Hängendes Walskelett im Deutschen Meeresmuseum in Stralsund.

Mecklenburg-Vorpommern Die letzte Reise eines riesigen Finnwals

Stand: 08.04.2025 06:50 Uhr

Es war eine Sensation, als Fischer den jungen Finnwal fanden. Das zehn Tonnen schwere Tier gab den Auftakt zur Walforschung. Das Deutsche Meeresmuseum feiert die 200-jährige Geschichte seines größten Exponats.

Von Christine Senkbeil

Ein "sonst noch nie vernommenes Getöse" dringt den fünf Fischern aus der Ferne ans Ohr. Am 8. April 1825 brechen sie aus dem Dörfchen Lieschow an der westlichen Küste vor Rügen zum Fischfang auf. Historische Quellen beschreiben deren "Furcht und Schrecken", und wie der "Muthvollste" im kleinen Fischerboot beschließt, die "große, schwarze, bewegliche Masse" aus der Nähe zu erkunden.

Ein zehn Tonnen schweres "Ungeheuer"

Ein 16 Meter langer und 10 Tonnen schwerer männlicher Finnwal liegt auf einer Untiefe im Kubitzer Bodden gestrandet, lebendig. Die Fischer töten das "Ungeheuer" durch "Wegnahme eines ganzen Wirbels" - und nach den Beschreibungen war es kein schneller Tod für den noch jungen Meeressäuger.

Der "Walfisch" vor Rügen wird umgehend zur Sensation: Hunderte Menschen kommen, habsüchtige Fischer werden beschrieben, die ihre Boote voll mit Speck laden, ein Gastwirt erbeutet Finnen und Geschlechtsorgane - bis die Greifswalder Professoren Rosenthal und Hornschuch dem Gemetzel ein Ende setzen.

Auf dem Wasserweg zur Uni

Sie erstatten den Fischern den Gewinn für den noch am Körper befindlichen Speck und holen das Unglückstier an das Zoologische Institut der Hansestadt. Dass es ein Finnwal ist, soll erst viele Jahre später klar werden.

An dicken Tauen zwischen Segelboote gehängt geht es für ein letztes Mal durchs Meer. Nach einem Zwischenstopp in Stralsund "zur Befriedung der Wißbegier des Publikums" landet der Kadaver in Wieck an, wird zerteilt und vermessen, und dann füllen seine schwer zu entfettenden Knochen erst einmal viele Tonnen in den beengten Fluren des Anatomischen Instituts Greifswald.

Beginn der Walforschung

Ende des 19. Jahrhunderts kommt das Skelett in das Zoologische Institut und Museum. Es gehört inzwischen zur Legende, dass sein Fett dem damaligen Direktor dort jahrelang auf den Schreibtisch tropfte. Aber es heißt auch, dass an diesem Exponat die deutsche Walforschung ihren Anfang nahm.

150 Knochen kommen ins Meeresmuseum

Fest steht, dass die rund 150 Knochen 1968 ins Meeresmuseum übersiedeln, und dass sie dort professionell überarbeitet, vollständig entfettet und neu montiert werden, wie es in Band 7 der Schriftenreihe des Meeresmuseums zu lesen ist. Im Chor der Katharinenhalle hängt das beeindruckende, 15 Meter lange Finnwal-Skelett nun seit 1974. Es ist das größte biologische Exponat und das Herzstück des Stralsunder Meeresmuseums.

Skelett wurde restauriert

2011 wurde das Skelett nochmals umfassend restauriert, erhielt eine neue Aufhängung und anatomische Korrekturen, so Pressesprecherin Diana Meyen. Die Modernisierung des Hauses ab dem Jahr 2020 überdauerte es gut verpackt an Ort und Stelle.

Veranstaltung zum 200. Jahrestag

Der Strandung des Finnwals gedenkt das Deutsche Meeresmuseum Stralsund am 200. Jahrestag mit einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm. Sein Skelett wird bis auf Augenhöhe heruntergelassen. Am Dienstagabend laufen Vorträge über die Geschichte des Wals und über die internationale Walforschung.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 08.04.2025 | 15:00 Uhr