Europäische Zentralbank, Frankfurt am Main

Nordrhein-Westfalen EZB senkt Leitzinsen - eine gute oder eine schlechte Nachricht?

Stand: 17.04.2025 20:30 Uhr

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag die sechste Zinssenkung in Folge beschlossen. Die Wirtschaft soll das ankurbeln - für Sparer ist das eher eine schlechte Nachricht.

Die EZB hat die Leitzinsen erneut gesenkt. Den für Sparerinnen und Sparer wichtigen Einlagenzins senkte sie von bislang 2,5 auf künftig 2,25 Prozent - wohl auch als Reaktion auf die disruptive Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump. EZB-Chefin Christine Lagarde begründete den Schritt mit "extremen Unsicherheiten" für das Wirtschaftswachstum im Euroraum.

"Hin und Her" von Trump bremst das Wirtschaftswachstum aus

In den Augen von ARD-Börsenexpertin Bettina Seidl ein wichtiger Schritt: "Das ist eine angemessene Entscheidung und genau die richtige Reaktion auf Donald Trumps Zollpolitik und sein ständiges Hin und Her." Dies bremse das Wirtschaftswachstum weltweit und damit auch in Europa. Die Zinssenkung bringe "Ruhe rein" und entlaste Firmen - "weil Investitionen günstiger zu finanzieren sind".

Aber wie wirkt sich die Senkung für die Verbraucher aus? Das hängt letztlich davon ab, was sie mit ihrem Geld vorhaben.

Wer beispielsweise für einen Hauskauf einen Kredit aufnehmen will, kann von einem niedrigen Leitzins profitieren. Seidl weist jedoch darauf hin, dass sich Kreditinstitute mit günstigeren Konditionen für die Kunden zuweilen schwer tun: "Die Banken sind schneller dabei, die Zinsen für Tagesgeld - also die Geldanlage - zu senken. Bei Krediten eher zögerlicher, denn damit verdienen sie."

Die Zinsen für alle Sparprodukte sinken natürlich - egal ab Sparbuch, Tagesgeld oder Festgeld.

Bettina Seidl, ARD-Börsenredaktion

Sparer könnten den gesunkenen Leitzins also schneller negativ zu spüren bekommen. Das zeigt auch die Entwicklung der Renditen von Tagesgeldkonten, über die etwa Stiftung Warentest berichtet. Grundsätzlich sinken mit den Leitzinsen auch die Zinsen für Sparprodukte, sagt Seidl. Zuversichtlicher ist die Expertin bei Aktien, die von dem Impuls für die Wirtschaft profitieren könnten.

Tagesgeldkonten haben den Vorteil, dass man jederzeit Geld einzahlen kann und auch jederzeit abheben kann. Und sie eignen sich hervorragend als Notfallreserve, falls zum Beispiel das Auto kaputt geht und eine teurere Reparatur notwendig wird. Die Zinsen sind aber stark gesunken und ihre Spanne ist groß: Das beste Angebot für Tagesgeld ohne zeitliche Beschränkung liegt im April 2025 laut Stiftung Warentest bei einem Zins von 2,41 Prozent. Es gebe aber auch Banken, die gar keine Zinsen zahlen.

Bei den 20 besten Angeboten aus einem Zinsdauertest der Stiftung Warentest lag die Rendite im vergangenen September im Schnitt bei 3,12 Prozent - im April schon nur noch bei 2,24 (bei einer Mindestanlage bis 5.000 Euro).

Der Mittelwert der Finanzberatung FMH von 138 Kreditinstituten lag vor der EZB-Entscheidung am Mittwoch bei 1,47 Prozent. Verivox weist ebenfalls Zinsen um 1,4 Prozent aus. Bei Sparkassen und regionalen Genossenschaftsbanken lag der Zins häufig noch deutlich darunter. Das Vergleichsportal Verivox spricht bei den Tagesgeldzinsen von einem "Sturzflug".

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Stiftung Warentest hat Geldanlagen verglichen

"Jede Bank geht auch immer etwas anders damit um. Daher lohnt es sich immer, die Angebote mehrerer Banken zu vergleichen", rät Seidl. Es gibt zwar nach wie vor gute Angebote, allerdings weniger als zuvor: Einige Kreditinstitute boten zuletzt noch Zinsen bis zu 3,5 Prozent, häufig handelt es sich dabei jedoch um Neukundenangebote mit begrenzter Laufzeit.

Festgeldkonten sind nur sinnvoll, wenn man Geld übrig hat und es erstmal nicht ausgeben will - beispielsweise, wenn man 20.000 Euro oder mehr geerbt hat. Grundsätzlich empfiehlt die Stiftung Warentest Anlegern eine Kombination aus Tagesgeld und Festgeld.

Die Zinsen liegen im April beim Festgeld ebenfalls unter drei Prozent. Für einjährige Anlagen gebe es maximal 2,70 Prozent, für dreijähriges Festgeld laut Stiftung Warentest 2,75 Prozent. Die Finanzberatung FMH gab für 134 Institute am Mittwoch einen Mittelwert von 1,92 Prozent für eine sechsmonatige Laufzeit an, bei einem Jahr etwas höher. Für zweijährige Festgelder gab es laut Verivox noch 2,11 Prozent. Das sei der tiefste Stand seit Ende 2022.

Mit der Investition in Aktien kann man sich von den Zinsen, die Banken gewähren, unabhängig machen. Doch WDR-Wirtschaftsexperte Ulrich Ueckerseifer hatte bereits bei der Zinssenkung im September darauf hingewiesen, dass sich die Wirkung der Leitzinssenkung auf den Aktienmarkt schwer vorhersagen lasse: "Der Aktienmarkt hängt auch von so vielen anderen Faktoren ab, dass das nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Kurse steigen", so Ueckerseifer.

Aktien profitieren tendenziell von einer Leitzinssenkung.

Bettina Seidl, ARD-Börsenredaktion

Tendenziell profitieren Aktien laut Seidl allerdings von einer Leitzinssenkung: "Wenn klassische Sparprodukte weniger abwerfen, wird es attraktiver, in Aktien zu investieren. Außerdem kurbelt die Zinssenkung die Wirtschaft an: Unternehmen investieren mehr, zu günstigeren Konditionen - wodurch tendenziell ihre Aktienkurse steigen."

Unsere Quellen:

  • Gespräch mit der ARD-Börsenexpertin Bettina Seidl
  • WDR-Wirtschaftsredaktion
  • Nachrichtenagenturen AFP und DPA
  • Tagesgeld-Vergleich der Stiftung Warentest