Bremen Jahresrückblick 2024: Diese Ereignisse prägten Bremen und Bremerhaven
Hochwasser, Stahlwerk, Domshof-Düne, Verbrechen und Prozesse, aufgesetztes Parken, Millionendiebin und ein Bildungsnotstand. Wir blicken auf das Nachrichten-Jahr zurück.
1. Januar: Hochwasser und Rechtsextremismus
Gesellschaft
Das neue Jahr beginnt, wie das alte endet: mit Hochwasser. Im besonders betroffenen Lilienthal können die Sandsäcke jedoch bald abgeräumt und zwischengelagert werden. Evakuierte Bewohner dürfen in ihre Häuser zurück.
Politik
Im Januar 2024 kommt heraus, dass hochrangige AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarke Unternehmer auf einem Treffen in Potsdam die Vertreibung von Millionen von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland geplant haben. 50.000 Menschen aus Bremen und umzu protestieren daraufhin rund um den Domshof "Laut gegen Rechts". In Bremerhaven gehen kurz darauf noch einmal rund 7.000 Menschen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie auf die Straße.
Auch sie ist wieder da: die Brötchentaste an Bremens Parkautomaten. Das kostenlose Parken für 20 Minuten hatte vor der Bürgerschaftswahl im Vorjahr eine Debatte ausgelöst.
Wirtschaft
Der Krankenhaus-Konzern Ameos kündigt an, das zentral gelegene Klinikum Mitte in Bremerhaven ab Mai zu schließen. Künftig werden hier nur noch ambulante Eingriffe durchgeführt.
2. Februar: A27-Baustelle und Stahlwerk-Förderung
Politik
Zusammen mit elf anderen Bundesländern kämpft Bremen vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe für den Erhalt des Länderfinanzausgleichs, gegen den Bayern im Juli 2023 geklagt hat. Im Januar erwidert Bremen die Klage Bayerns. Im Jahr 2023 erhielt das kleineste Bundesland 771 Millionen Euro aus dem Finanztopf.
Wirtschaft
Das Bremer Stahlwerk erhält die seit Jahren erhoffte Förderzusage von rund 840 Millionen Euro, um einen klimafreundlichen Umbau voranzubringen. Das Geld soll von Bund und Land Bremen kommen. ArcelorMittal kündigt an, 2025 über den Umbau entscheiden.
Verkehr
Die Autobahn 27 zwischen Bremen und Bremerhaven wird Ende Februar für Wochen vollgesperrt. Die Ursache: ein maroder Stahltunnel unter der Fahrbahn. Die Folge: blank gelegte Nerven bei Bürgern und Betrieben.
3. März: Domshof-Düne, Platanen und Pannekoekschip
Gesellschaft
Der Bremer Fußballverband sagt im März einen kompletten Spieltag ab, nachdem es in Hemelingen bei einem Spiel zu einer Schlägerei und einem Kopftritt gekommen war – kein Einzelfall in Bremen.
Am 10. März bemerken Anwohner am Morgen Rauch auf einem der bekanntesten Dreimaster Bremens, dem "Pannekoekschip". Die Feuerwehr kann den Brand zwar löschen, das Schiff ist als Restaurant wohl aber erst 2025 wieder nutzbar.
Politik
Der eigentlich beschlossene Umbau des Domshofs wird nach heftiger Kritik abgesagt. Die Pläne zur Umgestaltung sollen nun überarbeitet werden. Die ursprünglich geplante Düne mit einem Fahrradparkhaus ist damit vom Tisch.
Der Streit um die von der Stadt zum Fällen vorgesehenen Platanen am Neustädter Deich wird durch ein Gerichtsurteil beendet. Der Staatsgerichtshof entscheidet, dass das Volksbegehren zum Erhalt der Platanen nicht zulässig ist. Das Urteil ist abschließend, eine Revision ist nicht möglich.
Wirtschaft
Das neue Fernbusterminal am Bahnhof wird für die ersten Busse mit Zielen von Paris bis Neuharlingersiel eröffnet. Es ersetzt die bisherige Haltestelle für Fernbusse am Breitenweg.
4. April: Arian, Uhrmacher-Raub und Neuverschuldung
Gesellschaft
Der brutale Überfall auf einen Uhrmacher im Bremer Viertel, der von einer Videokamera aufgezeichnet wird, sorgt für Aufsehen. Eine Frau, die dem 72-jährigen Ladenbesitzer zur Seite springt und hilft, den 21-jährigen zu vertreiben, wird später für ihre Zivilcourage geehrt.
Ende April beendet die Polizei die intensive Vor-Ort-Suche nach dem 6-jährigen Arian. Ende Juni wird die Leiche des autistischen Kindes aus Bremervörde auf einer Wiese im Landkreis Stade gefunden.
Politik
Das Verkehrsunternehmen BSAG und der Klinikverbund Geno stecken in finanziellen Schwierigkeiten, die Unterbringung von Geflüchteten und der Neubau von Schulen, aber auch Klimaschutzmaßnahmen kosten viel Geld. Vor diesem Hintergrund beschließt der Senat, durch die Feststellung einer "Notlage" neue Kredite aufnehmen.
Wirtschaft
Für Karstadt in Bremen geht es weiter. Die Filiale in Bremen zählt nicht zu den 16 von insgesamt 92 Filialen, die schließen müssen.
5. Mai: Stadthalle Bremerhaven und Wohninvest-Insolvenz
Politik
Die fünf Jahrzehnte alte Stadthalle Bremerhaven wird saniert, entscheidet die Koalition aus SPD, CDU und FDP. Damit ist die Idee eines Neubaus vom Tisch. 2027 soll die Sanierung abgeschlossen sein. Hauptnutzer sind die Basketballer der Eisbären Bremerhaven.
Auch die Innenstadt Bremerhavens soll attraktiver werden: mehr Natur, weniger Autos sowie eine neue Stadtbibliothek. Ein Park um den Innenstadtkern, ein direkter Fußgängerweg zu den Hafenwelten. Erstmals präsentiert die Stadt konkrete Entwürfe.
Wirtschaft
Das Immobilienunternehmen Wohninvest meldet Insolvenz an – mit unmittelbaren Folgen für Bremen. So verzögern sich Bauprojekte zum Beispiel auf dem Coca-Cola- und dem Könecke-Gelände in Hemelingen. Auch das Weser-Stadion braucht einen neuen Namenssponsor.
Im Mai geht Bremens letztes Kohlekraftwerk vom Netz. Mit der Abschaltung des Steinkohleblocks in Bremen-Hastedt steigt der Bremer Versorger SWB aus der Kohleverstromung aus. Bremens vorletztes Kohlekraftwerk in Farge war bereits Ende Februar vom Netz gegangen.
6. Juni: Volles Gefängnis und aufgesetztes Parken
Gesellschaft
Ein Urteil, das nur die wenigsten erwartet hätten, wird im Mordprozess um Marco W. gefällt. In dem Indizienprozess, bei dem ein ursprüngliches Geständnis nicht mehr verwendet werden durfte, verurteilt das Gericht einen Angeklagten als Haupttäter, einen als Gehilfen und spricht einen frei.
Revolutionär: In Bremen wird einer 48-jährigen Frau ein komplett künstliches Herz implantiert. Sie ist die erste Frau in Europa mit dem künstlichen Organ.
Politik
Zur Europa-Wahl sind am 9. Juni auch Bremerinnen und Bremer aufgerufen. Aus der Wahl geht die CDU als Siegerin hervor. Grüne und Linke büßen Stimmen ein.
Das Bremer Jobcenter gibt im Juni bekannt, dass Gelder für Weiterbildungen bereits ausgeschöpft sind. Ausgaben werden drastisch gekürzt. Die Förderung von Bildungseinrichtungen steht auf der Kippe.
Das Gefängnis in Bremen-Oslebshausen platzt Mitte Juni mit 723 Häftlingen aus allen Nähten. Wegen der Überbelegung der JVA kündigt die Stadt daher an, das Ersatzfreiheitsstrafrecht bis Oktober nicht zu vollziehen. Das betrifft beispielsweise Menschen, die Geldbußen nicht bezahlen können.
Das Bundesverwaltungsgericht hat den sechs Jahre alten Rechtsstreit um aufgesetztes Parken in Bremen beendet. Es verpflichtet Bremen gegen das illegale Parken vorzugehen, erlaubt aber ein Ermessen bei den Mitteln.
7. Juli: Maffay, Wasserwerfer und Ariane 6
Gesellschaft
Peter Maffay tritt im Sommer wohl letztmals in Bremen auf. Der 74-jährige Sänger verabschiedet sich auf der Bremer Bürgerweide an gleich zwei Abenden vor rund 37.000 Fans.
Politik
Knappe Kassen zwingen zwei Senatsressorts dazu, Haushaltssperren zu verhängen. Neben dem Kinder- und Bildungsressort wird ab Ende Juli auch die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration nur noch notwendige Ausgaben vornehmen. Der Grund: Es gibt mehr Schüler als ursprünglich prognostiziert.
In Bremens Innenstadt räumt die Polizei eine Blockade von Klimaaktivisten. Dabei kommen auch Wasserwerfer zum Einsatz – erstmals seit 2018. Aus Sicht der Beamten war der Einsatz gerechtfertigt, die Demonstrierenden der "Letzten Generation" widersprechen.
Wirtschaft
Im Sommer startet erstmals Europas neue Lastenrakete Ariane 6 ins All. Die Oberstufe der Rakete wird in Bremen gebaut.
8. August: Willi Lemke, Silo-Hotel und Misstrauensvotum
Gesellschaft
Bremen verabschiedet sich von Werder-Legende Willi Lemke, der mit 77 Jahren überraschend verstorben ist.
Die umstrittene Band "böhse onkelz" spielt auf der Bürgerweide ein ausverkauftes Konzert vor 35.000 Fans. Im Vorfeld hatte es politischen Protest gegeben, weil die Bands in den 1980er Jahren mit rechtsextremistischen Songs bekannt geworden war.
Das Landgericht Bremen stellt den Prozess gegen Olaf Latzel ein. Vier Jahre war zuvor um die Aussagen des Bremer Pastors gerungen worden. Ob er die Menschenwürde anderer verletzt hat, wird somit vorerst nicht von einem Gericht entscheiden.
Politik
Die Bürgerschaft stimmt auf Antrag der CDU am 12. August über die senatorische Eignung Sascha Aulepps ab. Die SPD-Politikerin und Bildungssenatorin übersteht das Misstrauensvotum dank der Regierungsmehrheit.
Wirtschaft
In der Überseestadt eröffnet ein Hotel der besonderen Art – in den umgebauten Silos der ehemaligen Kellogg‘s-Fabrik entstehen 117 Zimmer.
In Gröpelingen stellt die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) nach rund viereinhalb Jahren Bauzeit einen neuen Straßenbahn-Betriebshof fertig.
9. September: Sparplan, Supersporthalle und Sexspielzeug
Politik
Der Bremer Senat beschließt, in den kommenden drei Jahren gut 150 Millionen Euro entweder einzusparen oder mehr einzunehmen. Erhöht werden sollen beispielsweise Grunderwerbssteuer, City-Tax, Semestergebühren, Kita-Mittagessen und Parkgebühren.
In Bremen wird an der auf Sport konzentrierten Oberschule Ronzelenstraße die modernste Sporthalle in Norddeutschland eingeweiht. Der Bau hat nur ein Jahr gedauert und kostete 25 Millionen Euro.
Wirtschaft
Mit Sexspielzeugen 'Made in Bremen' ist seit September Schluss. Der Hersteller Fun Factory stellt seinen Betrieb ein.
Neue Konkurrenz für Bremens Taxi-Betriebe: Der US-Konzern Uber bietet seine App-basierten Fahrvermittlungsdienst seit September auch in Bremen an.
ThyssenKrupp teilt mit, in Bremen-Farge künftig keine Fertigungsstraßen für die Autoindustrie mehr zu bauen. 400 Angestellte sollen entlassen werden. Grund ist die Mobilitätswende weg vom Verbrenner hin zur Elektromobilität.
10. Oktober: Philharmoniker, Uni-Umzug und Dieter Burdenski
Gesellschaft
Paukenschlag bei den Bremer Philharmonikern: Dem Orchester fehlen rund 1,3 Millionen Euro – 900.000 Euro mehr als bis dahin prognostiziert.
Eine weitere Werder-Legende scheidet 2024 aus dem Leben. Torwart, Rekordspieler und Ehrenspielführer Dieter Burdenski stirbt mit 73 Jahren.
Die mehr als 700 Jahre alte Kirche im Bremerhavener Stadtteil Wulsdorf gerät über Nacht in Brand. Mitglieder der Dionysius-Gemeinde und Anwohner sind entsetzt.
Politik
Eltern richten Ende Oktober schwere Vorwürfe an die Grundschule an der Stader Straße. Schüler sollen unverhältnismäßige Strafen bekommen haben. Die Bildungsbehörde stellt die Rektorin Ende November frei und will den Sachverhalt lückenlos aufklären.
Wissenschaft
AWI-Direktorin Antje Boetius kündigt Mitte Oktober an, Bremerhaven zu verlassen. Sie wechselt ans Monterey Bay Aquarium Research Institute in Kalifornien, eines der renommiertesten Institute für Ozeanforschung.
Erstmals zieht ein Fachbereich der Uni Bremen in die Innenstadt. Der Umzug bringt rund 1.500 Jura-Studierende in das alte Gebäude der Landesbank.
11. November: Columbuskaje, Kaufhof-Gebäude, Stahlwerk
Gesellschaft
Autofahrer, Radlerinnen, Fußgänger – für sie alle ist die Bürgermeister-Smidt-Brücke vier Monate vollgesperrt. Die Kosten für die Reparaturarbeiten werden auf 2,5 Millionen Euro geschätzt.
Politik
Bremens Stadtentwicklungsgesellschaft Brestadt kauft das markante Kaufhof-Gebäude inmitten der City. Kurz zuvor hatte die insolvente Möbelkette Opti-Wohnwelt ihre Filiale in dem Gebäude dichtgemacht. Bremen plant dort nun das wohl größte innerstädtische Entwicklungsprojekt seit fünf Jahrzehnten.
Bereits fertig ist nach drei Jahren Bauzeit die neue Columbuskaje in Bremerhaven. Die Hafengesellschaft Bremenports bezeichnet sie als eine der größten Hafenbaustellen des vergangenen Jahrzehnts.
Wirtschaft
Alarm bei Bremens Stahlarbeitern und der IG Metall: Sie wollen erfahren haben, dass das Stahlwerk von ArcelorMittal doch nicht auf grünen Stahl umgestellt werde. Der Konzern dementiert.
Die große Postfiliale an der Domsheide schließt nach 150 Jahren. Von nun an müssen Bremerinnen und Bremer ihre Briefe und Pakete in anderen Filialen aufgeben.
12. Dezember: Millionendiebin, Bildungsnotstand, Kirchenasyl
Gesellschaft
Der Unternehmer, Politiker und Mäzen Uwe Hollweg verstirbt mit 87 Jahren. Mit der Karin und Uwe Hollweg Stiftung hat er unter anderem Kunsthalle und Weserburg unterstützt.
Zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt das Landgericht Bremen Mitte Dezember die Millionendiebin Yasemin G. Mit dem Urteil geht das Gericht noch über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus. Ihr Verbrechen hat international für Aufsehen gesorgt – und soll nun als Serie verfilmt werden.
Politik
Die Schulleitungen fast aller Bremer Grundschulen fürchten einen Kollaps der Bremer Schulen. Gemeinsam stellen sie daher eine sogenannte Überlastungsanzeige gestellt.
In Bremen entfacht sich ein Streit um das Kirchenasyl, in dem mehrere Menschen in Bremen leben. Die Kirchen widersetzen sich damit den Dublin-Regeln der EU. Sie besagen, dass jener EU-Staat, indem ein Flüchtling die EU betreten hat, auch für das entsprechende Asylverfahren verantwortlich ist.
Wirtschaft
Das von Wirtschaftsverbänden und der Handelskammer scharf kritisierte Gesetz zum Bremer Ausbildungsfonds ist verfassungskonform. Diese Entscheidung gibt der Bremer Staatsgerichtshof Mitte Dezember bekannt.
Dieses Thema im Programm:
buten un binnen, 30. Dezember 2023, 19:30 Uhr