Wald bei Vollmond, ein Windrad ragt in die Höhe

Niedersachsen Mehr Windräder im Wald? Naturschützer kritisieren Politik

Stand: 28.05.2025 12:11 Uhr

Für Umweltverbände ist es ein Tabubruch: In Südniedersachsen sollen in besonders alten Wäldern Windräder gebaut werden dürfen. Bislang ist das verboten. BUND und NABU fühlen sich hintergangen.

Es war ein großes Streitthema zwischen Politik und Naturschutzverbänden: Windräder im Wald. Mit einem Kompromiss konnten sich beide Seiten 2019 dann einigen: Die Landesregierung - damals noch aus SPD und CDU bestehend - veranlasste die "behutsame Öffnung des Waldes für Windenergie", jedoch nur für etwa 50 Prozent der Wälder in Niedersachsen. Die andere Hälfte sind Schutzgebiete und besonders alte Waldstandorte. Hier sollten keine Windräder geplant werden. Das könnte sich künftig ändern: Das Land Niedersachsen überarbeitet das Landesraumordnungsprogramm und will darin den Wald noch weiter für Windenergie öffnen.

Entwurf zielt vorwiegend auf Südniedersachsen

Wenn im Windenergiegesetz festgelegte regionale Teilflächenziele erreicht sind, könnten an alten Waldstandorten Windkraftanlagen geplant werden. Dabei sollen "in ihrer Schutz-, Nutz- oder Erholungsfunktion besonders eingeschränkte Waldbereiche" in Anspruch genommen werden. Das könnten Waldstücke entlang von Autobahnen sein oder Flächen, die durch Sturm oder Borkenkäfer stark beschädigt sind. Die Landesregierung will diese neuen Regeln aber nur in Südniedersachsen in begrenztem Maße einführen.

Hier wären Windräder in alten Wäldern möglich:

  • Landkreis Göttingen: 405 Hektar
  • Landkreis Hameln-Pyrmont: 200 Hektar
  • Landkreis Hildesheim: 226 Hektar
  • Landkreis Holzminden: 212 Hektar
  • Landkreis Northeim: 374 Hektar
  • Landkreis Schaumburg: 113 Hektar
  • Regionalverband Großraum Braunschweig: 693 Hektar

NABU und BUND empört

"Nun sollen besonders geschützte Wälder der Windenergie geopfert werden", so Susanne Gerstner, die Vorsitzende des BUND Niedersachsen. Die Landesregierung kündige eine Vereinbarung auf. Das stelle "die Glaubwürdigkeit der Politik infrage", so Gerstner.

Auch der Naturschutzbund NABU ist enttäuscht. Alte Waldböden seien wichtige Kohlenstoffspeicher und dadurch wichtige Klimaschützer, so der Landesvorsitzende Holger Buschmann. Auch Schadensflächen gelte es zu schützen. "Dort haben sich nach dem Borkenkäferbefall wertvolle Pionierwälder entwickelt."

"Optionale kleinteilige Öffnung"

Das zuständige Landwirtschaftsministerium verteidigt die Pläne. Die Rahmenbedingungen hätten sich in den vergangenen Jahren geändert. "Die Herausforderungen der Klimakrise sind drängender denn je", heißt es in einem Statement des Ministeriums. Vorgesehen sei lediglich eine optionale kleinteilige Öffnung. "Insbesondere aus den sehr waldreichen Regionen in Südniedersachsen gab es zudem Forderungen, zusätzliche Spielräume für die Windenergieplanung zu eröffnen."

Neue Regeln frühestens 2027

Das neue Landesraumordnungsprogramm wird nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums möglicherweise erst 2027 in Kraft treten. Bis dahin gibt es ein mehrstufiges öffentliches Beteiligungsverfahren. Der NABU-Landesvorsitzende Buschmann hat noch Hoffnung, dass die alten, humusreichen Wälder nicht für Windenergie geöffnet. Er setzt auf die Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte. "Die ist Mitglied der Grünen. Als solche müsste sie eigentlich wissen, wie bedeutsam diese alten Wälder für Artenvielfalt sind", so Buschmann.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 28.05.2025 | 09:00 Uhr