Helena Zengel in einer Szene des Films "The Legend of Ochi" (Quelle: dpa/A24)

Brandenburg Berlin Schauspielerin Helena Zengel: "Ich würde sehr gern irgendwann einen Oscar bekommen"

Stand: 19.04.2025 11:26 Uhr

Mit zehn war Helena Zengel der Star im Kinofilm "Systemsprenger". Ihre Darstellung der schwer erziehbaren Benni hat auch international Eindruck gemacht. Mittlerweile dreht die Berlinerin viel im Ausland - das habe sich so ergeben, erzählt sie im Interview.

Bekannt wurde die Schauspielerin Helena Zengel 2019 als Hauptdarstellerin in Nora Fingscheidts "Systemsprenger". Da war sie zehn Jahre alt, in diesem Sommer wird sie 17. An der Seite von US-Star Tom Hanks stand sie 2020 für den Film "Neues aus der Welt" vor der Kamera. In den kommenden Wochen ist sie in zwei Filmen zu sehen. "Die Legende von Ochi" und "Transamazonia".

rbb: Helena Zengel, wie kommt es, dass Du nur noch in internationalen Filmen mitspielst und gar nicht mehr in deutschen Produktionen?

Helena Zengler: Das ist gar keine Absicht. Ich wähle meine Projekte nach Geschichten aus, nicht nach Herkunft. Wenn ich ein Skript lese, das mich bis Seite 20 nicht packt, lege ich es beiseite – dann wird es mich auch nicht mehr packen, egal ob aus Deutschland oder den USA. Tatsächlich habe ich ein paar deutsche Projekte in der Pipeline. Aber weil ich so viel international gedreht habe, kamen die meisten Anfragen eben aus dem Ausland. Gemeinsam mit meinem Agenten und meinem Manager versuche ich immer, meine nächsten Karriereschritte gut zu durchdenken, und da passt mal wieder was Deutsches gut rein.

Du hast einen Masterplan?
 
Ich würde sehr gern irgendwann einen Oscar bekommen. Aber der Weg ist natürlich das Ziel. Wenn man den Oscar hat, denkt man sich wahrscheinlich 'und jetzt?' Von daher will ich einfach viele tolle Filme machen, viel erleben, Leute kennenlernen. Ich freue mich natürlich über Anerkennung und Auszeichnungen, aber im Moment finde ich es einfach nur extrem spannend Hollywood, Europa und Asien zu erleben, überall zu drehen, neue Dinge zu lernen. Jeder Film verändert mich und wird für immer Teil meines Lebens bleiben.

Was hast du bei "Die Legende von Ochi" über dich gelernt?
 
Für mich verkörpert die Kreatur Ochi das Unterbewusstsein eines Kindes, wie eine Art imaginärer Freund. Als Kinder haben wir doch alle mit Stofftieren gespielt, hier ist es wie ein lebendiges Stofftier. Ich mochte auch die Botschaft: Auch wenn man nicht die gleiche Sprache spricht – egal ob Mensch oder Tier – wenn man nicht die gleiche Meinung hat, kann man helfen und empathisch sein. Meine Figur und das Ochi sind zwei Seelen, die sich gegenseitig retten, die Vertrauen zueinander aufbauen ohne miteinander zu sprechen.

Hast du einen der Ochis mit nach Hause nehmen können?
 
Leider noch nicht. Es gibt bisher nur einen Puppen-Ochi, mit dem wir gearbeitet haben. Sobald es aber mehr gibt, nehme ich sofort einen mit.
 
Du wirst im Juni 17. Wie sieht dein Alltag im Moment aus?
 
Einen richtigen Alltag habe ich im Moment gar nicht. Ich hab letztes Jahr meine mittlere Reife gemacht, hab sehr lange überlegt, ob ich Abitur machen soll oder nicht und mich dann vor allem aus Zeitgründen dagegen entschieden. Wenn ich etwas mache, dann will ich es 100 Prozent machen. Das geht aber nicht mit Schule und Schauspielerei. Eine Sache würde immer leiden. Ich habe mich - erstmal - für die Schauspielerei entschieden. Wenn ich irgendwann doch studieren will, kann ich das Abitur immer noch nachholen. Wenn nicht, dann lasse ich es.

Bist du durch das Ende der Schule unabhängiger geworden?
 
Oh ja, vor allem was das Drehen angeht. Es ist viel einfacher zu arbeiten, wenn ich nicht an die Schule, einen festen Ort und feste Zeiten gebunden bin. Ich brauche ja immer eine Drehgenehmigung, die war gekoppelt an gute Noten. Es ist gut, dass es für Kinder in Deutschland diese Regeln gibt, aber es macht es natürlich auch schwerer, Filme zu drehen.
 
Dein Heimathafen ist aber noch immer Berlin?
 
Auf jeden Fall!
 
Könntest du dir vorstellen im Ausland zu leben?
 
Ich könnte mir vorstellen, im Ausland Immobilien zu haben, aber im Moment reise ich so viel, dass ich froh bin, wenn ich mal zuhause in Berlin bin. Berlin hat einen festen Platz in meinem Herzen. Es ist einfach voll meine Stadt. Ich bin hier geboren, aufgewachsen, hier fühle ich wohl, hier bin ich zuhause.
 
Wie wirst du von deinen internationalen Kollegen wie Tom Hanks oder Willem Dafoe wahrgenommen? Als deutsche Kollegin oder einfach nur als Kollegin?
 
Das weiß ich gar nicht – aber ich weiß, dass ich von allen sehr ernst genommen werde. Vielleicht weil ich eben schon mit Tom Hanks gearbeitet habe. Die meisten schätzen mich deutlich älter, auf Anfang Mitte Zwanzig. Nicht nur von meinem Aussehen, sondern vor allem auch durch Gespräche. Von Vorteil ist sicherlich auch, dass ich akzentfrei englisch spreche.

Ist es für Dich ein Unterschied, ob du auf Deutsch oder auf Englisch drehst?
 
Nein, weil ich mehr oder weniger mit Englisch aufgewachsen bin. Ich habe früh angefangen Filme im Original zu gucken, spreche mit meiner Mutter sehr viel englisch, mit meinen Agenten. Ich träume sogar auf englisch. Vielleicht habe ich, wenn ich auf englisch drehe, eine andere Haltung, eine andere Identität. Vom Arbeiten her aber macht das für mich keinen Unterschied.
 
Worin besteht denn dann der Unterschied für Dich?
 
Die Sets sind ganz anders. In Amerika ist alles viel größer, nahezu riesig und prunkvoll. In Deutschland sind es kleinere, fast schon familiäre Teams. In Amerika gibt es oft zehn Leute für eine Position, da verliere ich manchmal den Überblick. Aber das ist ja das schöne, das es so anders ist.
 
Hast Du einen Plan B, falls es mit dem Oscar doch nicht klappt?
 
Es gibt Themen und Fachbereiche, die mich interessieren. Psychologie und Tierpsychologie zum Beispiel. Ich habe ein Pferd und einen Hund - den habe ich tatsächlich bei den Dreharbeiten zu 'Die Legende von Ochi' gerettet. Tiermedizin fände ich auch gut.
 
Du hast einen Hund gerettet?
 
Ja, Kiwi. Sie hatte vor unseren Augen in den Karpaten einen Autounfall, wir haben sie – mit dem Fahrer der eigentlich Willem Dafoe vom Flughafen abholen sollte – in die Tierklinik gebracht. Als es ihr besser ging, kam sie mit nach Bukarest ins Hotel. Irgendwann schreibe ich ein Buch darüber: Vom Straßenhund zum Fünf-Sterne-Hotel. Eigentlich wollte ich sie an eine andere Familie vermitteln, aber einen Tag vorher habe ich das abgesagt. Ich konnte sie einfach nicht mehr hergeben.

Helena Zengel als Benni in einer Szene des Films "Systemsprenger" (Quelle: dpa/Yunus Roy Imer)

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Was gibt es Dir, vor der Kamera zu stehen?
 
Ein unglaubliches Gefühl von Freiheit, weil ich etwas verkörpern kann, das die ganze Zeit in meinem Kopf ist. Ich bin sehr poetisch, ein bisschen nachdenklich – vermutlich wie alle Künstler. Ich glaube, ich habe viel Empathie für Menschen, verkörpere gern andere Charaktere. Ich finde Menschen spannend, möchte verstehen, wie jemand tickt, warum jemand gewisse Dinge sagt oder tut, wie sie von der Vergangenheit geprägt worden sind. Das löst bei mir Glückshormone aus, ganz viel Freude.
 
Was ist Dein nächster Schritt in Deinem Karriereplan?
 
Ein paar deutsche und internationale Projekte über die ich noch nicht sprechen darf. Ich schreibe aktuell auch selbst eine Geschichte. Ich versuche bei mir zu bleiben und meinen Weg in der Filmbranche als junge Erwachsene finden.

Das Interview mit Helena Zengel führte Anna Wollner.