Mario Lange arbeitet Mal als Seenotretter und steht im Führerstand eines Seenotrettungsbootes.

Mecklenburg-Vorpommern Jubiläum der Seenotretter: 160 Jahre bei Wind und Wetter im Einsatz

Stand: 29.05.2025 08:00 Uhr

Gekenterte Boote, Feuer auf See, Tankerunglücke: Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger - kurz DGzRS - rückt verlässlich auf Ost- und Nordsee aus, wenn Menschen in Seenot geraten. Am 29. Mai feiert sie Jubiläum.

Von Katja Bülow

Menschen in Seenot zu helfen: Das sei noch Anfang des 19. Jahrhunderts eher unüblich gewesen, sagt Christian Stipeldey, Sprecher der Seenotrettungsgesellschaft DGzRS. Die Küstenbewohner seien damals der Ansicht gewesen: "Wer sich auf See begibt, begibt sich in Gottes Hand". Und ganz nebenbei rieben sich manche sogar die Hände, wenn ein Schiff gekentert war. Denn die angespülten Güter gehörten laut Strandrecht dem, der sie fand - zumindest solange es keine Überlebenden gab.

Erst als die ersten Badetouristen kamen und das nicht verstehen konnten, gründeten sich Hilfsorganisationen. Darunter der Neuvorpommersch-Rügensche Verein zur Rettung Schiffbrüchiger. Der Zusammenschluss all dieser zunächst vereinzelten Gruppen hat sich als ein stabiles Bündnis erwiesen, das mittlerweile unzähligen Seeleuten das Leben gerettet hat. Allein in Mecklenburg-Vorpommern standen die Helfer im vergangenen Jahr mehr als 1.000 Menschen in Not zur Seite, 22 davon würden andernfalls wohl nicht mehr leben.

"Die Ostsee ist kein Ententeich"

Beide Meere, die Nord- und die Ostsee, hätten ihre Tücken, versichert Stipeldey. Die Nordsee warte mit sehr weitläufigen, tideabhängigen Revieren auf, die sich ständig verändern. Aber: "Auch die Ostsee ist kein Ententeich." Ihre kurzen, harten Wellen seien nicht ohne und die Boddengewässer bergen ebenfalls echte Gefahren. Ob für Seeleute, Fischer, Passagiere auf Fahrgastschiffen und Fähren: Die Retter in den 17 Stationen Mecklenburg-Vorpommerns sind rund um die Uhr für alle da, die Hilfe brauchen. Und die meisten Retter tun das ehrenamtlich.

"Manchmal passiert 14 Tage lang gar nichts"

Nur vier Stationen im Land sind mit Festangestellten besetzt: Warnemünde, Darßer Ort/Prerow, Sassnitz und Greifswalder Oie. Deren Arbeit sieht für Außenstehende oft außerordentlich entspannt aus, liegen die Boote doch fast immer ruhig an ihren Liegeplätzen. Mario Lange, Vormann auf der "Arkona" in Warnemünde, kennt die Sprüche der Passanten. "Ja, manchmal passiert 14 Tage lang gar nichts und manchmal kommt man nicht aus den Stiefeln raus, dann hat man drei oder vier Einsätze pro Tag. Meistens nachts." Und auch wenn gerade kein Seemann in Not ist, haben er und seine Kollegen viel zu tun. Denn die Rettungskreuzer verrichten meist gut 30 Jahre lang ihren Dienst, müssen ständig gewartet werden. Und auch das Team muss für den Ernstfall trainieren.

Momente, über die die Retter nicht reden mögen

Mario Lange ist seit 28 Jahren im Dienst und er mag seine Arbeit. Auch wenn es immer mal Erlebnisse gibt, über die er und seine Kollegen nicht gerne reden. Situationen, in denen auch die Helfer hilflos waren. Was sie aufbaut, das sind die anderen Momente: Wenn sie Menschen, die eigentlich schon mit ihrem Leben abgeschlossen hatten, doch noch aus dem Wasser ziehen können. "Es gibt einige, die kommen immer am Jahrestag ihrer Rettung wieder hier an den Liegeplatz, bringen einen Kaffee vorbei oder ein Stück Kuchen, setzen sich einen Moment zu uns", sagt Mario Lange.

Retter haben bislang keine Nachwuchssorgen

Nachwuchssorgen? Bei der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger gibt es die zum Glück nicht, so Stipeldey. Und: Seit der Gründung am 29. Mai 1865 in Kiel funktioniert die Arbeit komplett ohne staatliche Unterstützung, rein auf Spendenbasis. Die gute Nachricht: Ein Rückgang der Spendenbereitschaft sei auch heute, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, nicht zu spüren.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 29.05.2025 | 12:00 Uhr