützung der aktiven Truppe einberufen werden.
 
Die Heimatschutzdivision soll vor allem im Spannungs- oder Verteidigungsfall eingesetzt werden, um kritische Infrastrukturen, wie etwa Pipelines, Brücken, Bahnknotenpunkte oder Rechenzentren zu schützen. Zusätzlich übernimmt sie Aufgaben im Rahmen der Amtshilfe - etwa bei Terrorlagen oder Pandemien. Denkbar wäre ihr Einsatz zum Beispiel für den Fall, das größere Truppenteile der Bundeswehr etwa an der NATO-Ostflanke eingesetzt werden.

Von der dezentralen Reserve zur zentralen Division

Bislang war der Heimatschutz in der territorialen Reserve der Bundeswehr angesiedelt und organisiert. Die Einheiten, bestehend aus Reservist:innen, unterstanden den jeweiligen Landeskommandos.
 
Mit der neuen Struktur wird der Heimatschutz nun formal dem Heer unterstellt. Die Zusammenfassung dient laut Bundeswehr der "Vereinheitlichung von Führung und Ausbildung". Ein Sprecher betont jedoch, dass der regionale Bezug der Heimatschutzkräfte erhalten bleiben soll. Das heißt konkret, dass die jeweiligen Heimatschutzkräfte dort eingesetzt werden, wo ihr jeweiliger Lebensmittelpunkt liegt. Auch deren Rekrutierung soll regional erfolgen.
 
Oberstleutnant Johannes Maria Glowka, Sprecher des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr, betont gegenüber dem rbb, dass der Heimatschutz spezialisiert werden soll: "Der Heimatschutz soll ein Niveau erreichen, das sich von der regulären Truppe nicht mehr unterscheidet." Dafür würden eigene Lehrgänge geschaffen, die auf die spezifischen Anforderungen der Division zugeschnitten sind. "Was wir jetzt anfangen, ist eine ganz andere Form der Reserve", so Glowka.

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Zum Aufbau der Heimatschutzdivision ist jedoch eine massiver Personalaufbau nötig. Die geplante Division wird zunächst 6.000 Soldat:innen umfassen. Erklärtes Ziel ist es, die Division auf eine "hohe, fünfstellige" Personenzahl auszubauen. Regulär besteht eine Division der Bundeswehr aus 10.000 bis 20.000 Soldat:innen.
 
Wie ein Bundeswehrsprecher dem rbb mitteilte, soll die neue Division neben aktiven Soldat:innen schwerpunktmäßig aus Reservist:innen und Ungedienten bestehen. Als Ungediente gelten Personen, die keinen vorherigen Wehrdienst oder freiwilligen militärischen Dienst bei der Bundeswehr geleistet haben. Die Bundeswehr führt die Grundausbildung für Ungediente laut eigenen Angaben in Form einer Blockausbildung an Wochenenden durch. Sie richtet sich primär an Berufstätige. Glowka nennt dafür gerne das Beispiel eines Bäckermeisters, der sich neben seinem Beruf für die Heimatschutzkräfte ausbilden lassen will.
 
Die Nachfrage nach dieser Ausbildungform sei derzeit sehr hoch, hieß es vom Bundeswehrsprecher. Konkrete Zahlen, etwa dazu, wie viele Ungediente sich derzeit in Berlin und Brandenburg in Ausbildung befinden, konnte die Bundeswehr auf Anfrage nicht zur Verfügung stellen.

Bedeutung für die Region

Berlin und Brandenburg beherbergen viele kritische Infrastrukturen wie den Flughafen BER, verschiedenen Bahnknotenpunkte, Pipelines und natürlich zahlreiche Regierungsgebäude. Daraus ergibt sich eine besondere strategische Bedeutung im Verteidigungsfall.
 
Auf Anfrage erklärte die Bundeswehr, dass keine Details zu schutzwürdigen Objekten in der Region genannt werden können. Dies sei notwendig, um die Sicherheit sowohl der militärischen als auch der zivilen Infrastruktur nicht zu gefährden.

Reservistenverband übt Kritik an Konzept und Umsetzung

Der Reservistenverband begrüßt die geplante Heimatschutzdivision grundsätzlich. Verbandspräsident Patrick Sensburg betont: "Es zeigt die hohe Bedeutung dieser Aufgabe im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung." Doch er warnt auch: "Es besteht die Gefahr, dass hier eine Division geschaffen wird, die nur auf dem Papier besteht und nie übt. Deshalb muss die Aufstellung auf dem Papier nun schnellstmöglich mit Leben gefüllt werden."
 
Die Reserve könne außerdem nur dann effektiv arbeiten, wenn sie angemessen ausgestattet sei. "Ich wünsche mir, dass die Heimatschutzdivision so adäquat ausgestattet wird, dass sie ihre Aufgaben vollumfänglich erfüllen kann. Ob das wirklich passieren wird, werden wir in den nächsten Monaten sehen, doch ich bleibe dahingehend Optimist", so der Verbandspräsident.
 
Sensburg sieht die geplante Aufstockung auf eine hohe fünfstellige Zahl von Heimatschützer:innen kritisch. Ohne einen allgemeinen Pflichtdienst sei dieses Ziel nicht realisierbar. "Nur durch einen solchen Dienst, über die Wiedereinführung der Wehrpflicht, wird es die vom Minister geforderte Anzahl von Reservistinnen und Reservisten geben", teilt Sensburg auf Anfrage mit.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.01.2025, 18:00