
Nordrhein-Westfalen NRW will besseren Schutz für Frauen: Wenn das Zuhause nicht sicher ist
Seit Jahren gibt es immer mehr Gewalt gegen Frauen, pro Tag mehr als zwei Taten, die möglicherweise Femizide sind, mehr als 30 Vergewaltigungen. Der Täter ist in vielen Fällen kein Fremder, sondern der Partner im eigenen Heim. Um Frauen besser vor der Gewalt in der Partnerschaft schützen zu können, hat NRW heute im Bundesrat ein schärferes Gesetz eingebracht.
Anfang des Jahres hatte der Bundesrat das sogenannte Gewalthilfegesetz verabschiedet. Dabei ging es etwa um einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einem Frauenhaus. Am Freitagvormittag ging es im Bundesrat darum, den Schutz vor häuslicher Gewalt zu verbessern.
Vor allem Frauen will die NRW-Landesregierung besser schützen. Dafür sind unter anderem folgende Maßnahmen geplant:
- Härtere Strafen: Besonders schwere Verstöße gegen Schutzanordnungen sollen künftig mit Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren geahndet werden.
- Frühzeitige Information der Polizei: Bereits bei Antragstellung auf eine Schutzanordnung sollen Familiengerichte die Polizei informieren, um präventives Eingreifen zu ermöglichen.
- Deeskalationshaft: In Fällen mit Wiederholungsgefahr soll Untersuchungshaft nach § 112a StPO auch bei schweren Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz möglich sein.
- Opferschutz stärken: Opfer erhalten besseren Zugang zu psychosozialer Prozessbegleitung und rechtlicher Unterstützung.
Das Justizministerium sagt, dass es mit dem Gesetz Gerichte in die Lage versetzen wolle, die Gewaltspirale schneller zu durchbrechen und rechtzeitig Haft für Wiederholungstäter anzuordnen. Der Gesetzesentwurf geht jetzt in die Ausschüsse des Bunderats, bevor es zur Abstimmung darüber kommt.
Täterarbeit bei der Caritas
Einen Schritt davor setzt die Täterarbeit bei der Caritas in Mettmann an. Dort gehen Männer hin, die von der Staatsanwaltschaft dorthin beordert wurden, aber auch Freiwillige, die ihr Verhalten ändern wollen.

Alexander Lajios
"Täterarbeit ist Opferschutz, denn nur der Täter kann sein Verhalten ändern. Wenn ich ein Opfer werde, kann ich das in den meisten Fällen nicht beeinflussen. Der Täter selber führt eine bewusste Handlung durch. Wenn wir diese Handlung unterbrechen können, dann schaffen wir es in Zukunft, Opfer zu vermeiden", sagt Sozialpädagoge Alexander Lajios von der Caritas.
Auch "Achim", der eigentlich anders heißt, war dort. Er hatte sich selbst gemeldet. Nach einem Wortgefecht mit seiner Lebensgefährtin nach der Arbeit bekam er einen Wutanfall, der dann eskalierte.
In dem Moment gab es bei mir eine Kurzschlussreaktion. Da habe ich den Teller genommen und in ihre Richtung geschmissen. Und in dem Moment war mir schon klar: Was hast du jetzt gemacht? Also das war nicht ich, ist halt passiert. Meine Frau war ja auch schockiert. Sie sagte: 'In dem Moment hast du auch gebrüllt.' Ich kann es nicht mehr nachvollziehen. Ich weiß es nicht mehr, aber sie hat gesagt, da hat sie Angst gehabt.
"Achim"
In einem Gruppengespräch sollen die Teilnehmer unter anderem ihre Selbst- und Fremdwahrnehmung genauer erkennen. Und den Gewaltbegriff verstehen. Denn es geht nicht nur um körperliche Gewalt, sondern auch das Erniedrigen, Bedrohen und Beleidigen der Partnerinnen gehört dazu.
Täter aus allen Gesellschaftsschichten
Die Männer kommen aus allen Gesellschaftsschichten, haben jeglichen kulturellen Hintergrund: vom Lehrer oder Rechtsanwalt bis hin zum Manager. Auch "Stefan" (Name geändert) und seine Ehefrau. Beide sind berufstätig, haben zwei kleine Kinder. Es kam zu einem Übergriff, während sie mit dem zweiten Kind schwanger war.
Mein Mann war bei Streits auch vorher schon mal impulsiv, aber dann ist vielleicht mal ein Glas runtergefallen oder die Tür hat eine Delle bekommen. Aber nichts, was mir Angst eingejagt hätte. Aber der Vorfall, der uns jetzt hierhin gebracht hat, da war es deutlich heftiger. Dass er auch das allererste Mal mich angefasst hat, mich am Arm gepackt hat. Ja, da war ich eigentlich in Schockstarre.
"Stefans" Ehefrau
Und auch "Stefan" erinnert sich: "Ich hatte meine Frau dann an den Armen gepackt, während wir uns angeschrien haben, und habe sie festgehalten und ihr dann noch mal meine Meinung mit allem Nachdruck ins Gesicht geschrien. Und schon danach und auch später im Verlauf des Tages, als wir sahen, dass sich überall Hämatome an den Stellen gebildet hatten, wo ich zugepackt habe, dass das eigentlich - so wie wir damals gedacht haben - das Aus unserer Beziehung ist."
Letzter Ausweg Täterarbeit
Die Täterarbeit war der letzte Ausweg für sie. "Deswegen kann ich nur an die Leute appellieren, die sich ähnlich da wieder erkennen, sich Hilfe zu suchen. Weil es gibt Lösungen, auch wenn es sich so anfühlt, als ob es nicht gelöst werden kann. Es gibt Leute, die einem helfen können. Und es ist keine Schande, eine Täterberatung zu suchen", sagt seine Frau.
Auch "Achim" hat viel gelernt und danach seine damalige Lebensgefährtin geheiratet. "Das war ja alles nicht so einfach für mich. Ich musste mich ja komplett umstellen. Sie hat auch zu mir gesagt: 'Ich hätte nie gedacht, dass du auch noch lernfähig bist.' Hat sie auch gesagt. So ist der Mensch eben. Wenn man etwas ändern möchte: Wo ein Wille, ist auch ein Weg."