in Kassenbon mit einer Mehrwertsteuer von 19 Prozent für Speisen und Getränke liegt in einem Restaurant.

Nordrhein-Westfalen Sinkende Gastro-Mehrwertsteuer: Warum nicht alle davon profitieren

Stand: 19.04.2025 06:00 Uhr

Die zukünftige Regierung will die Mehrwertsteuer in der Gastronomie ab 1.1.2026 senken. Ob dadurch Restaurantbesuche günstiger werden, ist allerdings fraglich. Was spricht für die Senkung und was dagegen?

Wenn wir während der Ostertage essen gehen, dann verdient der Staat mit: 19 Prozent Mehrwertsteuer fallen auf alle Speisen und Getränke an, die im Restaurant verzehrt werden. Doch das soll sich ändern.

Eine künftige Bundesregierung aus Union und SPD will die Mehrwertsteuer in der Gastronomie von 19 Prozent auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent senken - eine von vielen Maßnahmen im Koalitionsvertrag, um Unternehmer zu entlasten und die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Doch es gibt auch Kritik an den Plänen. Warum soll ausgerechnet die Gastronomie nun dauerhaft entlastet werden? Was spricht dafür und was dagegen?

Gastronom: Mehr Betriebskosten durch höheren Mindestlohn

Gastronomen klagen über gestiegene Preise - wie zum Beispiel Manuel Kaas, der ein Restaurant in Lünen betreibt. Er rechnet vor, dass schon durch den angehobenen Mindestlohn die Betriebskosten gestiegen sein. Hinzu kämen höhere Ausgaben für Versicherungen, Energie und Lebensmittel.

Allein der Spülvorgang für einen ganz normalen Teller ist exorbitant teurer damit geworden."

Restaurantbesitzer Manuel Kaas

Das Hin und Her bei der Mehrwertsteuer

Essen wird in einem Restaurant auf einem Teller angerichtet.

Erst 2024 wurde die Mehrwertsteuer wieder erhöht

Rückblick: Für viele Restaurant -oder Cafébetreiber war es eine Erleichterung in harten Zeiten, als die Mehrwertsteuer während der Pandemie gesenkt wurde. Nach der Pandemie kam der Krieg in der Ukraine - und damit die Energiekrise. Durch die folgende Inflation explodierten auch Lebensmittelpreise. Im Oktober 2022 war die Regelung daher bis Ende 2023 verlängert worden.

Ab Januar 2024 galten dann wieder die 19 Prozent und Gastronomen warnten vor Betriebsschließungen. Damals fürchtete der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga, dass etwa die Hälfte der rund 32.000 Restaurant- und Cafébesitzer in NRW um ihre Existenz bangen würden.

Besser geworden ist die Stimmung seitdem nicht: Nach einer Dehoga-Umfrage befürchten fast 40 Prozent der Unternehmer 2025 in die Verlustzone zu rutschen, berichtet der Verband.

Sinkende Restaurantpreise fraglich

Fraglich ist allerdings, ob 2026 auch die Kosten für Restaurantbesucher sinken. Der Branchenverband rechnet jedenfalls nicht automatisch mit niedrigeren Restaurantpreisen. Wie die Wirte auf die Mehrwertsteuersenkung reagieren und ob und in welchem Umfang sie ihre Preise anpassen können, werde maßgeblich von der Kostenentwicklung abhängig sein, so Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Und auch für Manuel Kaas, den Restaurantbesitzer in Lünen, ist schon klar: Er wird die Preise in seinem Restaurant trotz niedrigerer Mehrwertsteuer nicht senken: "Am Ende werden wir nicht teurer werden."

"Am Ende kann man mit dieser Mehrwertsteueranpassung erstmal das Preisniveau halten"

Manuel Kaas, Restaurantbesitzer aus Lünen

In den meisten Betrieben gingen laut Dehoga 70 Prozent des Umsatzes für Personal- und Wareneinsatzkosten drauf. Hinzu kämen die Kosten für Energie, Pacht, Betriebs- und Verwaltungskosten und Instandhaltungen. "Viele unserer Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand."

Kritik: Warum eine Branche entlasten und andere nicht?

Das will hingegen Björn Kauder, Fachmann für Steuerpolitik am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) nicht als Argument gelten lassen. "Es gibt viele andere Branchen, die mit dem Rücken zur Wand stehen, die unter Druck stehen, wo es auch Fachkräftemangel gibt. Hier erfolgt aber keine Senkung der Umsatzsteuer." Schon deshalb sei es fragwürdig, eine Branche zu entlasten und andere weiterhin mit höherer Umsatzsteuer zu belasten.

Beim arbeitnehmernahen Institut der deutschen Wirtschaft hat man noch eine andere Rechnung aufgemacht - nämlich was die Senkung am Ende den Staat kosten würde: Dem entgingen laut IW durch die Steuersenkung jährlich Einnahmen in Höhe von etwa vier Milliarden Euro.

Foodwatch: Steuersenkung sollte bei allen ankommen

Auch die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch kritisiert die versprochenen Steuergeschenke und prangert gleichzeitig Parteispenden von Gastro-Unternehmen oder der Fastfood-Kette Mc Donalds an die CDU an. "Die Verbindungen zwischen der Union und der Gastro-Lobby sind offensichtlich", so Foodwatch-Geschäftsführer Chris Methmann in einer Pressemitteilung von März 2025. Selbst wenn die Steuersenkung bei den Gästen ankommen sollte, würde nur ein zu kleiner Teil der Gesellschaft profitieren, nämlich "nur die Menschen, die es sich überhaupt leisten können, ins Restaurant zu gehen".

Sinnvoller wäre aus ihrer Sicht eine Reform der Mehrwertsteuer, die tatsächlich alle Verbraucherinnen und Verbraucher entlastet und klima- sowie gesundheitspolitische Ziele unterstütze: "Union und SPD sollten die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse streichen und auf Fleisch und tierische Lebensmittel erhöhen", fordert Foodwatch.

Unsere Quellen:

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 18.04.2025 auch im Hörfunk: WDR 5 Morgenecho, ab 6 Uhr.

Transparenzhinweis: Aufgrund eines Schreibfehlers hatten wir den Zeitpunkt der Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie mit 2025 angegeben. Richtig ist, sie soll ab 1.1.2026 kommen. Dieser Fehler wurde korrigiert.