Rheinland-Pfalz Jüngste Abgeordnete will nicht mehr in den Bundestag
Emily Vontz ist mit 24 Jahren die jüngste Abgeordnete im Bundestag. Die Trierer Studentin kandidiert jetzt nicht mehr. Ihre Bilanz nach zwei Jahren in Berlin fällt ernüchternd aus.
Emily Vontz hatte gerade einen Termin bei ihrem Politik-Professor an der Universität Trier. Die 24-Jährige wirkt gelöst, plant ihr Leben nach der Politik: Sie sucht nach Universitäten. Ziel: noch ein Master-Abschluss. Gerne irgendwo im Ausland, vielleicht Schweden.
Emily Vontz organisiert an der Universität Trier ihr Leben nach der Politik. Sie strebt einen Master-Abschluss an.
Ihre Kolleginnen und Kollegen im Bundestag seien schon im Wahlkampfmodus, erzählt Emily Vontz beim Cappucino. Sie dagegen räume allmählich ihre Büros aus. Noch eine Sitzungswoche in Berlin, dann schließt sich allmählich das Kapitel Berufspolitikerin für die junge SPD-Abgeordnete aus Losheim.
Uniabschluss als Abgeordnete durchgezogen
Eigentlich fuhr die 24-Jährige zweigleisig, studierte weiter, pendelte zwischen Uni, ihrem saarländischen Wahlkreis und dem Bundestag in Berlin. Seit Dezember hat sie ihren Bachelor in Politik und Französisch in der Tasche: "Das war gut, denn ich wollte junge Leute in Berlin vertreten. Meine Nebentätigkeit als Abgeordnete war mein Studium in Trier".
Als Ex-Außenminister Heiko Maas im Dezember 2022 der Politik endgültig adieu sagte, landete Emily Vontz als Nachrückerin auf der SPD-Landesliste über Nacht im Bundestag.
Zwei Jahre hat Emily Vontz für die SPD im Deutschen Bundestag gesessen.
Hoher Druck als Bundestagsabgeordnete
Von einem Tag auf den anderen wurde die Studentin Chefin von neun Mitarbeitern in ihren Büros in Berlin und Saarlouis, musste viel Verantwortung übernehmen.
Die psychische Belastung sei zunächst enorm gewesen: "Du sollst du selber bleiben, aber gleichzeitig von morgens bis abends perfekt performen und abliefern." Dieser Leistungsdruck hätte sie im ersten Jahr im Bundestag "krass ausgebrannt."
Manchmal hätte ich mir einen Zauberstab gewünscht. Emily Vontz, Bundestagsabgeordnete
Den Zwiespalt, dem Parlamentarier unterworfen sind, merkte sie schnell: Überall seien die Erwartungen hoch, dass sich schnell etwas ändert, gleichzeitig fehle es aber auch überall an Geld.
Zudem seien die Strukturen und Prozesse in unserer Demokratie sehr langwierig. "Manchmal habe ich mir einen Zauberstab gewünscht, um schneller Dinge zu ändern. Ich musste mich aber dann ehrlich machen und den Menschen sagen, es dauert, es ist einfach kein Geld da."
Änderungen am Hochbaustatistikgesetz als Erfolg
Stolz ist Emily Vontz darauf, dass sie viele junge Menschen auf ihrem Instagram und TikTok Account erreichen konnte. Ihr Ziel: Politik jungen Menschen zu erklären. Und politisch? Am 16.4.24 ging abends um kurz vor 22 Uhr ein Gesetz durchs Parlament, an dem Emily Vontz mitgearbeitet hatte. Es geht um Änderungen am Hochbaustatistikgesetz. Das Ergebnis von acht Monaten Arbeit.
Man müsse als junge Politikerin immer eine Stufe mehr erklimmen, so ihr Eindruck. Die Parteien seien heutzutage zwar offener für junge Menschen. Immerhin 193 der 736 Abgeordneten waren mit Beginn der Wahlperiode unter 40 Jahre jung. 48 von ihnen wie Emily Vontz noch keine 30.
Gleichzeitig werde man aber auch von vielen belächelt: "Man kann ja schlecht 30 Jahre Arbeitserfahrung haben, wenn man mit 22 in den Bundestag einzieht. Gleichzeitig soll man für junge Leute da sein." Das sei aber die Erwartungshaltung an junge Politiker, bedauert die 24-Jährige.
Desillusioniert nach zwei Jahren Bundestag
Sie sei ein wenig desillusioniert nach den Erfahrungen in Berlin. Die Parteien würden mittlerweile sehr gegeneinander arbeiten, dazu komme die Stärke der AfD. Sie könne verstehen, dass viele Leute im Land frustriert sind und das Vertrauen in die Politik verloren haben, so die ernüchternde Bilanz von Emily Vontz nach zwei Jahren im Bundestag.
Die SPD-Politikerin Emily Vontz möchte nach ihrer Zeit im Bundestag einen Master Abschluss machen.
Es war krass herausfordernd. Emily Vontz, Bundestagsabgeordnete
Die zwei Jahre als Abgeordnete hätten sie als Mensch verändert. Sie habe selbstbewusster werden müssen, ihren Weg durchzukämpfen. "Die Verantwortung habe ich gespürt in den letzten Jahren. Ich bin daran gewachsen, aber es war krass herausfordernd."
Zwei Jahre hatte sie überlegt, ob sie noch mal kandidieren wolle: "Es war cool, zwei Jahre die Jüngste im Bundestag gewesen zu sein, aber es ist kein Konzept für die Zukunft. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um einen Schritt zurück zu gehen."
Wie es beruflich nach dem Studium weitergehen soll, weiß die 24-Jährige noch nicht. Journalismus hatte sie sehr interessiert. Ein Praktikum beim ZDF war geplant, doch dann kam ja der Anruf aus Berlin dazwischen...
Sendung am Mi., 22.1.2025 13:00 Uhr, Der Nachmittag, SWR1 Rheinland-Pfalz