Eine große Regenbogenflagge ist beim CSD 2024 in Hamburg über die Straße gespannt.

Hamburg Weniger Geld für Diversität: CSDs im Norden spüren Veränderung

Stand: 27.05.2025 09:08 Uhr

Die Veranstalter von Christopher Street Days kämpfen zunehmend mit finanziellen Problemen, nachdem vor allem US-Unternehmen ihre Unterstützung zurückgezogen haben. Wie sieht die Situation bei den CSDs im Norden aus?

US-Präsident Donald Trump geht massiv gegen Diversity-Programme vor. Konzerne wie Amazon, Meta oder Ford haben bereits Vielfaltsprogramme gestrichen. Der Trend, der auf Trumps Anti-Diversity-Politik zurückgeführt wird, schlägt bis nach Europa durch: Roche, UBS, aber auch SAP haben ihre Diversitäts-Ziele gestrichen.

Julia Monro vom queeren Verband LSVD+ sieht darin auch eine Chance: "Viele Unternehmen, die das wirklich ernst meinen mit Diversity-Programmen und diejenigen, die das in der Vergangenheit nur zu Show-Zwecken gemacht haben, um ihr Image aufzupolieren - da trennt sich gerade die Spreu vom Weizen".

Schwindende Sponsoren-Einnahmen auch für deutsche CSDs

So ein weltweiter Rückzug geht auch mit schwindenden Sponsoren-Einnahmen einher - beispielsweise für deutsche Christopher Street Days. Der Berliner CSD schlägt Alarm, auch Köln bestätigt einen Rückgang. In Hamburg beobachtet CSD-Vorstand Manuel Opitz eine ähnliche Entwicklung: "Auch wir in Hamburg müssen feststellen, dass wir US-Firmen und Institutionen als Sponsoren der Demo verloren haben. Die sind uns weggebrochen und im Hintergrund ist offensichtlich auch Trumps Antivielfaltpolitik", so Opitz.

Welche Firmen konkret weggebrochen sind, will Opitz lieber nicht sagen - in der Hoffnung, sie könnten im nächsten Jahr doch wieder dabei sein. Doch für den größten CSD-Verein Deutschlands stehen wichtige Projekte auf dem Spiel: "Was uns besonders beschäftigt, sind Herzensprojekte, die wir als CSD-Verein haben", so Opitz. Dazu zähle zum Beispiel ein Inklusions-Truck für Rollstuhlfahrende. Das ist ein Truck, auf dem Menschen, die im Rollstuhl sitzen, die Möglichkeit haben, an der Demo teilzunehmen. "So etwas gibt es sonst gar nicht. Da fallen natürlich einfach einige tausend Euro zusammen, die wir irgendwo herholen müssen."

In Schwerin brechen regionale CSD-Sponsoren weg

In kleinen Städten ist die Lage noch schwieriger. Bei Sebastian Witt vom CSD Schwerin sind es vor allem die regionalen Unternehmen, die nun fehlen. Das seien Firmen, "die seit Jahren dabei waren, die dieses Jahr auf einmal nicht mehr dabei sind. Wir sind noch am Eruieren, wo die Ursachen liegen. Auch die Spendenbereitschaft geht deutlich zurück."

In Rostock setzt man auf regionale Partnerschaften, erklärt Franko Wegner vom CSD Rostock: "Der große LKW in den letzten Jahren, der kam zum Beispiel von einem Dachbauunternehmen aus der Stadt, mit dem wir gut in Kontakt stehen. Das sind einfach regionale Kontakte, die wir da pflegen." Dazu kommen steigende Kosten. Franko Wegner spürt das besonders bei den Dienstleistungen wie Toiletten, Bauzäune, Strom und der GEMA, wo die Kosten stark gestiegen ist. Im Dienstleistungsbereich habe man eine Kostensteigerung von zehn bis zwanzig Prozent.

Deutlich mehr politischer Gegenwind beim CSD

Neben den finanziellen Nöten wächst auch der politische Gegenwind. Sebastian Witt aus Schwerin hat das beim letzten CSD deutlich gespürt: "Wir hatten letztes Jahr eine große rechte Gegendemo in Schwerin, die sich gegen den CSD gestellt hat, merken aber auch in den Sozialen Netzwerken, dass der Ton dort rauer wird gegenüber dem CSD", berichtet er.

Vermehrte queerfeindliche Angriffe

Der politische Gegenwind nimmt zu - nicht nur im Osten: In Hannover kam es in den vergangenen Jahren zu vermehrten Übergriffen - ein junger Transmann wollte einen queerfeindlichen Angriff schlichten und wurde krankenhausreif geschlagen. Die Folge: mehr Ausgaben für Sicherheit, erklärt Nadine Rochlitzer vom CSD Hannover:

"Das verursacht auch ganz viel Umdenken bei uns im Organisationsteam. Wenn ich sehe, dass rechte YouTuber gezielt auf CSDs gehen, um Leute zu interviewen und dann die Ausschnitte falsch zusammensetzen, sodass das ein total falsches Bild von dieser Veranstaltung gibt, das ist auch so eine Sache und das merken wir auch. Wir fragen uns: 'Was können wir tun, um Leute zu schützen?'"

Trotz aller Schwierigkeiten: Die CSDs im Norden werden auch in diesem Jahr stattfinden. Gerade jetzt sei es wichtig, Flagge zu zeigen, sind sich die Veranstalter im Norden einig.

Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur | Der Morgen | 27.05.2025 | 06:00 Uhr