Hessen Wie hat Corona unser Leben verändert? Kulturschaffende berichten
Kein Publikum, keine Einnahmen: Die Lockdowns während der Corona-Pandemie haben vor allem die Kulturszene schwer getroffen. Vier Betroffene berichten von Panik, tiefen Löchern und warum sie Corona auch dankbar sind.
Fünf Jahre ist es her, dass Corona auch in Hessen alles auf den Kopf gestellt und das Leben weitgehend ins Private verbannt hat. Gerade für die Kulturszene begann eine schwierige Zeit: Kein Kino, kein Theater, kein Konzert mit Publikum und damit auch keine Einnahmen.
Die Angst ging um, dass es nach Corona keine Kultur mehr geben könnte. Deshalb leisteten Bund und Länder finanzielle Hilfe, um die Kulturszene halbwegs über Wasser zu halten.
Aber auch nach Corona ging es oft nur langsam aufwärts und nicht alle haben die Durststrecke überstanden. Wie sie die Pandemie erlebt und überstanden haben, erzählen hessenschau.de vier Kulturschaffende aus Film, Musik, Theater und aus der Veranstaltungsbranche.
Pirkko Cremer, Schauspielerin
Pirkko Cremer
"Es war wirklich dieser berühmte Teppich, der einem unter den Füßen weggezogen wurde. Ich habe es auch körperlich gespürt: Als ob ich ein Loch in mir hätte, ein riesiges Loch. Und dann habe ich Panik bekommen. Ich habe mir unglaublich viele Projekte aus der Nase gezogen. Ich habe mich überall beworben, aber das Geld kommt ja auch nicht immer, wann man es braucht. Ich bin dann putzen gegangen und saß mit zwei kleinen Kindern alleine zu Hause. Es war furchtbar. Es war einfach eine unglaubliche Ausnahmesituation. Ich wusste selbst nicht mehr, wer ich war.
Die Förderung und die Coronahilfen haben mich gerettet. Da musste ich zwar einiges wieder zurückzahlen, aber es hat für mich gut funktioniert.
Ich habe in der Corona-Zeit gelernt, dass ich mir Hilfe holen kann, dass man zusammenhalten muss und dass man halt manchmal Durststrecken hat. Aber die gehen auch vorbei."
Dennis Korn, Pianist und Komponist
Dennis Korn
"Ich bin auch erst mal in ein tiefes Loch gefallen und hab Existenzängste bekommen. Bis ich dann gedacht habe, eigentlich wollte ich sowieso was ändern. Und was ich schon immer machen wollte, war, meine Musik zu veröffentlichen. Meine Songs in der Zeit waren sehr melancholisch und vielleicht habe ich damit auch einen Nerv getroffen.
Ich habe auf Streamingplattformen meine ersten Songs veröffentlicht und Social Media Kanäle aufgebaut. Meine Follower kommen schon auch aus Europa, aber vor allem aus den USA. Und ich habe ganz viele Fans in der Ukraine, in Russland und Polen, inzwischen auch in Indien, Iran und Irak. Früher habe ich auf Konzerten Stücke gecovert oder andere Sachen gespielt, jetzt werde ich für meine Musik gebucht.
Also, ich mache 24 Stunden fast nur noch das, was ich machen möchte. Und das ist Wahnsinn. Also, dafür danke ich Corona. Auch wenn es sich komisch anhört."
Christopher Bausch, Kinobetreiber in Frankfurt, Aschaffenburg und Mainz
Christopher Bausch, Arthouse Kinos Frankfurt
"Wir sind in Frankfurt auf dem Niveau vor Corona und sogar einen Tick besser. Wir haben die Zeit genutzt und ein paar Umbauten gemacht, um dann umso attraktiver zu sein, wenn wir wieder aufmachen. Wir haben jetzt in der Harmonie ein sehr diverses junges Publikum. Die haben während der Pandemie viel gestreamt und haben jetzt einen Ort gefunden, an dem man zusammenkommt. Und dann ist auch das Publikum zurück, das immer schon ins Kino gegangen ist, die das Haus oder die Filme vermisst haben.
In Aschaffenburg arbeiten wir noch daran. Da merkt man eher noch, dass wir alle so eine Trägheit seit Corona haben und es ist vielleicht nicht so einfach, aus dem Spessart ins Kino zu fahren. Ohne Förderung hätte die Kultur generell und auch wir als Kino nicht überlebt. Wir haben gemerkt, wie wichtig Kino ist als Freizeitmöglichkeit, als Möglichkeit, sich auszutauschen und Erfahrungen zu sammeln. Ich glaube, mit dieser Zuversicht würde man heute anders in eine Pandemie starten. Aber wir wünschen uns keine weitere."
Matthias Wussow, KFZ in Marburg
Matthias Wussow, KFZ Marburg
"Dem KFZ geht es gut. Wir nähern uns den Besucherzahlen von 2019 an. Dieses Jahr ist der Wahnsinn. Wir sind so gut wie ausgebucht.
Bei den Discopartys ist es unterschiedlich: Unser Format, das als Ü30 Party gestartet ist, hat ziemlichen Besucherzuwachs, andere Partys gehen weiter runter. Ob das am Ausgehverhalten der Leute oder an den Themen liegt, müssen wir noch mal genauer beobachten.
Auf jeden Fall lassen die Besucherinnen und die Besucher weniger Geld im Laden, also an der Theke bei den Getränken. Das ist schon auffällig, und nicht mehr so, wie es 2019 war. Die ganzen Produktionen sind auch teurer geworden und dadurch sind die Ticketpreise gestiegen.
Was sehr positiv ist: Wir kriegen immer neue Ehrenamtliche, die bei uns mitarbeiten, vor allem junge Leute."