Nordrhein-Westfalen NRW-Kommunalwahlen: Vom Büdchen ins Wahllokal

Stand: 03.06.2025 13:36 Uhr

Die Beteiligung bei Kommunalwahlen ist gering. Eine neue Kampagne zu den Wahlen in Städten und Gemeinden im September soll was ändern - sie richtet sich vor allem an Menschen mit Migrationsgeschichte.

Von Martin Teigeler

Mit Plakaten an Kiosken und Büdchen, Social-Media-Videos und der Internetseite hierdabei.de sollen mehr Menschen für die diesjährigen NRW-Kommunalwahlen interessiert werden. Die neue Webseite solle "Informationsquelle und Motivationsplattform" sein, sagte Gamze Cavlaklı von der Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung (ZfTI) am Dienstag bei der Vorstellung der Kampagne.

Am Büdchen ins Gespräch kommen

Ziel des Projekts "Wahldemokratie vor Ort" sei es, die Wahlbeteiligung landesweit um rund 1,3 Prozent bei der Urnenwahl, also bei kurzfristig-spontanten Wählern, zu steigern, sagte der Politikwissenschaftler Achim Goerres von der Universität Duisburg-Essen. Gefördert wird das Ganze von der Landeszentrale für politische Bildung.

Die Plakate an Kiosken werden personalisiert. Büdchen-Betreiber in acht Großstädten sollen selbst mit ihrem Foto für die Wahl werben und so Unterhaltungen über Kommunalpolitik bei einem Bierchen, Kaffee oder einer Zigarette auslösen. "Solche Gespräche über Politik haben ein gewisses Mobilisierungspotential", so Goerres. Dazu gab es bereits ein Pilotprojekt in Duisburg.

Kommunalwahlen finden im September statt

Die NRW-Kommunalwahlen 2025 sind am 14. September. Die Stichwahlen finden am 28.9. statt - und zwar überall dort, wo in der ersten Runde kein Bewerber für die Bürgermeister- oder Landratsposten mindestens 50 Prozent erreicht.

Bei den nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen 2020 lag die Beteiligung landesweit nur bei knapp 52 Prozent. Zum Vergleich Landtagswahl 2022: 55 Prozent. Bei der Bundestagswahl 2025 stimmten 82 Prozent der NRW-Wahlberechtigen ab.

Überproportional selten wählen bei Kommunalwahlen Deutsche mit Migrationsgeschichte sowie Jung- und Erstwählerinnen, so die Macher des Projekts. Um die Wahlbeteiligung dieser Gruppen zu erhöhen, haben ZfTI und Forschende einen "praxisnahen, wissenschaftlich fundierten Ansatz" entwickelt. Online wird in mehreren Sprachen für die Wahlteilnahme geworben. Zudem erfahren Interessierte, wer und was überhaupt im September gewählt wird.

Sind Integrationsräte noch zeitgemäß?

Am Tag der Kommunalwahlen werden in vielen Städten und Gemeinden auch Integrationsräte gewählt. Der Integrationsrat ist die kommunale Vertretung aller Menschen mit internationaler Familiengeschichte, früher oft Ausländerbeirat genannt. Derzeit gibt es 104 Integrationsräte und 7 Integrationsausschüsse in NRW.

Yunus Ulusoy vom Zentrum für Türkeistudien in Essen

Yunus Ulusoy vom Zentrum für Türkeistudien in Essen

Die Wahlbeteiligung bei den Integrationsratswahlen lag 2020 in NRW nur bei 13 Prozent. Sind die Gremien noch zeitgemäß angesichts einer seit Jahrzehnten existierenden Einwanderungsgesellschaft? "Ich halte sie für erforderlich", sagt Yunus Ulusoy von der Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung in Essen.

Die Integrationsräte seien zwar weiterhin noch zu unbekannt und könnten auch "kein Ersatz für die kommunalen Parlamente" sein, sagt Ulusay. Aber sie seien "ein Forum, um die Interessen von Menschen, die zum Beispiel nicht wahlberechtigt" sind, zu vertreten. Es gebe in NRW ja auch Seniorenbeiräte, um ihre Interessen zu vertreten, so der Politologe. Die Integrationsräte seien zudem wichtig, da es in den letzten Jahren viele zusätzliche Einwanderer gegeben habe.

Über dieses Thema berichten wir am 3.6. im "Westblick" auf WDR 5.

Unsere Quellen:

  • Online-Pressekonferenz zur Kampagne
  • Pressemitteilung des Zentrums für Türkeistudien
  • Nachrichtenagentur dpa
  • eigene Recherchen