
Nordrhein-Westfalen Droh-Mails an Schulen in NRW - deshalb sind Ermittlungen oft schwierig
Digitale Bombendrohungen gegen Schulen in NRW und bundesweit: Wieder hat eine Serie von Droh-Mails den Unterricht gestört. Was Ermittler herausgefunden haben - und was die Suche nach den Absendern der Mails erschwert.
Nach Droh-Mails gegen mehrere Schulen in Nordrhein-Westfalen am Freitagmorgen (23.05.2025) läuft jetzt die Suche nach den Absendern. Zwei Schulen haben den Unterricht für den Freitag abgesagt, heißt es aus dem NRW-Schulministerium.
Eingegangen sind Bombendrohungen laut Landeskriminalamt an jeweils mindestens einer Schule in den Zuständigkeitsbereichen der Kreispolizeibehörden in Bonn, Köln, Gelsenkirchen, Münster, Essen, Coesfeld, Paderborn, Heinsberg, dem Märkischen und Oberbergischen Kreis und dem Kreis Steinfurt.
Acht Mails alleine in Essen
Allein in Essen gingen E-Mails mit Drohungen an sieben Schulen und ein Stadtamt, wie ein Polizeisprecher dem WDR sagte. Die Polizei war vorsichtshalber verstärkt im Einsatz, sah aber keine konkrete Bedrohung für die Schulen. Der Unterricht ging normal weiter.
Auch in weiteren Bundesländern meldeten Schulen am Freitagmorgen ähnliche Drohmails - in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Rheinland-Pfalz.
Was über die Drohungen von Freitag bekannt ist
Auffällig bei den Drohmails, die am Freitag bundesweit an Schulen eingingen: Die unterschiedlichen Ermittlungsbehörden berichten meist von gleichem Wortlaut. Und überall gehen sie von keiner konkreten Gefährdung aus.
Eine Mail an eine Gesamtschule in Neubrandenburg am Freitag soll "typische Bezüge zur terroristischen Vereinigung Islamischer Staat" aufweisen. Die Polizei geht aber auch dort nicht davon aus, dass das Schreiben ernst gemeint ist. Eine Durchsuchung der Schule hatte nichts ergeben.
Wir versuchen, den Datenverkehr nachzuverfolgen, sodass wir über digitale Spuren die Tatverdächtigen ermitteln können.
Matthias Werk, Polizei Essen
Die Landeskriminalämter Bayern und Hessen kommen zu der Einschätzung, dass es sich um eine gezielte, bundesweite Aktion handle. Unter anderem in Essen ermitteln jetzt IT-Experten der Kriminalpolizei.
"Zeit"-Recherche: Zahl der Drohungen angestiegen
Die Datenerhebung ist uneinheitlich, aber die Zahlen deuten auf einen deutlichen Anstieg hin: Die Zeitung "Die Zeit" hatte im April bei allen Innenministerien angefragt, wie sich die Zahl der Fälle von Drohungen gegen Schulen entwickelt hat.
13 Ministerien konnten Aussagen machen: 2021 habe es an 55 Schulen entsprechende Drohanrufe oder Drohmails gegeben. Im Jahr darauf waren es 279 Fälle, 2023 waren es 445 Taten.
Ermittlungen im Netz oft schwierig
Besonders in den letzten Monaten erhielten Schulen in ganz Deutschland vermehrt Drohmails. Die digitale Spurensuche führt oft ins Leere - Ermittler können die Absender bislang nur in Einzelfällen identifizieren. Gleichzeitig bauen die Behörden ihre digitalen Kompetenzen aus.
Seit 2020 betreibt das Innenministerium die "Koordinierungsstelle Cybersicherheit NRW", die verschiedenen Behörden zu einer besseren Zusammenarbeit im Netz helfen soll.

NRW-Innenminister Herbert Reul: "Digitale Brandstifter hinterlassen Spuren"
NRW-Innenminister Herbert Reul bezeichnet Droh-Mails als "keine Bagatelle": "Digitale Brandstifter hinterlassen Spuren, die die Polizei ganz sicher aufnimmt", erklärte er nach einem Ermittlungserfolg zu entsprechenden Schreiben an eine Schule in Duisburg.
Duisburg: Trittbrettfahrer wollten wohl Prüfung verhindern
Hinter dem Drohschreiben an ein Duisburger Gymnasium Mitte April sollen vier Jugendliche stecken. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten die Spur zu einem 15-Jährigen aus Berlin und drei weiteren aus Duisburg verfolgt.
Die Ermittler gehen davon aus, dass die Aktion eine Prüfung an der Schule verhindern sollte. Die Jugendlichen seien Trittbrettfahrer: Denn schon am Montag zuvor waren Drohschreiben an mehreren Duisburger Schulen eingegangen - mit rechtsradikalem Inhalt.
"Die Polizei hat in Windeseile und mit allen technischen Mitteln die Register gezogen und Hintergründe zu den Tatverdächtigen der Duisburger Droh-Mails ermittelt", so Herbert Reul.
Prozessauftakt in Stuttgart gegen jungen Mann
Ein 20-Jähriger soll im Herbst 2023 mit einem Komplizen insgesamt 51 Mails an Schulen, Behörden und Religionsgemeinschaften verschickt haben. Dabei sollen sie sich als radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas ausgegeben haben. Am Landgericht Stuttgart hat am Donnerstag (22.05.2025) der Prozess gegen den 20-Jährigen begonnen.
Behörden im Trittbrettfahrer-Dilemma
Die ermittelnden Behörden bringen die Drohschreiben in eine schwierige Situation: "Je mehr Bedeutung man so einer Sache öffentlich gibt, desto mehr steigert man das Risiko, dass man Trittbrettfahrer auf den Plan ruft", so NRW-Schulministerin Dorothee Feller in der "Rheinischen Post".
Dementsprechend vorsichtig und knapp kommunizieren offizielle Stellen zu diesem Thema bisher meist.

NRW-Schulministerin Dorothee Feller droht mit "ernsthaften Konsequenzen" für Drohmail-Versender
Journalisten der "Zeit" sind auch dem Verdacht nachgegangen, ob eine Spur nach Russland führen könnte - als Form der hybriden Kriegsführung gegen Unterstützer-Länder der Ukraine. Belegen lässt sich diese These bislang nicht.
Wie Schulen auf Bedrohungslagen vorbereitet sind
Ein Ende solcher Droh-Wellen ist erstmal nicht absehbar. Das NRW-Schulministerium erklärt daher, wie die Behörden in solchen Fällen verfahren. Geregelt ist das im "Notfallordner 'Hinsehen und Handeln'" und einem umfassenden Krisen-Präventionshandbuch.

Eine Duisburger Schule, die nach einer Drohmail im April geschlossen blieb
Außerdem unterstützt es Schulen gezielt dabei, ein eigenes Krisenmanagement aufzubauen. Die Schulen sollen beispielsweise feste Ansprechpartner und Abläufe für Krisenfälle benennen.
NRW-Schulministerin Feller hat sich zudem klar positioniert: "Das Versenden von Drohmails ist kein harmloser Streich, sondern es hat ernsthafte Konsequenzen - das muss allen bewusst sein."