Frühere Intendantin vor Gericht Schlesinger und rbb streiten ums Geld
Vor dem Landgericht Berlin beginnt heute der Prozess zwischen der ehemaligen Intendantin Schlesinger und dem rbb. Schlesinger hat den rbb auf Ruhegeld verklagt. Der Sender fordert Schadensersatz in Millionenhöhe.
877 Tage ist es her, dass der rbb-Verwaltungsrat Patricia Schlesinger die Kündigung aussprach. Eine Woche zuvor, am 15. August 2022 wurde sie bereits als rbb-Intendantin abberufen. Vorausgegangen waren Medienberichte, in denen es unter anderem um den Verdacht des Verstoßes gegen Compliance-Regeln bei den Vorbereitungen für das geplante Digitale Medienhaus, den Verdacht der dienstlichen Abrechnung privater Essen auf Kosten des rbb und das Bonus-System für rbb-Führungskräfte ging.
Im August 2022 nahm die Berliner Generalstaatsanwaltschaft unter anderem wegen des Verdachts der Untreue Ermittlungen gegen Patricia Schlesinger, ihren Mann sowie Wolf-Dieter Wolf, den damaligen Vorsitzenden des rbb-Verwaltungsrats auf. Kurz darauf wurden auch Ermittlungen gegen die ehemalige juristische Direktorin und den Verwaltungsdirektor eingeleitet.
Die strafrechtlichen Ermittlungen dauern noch an und sollen nach aktuellen Medienberichten inzwischen auf weitere Mitglieder der ehemaligen Geschäftsleitung des rbb erweitert worden sein.
rbb zahlt nach Kündigung kein Ruhegeld
Vor dem Landgericht in der Berliner Littenstraße geht es jedoch an diesem Mittwoch nicht um mögliche Straftaten, sondern um Ruhegeld und Schadensersatzforderungen. An der Verhandlung müssen auf Anordnung des Gerichts sowohl der Vorsitzende des rbb-Verwaltungsrats, Wolfgang Krüger, als auch Patricia Schlesinger persönlich teilnehmen.
Nachdem der rbb-Verwaltungsrat Patricia Schlesinger gekündigt hatte, stellte der Sender alle Zahlungen ein. Sie erhielt kein Ruhegeld, das ihr laut Dienstvertrag nach Ende ihrer Intendantentätigkeit bis zum Lebensende zustand. Im Fall einer außerordentlichen Kündigung soll sie darauf jedoch keinen Anspruch haben, so die Regelung in ihrem Vertrag. Schlesinger hatte daraufhin am 16. November 2022 Klage gegen den rbb eingereicht.
Über ihren Medienanwalt Ralf Höcker ließ Schlesinger dem rbb auf Anfrage mitteilen, sie "fordere sowohl das Ruhegeld als auch – im Anschluss daran - die betriebliche Altersversorgung, die sie sich über 30 Jahre beim NDR und beim rbb erarbeitet habe."
Um den Streitwert nicht unnötig in die Höhe zu treiben, fordert sie die Klärung ihres Ruhegeldanspruchs in Höhe von 18.384,54 Euro erstmal nur für einen Monat. Sollte das Gericht dem zustimmen, so wäre damit ihre Forderung auch für alle folgenden Monate mehr oder weniger bestätigt. Wenn das Gericht den Anspruch jedoch ablehnt, dann muss in einem zweiten Schritt entschieden werden, ob und welche Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung Schlesinger mit Eintritt ins Rentenalter hat.
Es geht um Bonuszahlungen, Reisen und Kosten für das Digitale Medienhaus
Der rbb antwortete auf die Klage mit einer sogenannten Widerklage. Die Akte dazu soll inzwischen gut 5.000 Seiten betragen. Anfangs ging es nur um die Erstattung der Kosten für – nach Einschätzung des rbb - "nicht-dienstlich" begründete Essen in Schlesingers Privatwohnung, umstrittene Reisen, angeblich privat verursachte Schäden an ihrem Dienstwagen sowie die Bonuszahlungen, die sie für das Jahr 2018 erhalten hat. Inzwischen fordert der rbb von Schlesinger Schadenersatz für sämtliche seit 2019 geleisteten Bonus-Zahlungen sowie eine ARD-Zulage für die Geschäftsleitung und Führungskräfte. Insgesamt etwas mehr als zwei Millionen Euro.
Außerdem soll das Gericht feststellen, dass die ehemalige Intendantin für die aufgelaufenen Kosten des inzwischen gestoppten Projekts "Digitales Medienhaus" haftet. Dabei geht es nach einem Bericht des Berliner Landesrechnungshofs um gut 6,8 Millionen Euro.
Patricia Schlesinger ließ dazu über ihren Medienanwalt mitteilen, dass die Widerklage des rbb der Versuch sei, sie "um ihre Altersrente zu bringen, die sie sich in 32 Jahren erarbeitet habe. Das Ziel sei es, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, man hätte alles versucht, den angeblich von Frau Schlesinger verursachten Schaden zu minimieren."
Der rbb stützt sich in der Begründung für die Forderungen auch auf Berichte des Berliner und des Brandenburger Landesrechnungshofs, die den rbb nach Bekanntwerden der Vorwürfe gemeinsam geprüft hatten. Die Rechnungshöfe kamen dabei zu dem Ergebnis, dass für mehrere Sachverhalte die Zustimmung und Information des rbb-Verwaltungsrats als Aufsichtsgremium fehlte oder unzureichend war. Außerdem sei gegen die Landeshaushaltsordnung und das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen worden.
Ralf Höcker, Schlesingers Medienanwalt, teilte dem rbb dazu mit: "Der Verwaltungsrat sei in alles eingebunden gewesen, ebenso das Justitiariat des rbb. Die Vorwürfe seien unzutreffend."
Schlesinger war als Intendantin für den gesamten rbb verantwortlich – vergleichbar einem GmbH-Geschäftsführer oder dem Vorstandsvorsitzenden einer Aktiengesellschaft. Sie gilt damit auch nicht als Arbeitnehmerin, deshalb wird der Prozess vor dem Land- und nicht vor dem Arbeitsgericht geführt.
Sendung: Radioeins, 15.01.2025, 7:00 Uhr