Plenarsaal im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin

Mecklenburg-Vorpommern "Arschloch"-Eklat im Landtag: AfD geht gegen Linkenpolitiker vor

Stand: 16.04.2025 16:32 Uhr

Ein Eklat im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern am vergangenen Donnerstag hat ein juristisches Nachspiel. Die AfD-Abgeordneten Schult und Stein wollen den Linkenpolitiker Bruhn verpflichten lassen, Aussagen über sie nicht zu wiederholen. Bruhn zeigt sich unbeeindruckt.

Von Stefan Ludmann

Jetzt muss das Landgericht Schwerin entscheiden. Es geht um eine Sache, die sich am vergangenen Donnerstag, kurz nach 9 Uhr im Landtag abgespielt hat. Der Linksabgeordnete Dirk Bruhn, Landwirt und ehrenamtlicher Bürgermeister in Siedenbrünzow bei Demmin, gibt eine persönliche Erklärung ab. Es geht um die Wolfsdebatte am Abend zuvor. Bruhn, der an Parkinson erkrankt ist und dessen rechte Hand zittert, geht die AfD-Fraktion direkt an: "Während der gestrigen Debatte hat die erste Reihe der AfD-Fraktion, unter anderem Herr Schult und Herr Stein mein Zittern imitiert. Das können sie gerne machen, aber das zeigt, dass sie nicht nur politische Arschlöcher sind, sondern auch menschliche Arschlöcher."

AfD zeigt sich fassungslos

Beifall bekommt Bruhn aus der eigenen Fraktion, von der SPD und den Grünen. Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD) allerdings prüft Bruhns Aussage und spricht von einer Verletzung der Würde des Hauses. Sie erteilt ihm wenig später einen Ordnungsruf. Der AfD reicht das nicht. Die beiden angesprochenen Abgeordneten Enrico Schult und Thore Stein weisen Bruhns Behauptung - ebenfalls in persönlichen Erklärungen - vehement zurück. Schult sagt, er sei fassungslos. "Sie haben mir unterstellt, ich hätte Ihr Zittern imitiert und danach haben Sie mich als menschliches und politisches Arschloch bezeichnet. Ich weise das entschieden zurück, diese Unterstellung." Das werde juristische Konsequenzen haben, kündigte der AfD-Abgeordnete an.

Schwesig zeigt sich solidarisch

Bruhn allerdings bekommt Unterstützung seines Landesvorsitzenden Hennis Herbst. Die Linksfraktion veröffentlicht auf ihren Social-Media-Kanälen ein kurzes Video seiner Anti-AfD-Erklärung. Anders als die anderen Beiträge bringt das Zehntausende Klicks. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) erklärt sich kurze Zeit später solidarisch, sie schreibt auf Instagram: "Lieber Dirk Bruhn. Ich habe großen Respekt vor Ihrem Einsatz im Landtag. Sie stehen stellvertretend für viele Menschen mit chronischen Erkrankungen. Sie und alle Betroffenen haben meine Solidarität. Wir kämpfen gemeinsam gegen die menschenverachtende AfD."

Keine Belege von anderen Seiten

Allerdings: Der Landtag hat Bruhns Behauptungen und Beobachtungen geprüft und bei Ansicht auch von Video-Aufnahmen zur Wolfsdebatte keinen Beleg dafür gefunden, dass die AfD-Abgeordneten sein Zittern imitiert und ihn so verächtlich gemacht und verhöhnt hätten. Das erklärt ein Sprecher des Landtags auf Anfrage. Auch in den Fraktionen gibt es auf NDR Anfrage niemanden, der Bruhns Behauptung bestätigt. Bruhn bleibt allerdings auch eine Woche danach dabei. Eine von den AfD-Abgeordneten über ihren Fraktionsjustiziar Justus Burgdorf geforderte Unterlassungserklärung unterschreibt er nicht.

Bruhn: Werde nicht unterschreiben

Im Interview mit dem NDR erklärt Bruhn an diesem Mittwoch: "Ich habe mir das Schreiben durchgelesen und ich werde es nicht unterschreiben." Die geforderte Unterlassungserklärung einschließlich der Aufforderung, die anwaltlichen Kosten von rund 2.100 Euro zu zahlen, seien für ihn nicht tragbar. "Ich habe geschildert, was ich gesehen und erlebt habe und das ist für mich klar und eindeutig", so Bruhn. Ebenso eindeutig ist für die beiden AfD-Abgeordneten, dass sie die Sache "juristisch bis zum Ende durchziehen", kündigt der Abgeordnete Schult im Gespräch mit dem NDR an.

AfD setzt auf das Landgericht Schwerin

AfD-Anwalt Burgdorf will Bruhn per einstweiliger Verfügung vom Landgericht Schwerin verpflichten lassen, seine Behauptungen nicht zu wiederholen. Sollte das Gericht diesen Anspruch anerkennen, müsste Bruhn auch die entstandenen Kosten übernehmen. Zuletzt mahnte das Landgericht Schwerin den AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer wegen einer Aussage im Parlament ab. Im aktuellen Fall gehen die AfD-Abgeordneten auch strafrechtlich gegen den Linken-Parlamentarier vor - sie haben ihn unter anderem wegen Beleidigung angezeigt.

Anzeige wegen Beleidigung

Die Staatsanwaltschaft Schwerin hat die Anzeige auf NDR Anfrage bestätigt, man prüfe die Sache. Abgeordnete können wegen ihrer Aussagen im Parlament in der Regel nicht strafrechtlich verfolgt werden, es sei denn es geht um verleumderische Beleidigungen. Dirk Bruhn reagiert am Mittwoch gelassen: "Ich habe das so wahrgenommen, was da gewesen ist, wie ich es geschildert habe im Landtag. Dieses Mal haben sie den Bogen überspannt. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen."

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Nordmagazin | 16.04.2025 | 19:30 Uhr