Rheinland-Pfalz Hitzige Debatte um geplante Wohngruppe für psychisch Kranke im Kreis Mayen-Koblenz
Die in Saffig (Kreis Mayen-Koblenz) geplante Wohngruppe für Patienten der Klinik Nette-Gut hat am Dienstagabend bei einer Infoveranstaltung zu Diskussionen geführt.
Die Barmherzigen Brüder in Saffig, unter deren Leitung die Wohngruppe stehen würde, hatten sich von der Infoveranstaltung nach eigenen Angaben erhofft, dass offene Fragen und Bedenken geklärt werden könnten.
Denn seitdem die Pläne für eine Wohngruppe für Forensik-Patienten der psychiatrischen Klinik Nette-Gut in Weißenthurm bekannt geworden sind, rumort es in der Gemeinde Saffig. Eine Bürgerinitiative hat sich gegründet und will die Unterbringung im Ort verhindern.
Wohngruppe zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft
Das geplante Projekt soll zwölf Menschen im Maßregelvollzug die gesellschaftliche Wiedereingliederung erleichtern. Konkret gehe es um straffällig gewordene Personen, die nach Prüfung ihrer Schuldfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung durch ein Gericht in den Maßregelvollzug der Klinik Nette-Gut eingewiesen worden waren, sagte ein Sprecher der Barmherzigen Brüder dem SWR. Für ihre Taten sind sie dabei laut Strafgesetzbuch (StGB, §§ 20 und 21) aber nur vermindert oder nicht schuldfähig.
Übersicht einiger Gebäude der Barmherzigen Brüder in Saffig mit Blick auf das Peter-Friedhofen-Haus und das Josef-Otten-Zentrum, in dem die Wohngruppe untergebracht werden soll.
Wenn nach einer vorherigen mehrstufigen und fachlichen Prüfung solcher Patienten festgestellt werde, dass von diesen keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit ausgehe, könnten sie aus dem Maßregelvollzug in eine solche Wiedereingliederung und Beurlaubung aus dem geschlossenen Maßregelvollzug kommen - aber nur dann, so der Sprecher.
Zusammenarbeit mit Nette-Gut in Weißenthurm gibt es seit Jahren
Solche Wiedereingliederungen von sogenannten Forensik-Patienten gebe es in Zusammenarbeit mit der Klinik Nette-Gut bereits seit mehr als 15 Jahren, teilten die Barmherzigen Brüder mit. Bereits jetzt würden einzelne Patientinnen und Patienten begleitet, sowohl mit Wohnangeboten als auch in der Teilhabe am Arbeitsleben.
"Die Alternative wäre, dass die Menschen in ihren eigenen vier Wänden leben", so der Sprecher. "Dort sind die Menschen zwar in Begleitung, es besteht aber die Möglichkeit, dass sie dort schneller wieder in ihr vorheriges soziales Milieu zurückfallen, als in einer gezielten Wiedereingliederungs-Einrichtung mit permanenter Betreuung." Auch deshalb halte man die Wiedereingliederung unter fachlicher Betreuung und Begleitung für sinnvoll und zielführend.
Bürgerinitiative aus Saffig ist gegen die Wohngruppe
Die Bürgerinitiative "Sicheres Saffig" (BISS) sieht das anders. Sie hat sich im November nach öffentlichem Bekanntwerden der Pläne gegründet. Ihr Ziel ist es, "die Unterbringung von Patienten aus dem Nette-Gut in den Räumlichkeiten der Barmherzigen Brüder zu verhindern", wie sie auf ihrer Facebook-Seite schreibt.
Ein Sprecher der Initiative sagte dem SWR vor der Infoveranstaltung am Dienstag, er befürchte, dass die Pläne für eine Wohngruppe das jahrzehntelange gute Miteinander im Ort, auch mit den Barmherzigen Brüdern und deren Klienten, gefährden könnten. Nach Ansicht der Initiative sei nicht öffentlich und ausreichend genug über das Projekt informiert worden.
Deshalb hatte sie Flyer im Dorf verteilt und eine Unterschriftenaktion gestartet, um die Wohngruppe zu verhindern. Bei der Veranstaltung in der Von-der-Leyen-Halle am Dienstag rief die BI die Anwesenden spontan dazu auf, sich zu erheben, sollte man gegen die Wohngruppe sein. Daraufhin erhob sich der Großteil der rund 400 Anwesenden im Saal.
Barmherzige Brüder: Nehmen Sorgen und Bedenken ernst
Man nehme die Sorgen und Bedenken der Menschen in Saffig sehr ernst und könne diese auch nachvollziehen, sagte ein Sprecher der Barmherzigen Brüder dem SWR im Vorfeld des Infoabends. Deshalb habe man Gespräche mit der Gemeinde geführt. Dies sei auch aufgrund des jahrzehntelangen guten Miteinanders im Dorf geschehen. Nach Bekanntwerden der Bedenken im Ort hatten die Barmherzigen Brüder im Internet öffentlich über ihre Pläne informiert.
Das bestätigte auf SWR-Anfrage auch die Ortsgemeinde. Ortsbürgermeisterin Simone Röttgen (FWG) sagte, ihr Amtsvorgänger habe die Barmherzigen Brüder im Januar 2024 auf die Pläne hin angesprochen. Daraufhin seien diese in den Ortsgemeinderat gekommen. Es habe dann in mehreren, nicht-öffentlichen, runden Tischen gemeinsam mit Vertretern der Ratsfraktionen Gespräche dazu gegeben.
Sendung am Di., 21.1.2025 21:45 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP