Braunschweigs Fabio Di Michele Sanchez bejubelt seinen Treffer

Niedersachsen Remis gegen Saarbrücken: Eintracht Braunschweig bleibt Zweitligist

Stand: 28.05.2025 01:04 Uhr

Für Eintracht Braunschweig hat eine Saison zwischen Himmel und Hölle ein Happy End genommen. Den im Verlauf der Spielzeit ständig zwischen Genie und Wahnsinn wandelnden Niedersachsen genügte im Relegationsrückspiel gegen den 1. FC Saarbrücken nach dem 2:0-Erfolg im Saarland ein 2:2 (0:2, 0:0) nach Verlängerung, um den Zweitliga-Klassenerhalt zu schaffen.

Von Hanno Bode

Der Jubel bei den Spielern von Interimscoach Marc Pfitzner hielt sich nach dem knapp 125-minütigen Fußball-Drama im Stadion an der Hamburger Straße trotz des verhinderten Abstiegs vorerst überraschend sehr in Grenzen. Die meisten Braunschweiger Akteure sanken nach dem Schlusspfiff einfach nur entkräftet zu Boden. Der zweite Vergleich mit Saarbrücken hatte ihnen körperlich und mental alles abverlangt.

"So viel Drama war selten. Und ich fand, es war auch unnötig, Aber wenn man Relegation spielt, kann alles passieren."
— Eintracht-Profi Fabio Kaufmann

Keeper Ron-Thorben Hoffmann, der den BTSV in der Schlussphase vor dem 1:3 bewahrt und dann auch noch den Ausgleich durch Rayan Philippe (120.) vorbereitet hatte, weinte beim Gang in die Fankurve sogar hemmungslos.

Beim 26-Jährigen, der im vergangenen Winter vom FC Schalke 04 an die Oker zurückgekehrt war, zeigte sich in diesen Momenten ganz besonders, unter welchem Druck er und seine Teamkameraden eigentlich seit Monaten gestanden hatten. Angst - in diesem Falle Abstiegsangst, fressen Seele auf.

Bicakcic: "Weiß nicht, ob ich heulen oder lachen soll"

"Ich kann meine Gefühle gerade gar nicht einordnen. Ich weiß nicht, ob ich heulen oder lachen soll. Die Saison hat uns einige abverlangt an Substanz - nicht nur körperlich, sondern vor allem auch mental", sprach Abwehrchef und Kapitän Ermin Bicakcic im NDR Interview vermutlichen allen Braunschweigern aus der Seele. "Ich bin extrem erleichtert und freue mich für den Verein, dass wir es wirklich geschafft haben", ergänzte der 35-Jährige.

Coach Pfitzner, der nach der Entlassung von Daniel Scherning vom Co- zum Chefcoach wurde, schlug in dieselbe Kerbe: "Ich muss es jetzt erst einmal realisieren. Es ist schon eine Last, die jetzt abfällt. Dieses Spiel war heute unfassbar."

Saarbrücken egalisiert Hinspiel-Pleite

Es passte fraglos zur Braunschweiger Saison, die eine einzige Berg- und Talfahrt war, dass auch das Relegationsrückspiel gegen Saarbrücken trotz des eigentlich komfortablen 2:0-Vorsprungs aus dem ersten Vergleich mit dem Drittliga-Dritten wieder zum Drama wurde.

Zwar hatte die Eintracht das Geschehen bis Mitte der zweiten Hälfte gut unter Kontrolle und hätte eigentlich führen müssen. Dann aber kippte die Begegnung nach einem Dreifach-Wechsel von FCS-Coach Alois Schwartz (64.) und zwei Treffern durch Florian Krüger (66., Handelfmeter nach Videobeweis) und Kai Brünker (83.).

Gelb-Rote Karte schwächt FCS entscheidend

Das Momentum sprach nun für die Saarländer. Allerdings nur bis kurz nach Beginn der neunminütigen Nachspielzeit, als Verteidiger Calogero Rizzuto wegen wiederholten Foulspiels die Gelb-Rote Karte (90.+1) sah. Die Gäste retteten sich zwar noch in die Verlängerung, konnten dort zum Ende der ersten Hälfte der Extrazeit den letzten von vielen Eintracht-Angriffen aber nicht mehr verteidigen.

Di Michele Sanchez sorgt für "Ausgerechnet"-Geschichte

Über Umwege gelangte der Ball zu Fabio Di Michele Sanchez, der Saarbrückens Keeper Philip Menzel mit einem Flachschuss ins kurze Eck zum 1:2 bezwang. Damit hatte dieser außergewöhnliche Abend seines "Ausgerechnet"-Geschichte.

Denn bis zum vergangenen Sommer hatte der Deutsch-Italiener noch bei den Saarländern unter Vertrag gestanden. Nun sorgte der in der 61. Minute eingewechselte Linksverteidiger mitentscheidend dafür, dass sein Ex-Club eine weitere Saison in Liga drei um Punkte kämpfen muss.

Hoffmann wird zum Held des Abends

Der Held des Abends aber hieß nicht Di Michele Sanchez. Diese Rolle durfte nur Hoffmann für sich beanspruchen. Bereits zum Klassenerhalt in der vergangenen Saison, der nicht minder knapp war, hatte der 26-Jährigen einen sehr großen Beitrag geleistet. Anschließend war der gebürtige Rostocker zum Ligarivalen FC Schalke 04 gewechselt. Doch glücklich wurde Hoffmann dort nicht. Bei den "Knappen" wurde aus dem vormaligen Braunschweiger Leistungsträger ein Bankdrücker.

Braunschweigs Torwart Ron-Thorben Hoffmann

Ron-Thorben Hoffmann bewahrte den BTSV in der Verlängerung vor weiteren Gegentoren.

Im Winter kehrte der Schlussmann dann auf Leihbasis zur Eintracht zurück, die nach der Hinrunde auf Tabellenplatz 17 stand. Auch dank Hoffmann ging es hernach bergauf. Und dann kurz vor dem Saisonende wieder bergab. Zwei Pleiten in Folge bedeuteten, dass der BTSV in die Relegation musste.

War Hoffmann im Hinspiel noch weitgehend beschäftigungslos gewesen, wurde er nun vor eigenem Publikum gerade in der zweiten Hälfte der Verlängerung gefordert. Gegen Krüger (113.) und Tim Civeja (117.) verhinderte der Keeper das 1:3, bevor er in der 120. Minute Philippe mit einem weiten Abschlag bediente. Der Angreifer musste den Ball nur noch ins verwaiste Gehäuse schieben, da FCS-Torhüter Menzel zuvor nach vorne geeilt war.

BTSV steht vor gründlicher Saisonanalyse

Der etwas verrückte Ausgleich war der Schlusspunkt hinter eine nervenaufreibende Braunschweiger Saison, die es nun für die Verantwortlichen gilt, gründlich zu analysieren. Denn überstrapazieren sollte der BTSV das Glück nach zwei sehr knapp verhinderten Abstiegen in Folge nicht.

"Es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, uns zu hinterfragen, obwohl man heute auch ein bisschen feiern kann", sagte Mittelfeldmann Fabio Kaufmann dem NDR. "Wir müssen einfach einen Schritt nach vorne machen. Es kann nicht immer die Lösung sein, dann einen Trainer zu entlassen. Wir müssen uns weiterentwickeln", forderte der 32-Jährige.

Spielstatistik Eintracht Braunschweig - 1. FC Saarbrücken

2.Spieltag, 27.05.2025 20:30 Uhr

Eintracht Braunschweig 2
1. FC Saarbrücken 2

Tore:

  • 0:1 F. Krüger (66., Handelfmeter)
  • 0:2 Brünker (83.)
  • 1:2 Di Michele Sanchez (105. +2)
  • 2:2 Philippe (120.)

Eintracht Braunschweig: R.-T. Hoffmann - Jaeckel, Bicakcic, Köhler (91. S. Sané) - Rittmüller (76. F. Kaufmann), Krauße, Tempelmann, C. Conteh (61. Di Michele Sanchez) - Gómez (76. Tachie), Philippe - Polter (46. Szabó)
1. FC Saarbrücken: Menzel - D. Becker (64. P. Schmidt), Sonnenberg (98. Wilhelm), Bichsel - Fahrner (46. Krahn), Sontheimer, Vasiliadis (64. Civeja), Rizzuto - Multhaup, Rabihic (64. Brünker) - F. Krüger

Zuschauer: 21854

Dieses Thema im Programm:
Aktuell | 27.05.2025 | 23:00 Uhr