In Wintrich sieht man kein einziges Windrad. Der Strom für die kleine Gemeinde an der Mosel mit knapp 1.000 Einwohnern kommt aber zu 100 Prozent aus Windkraft. Der Windpark steht in den Waldgebieten der Gemeinde und ist vom Moseltal aus nicht zu sehen. Und doch war er der Ausgangspunkt dafür, in Wintrich mehr für Nachhaltigkeit zu tun, auch im Tourismus, sagt Bürgermeister Dennis Binz (parteilos).

Eigentlich war es zuerst die Idee einer Werbeagentur, die die Gemeinde bei ihrem Internetauftritt beraten hat. "Ihr müsst aus eurer Windkraft was machen", hätten die Leute von der Agentur gesagt. So sei es gekommen, dass Wintrich sich als nachhaltigste Gemeinde an der Mosel bezeichnet, erklärt Bürgermeister Dennis Binz. Bisher hat kein anderer Ort an der Mosel Wintrich diesen selbstverliehenen Titel streitig gemacht.
Dann sagten wir, ok, wir schreiben uns das auf die Fahnen.
Wintrich sei zwar nur ein kleines Dorf, doch es gebe viele Möglichkeiten, sich Schritt für Schritt für mehr Nachhaltigkeit einzusetzen, meint Bürgermeister Dennis Binz. Der Strom aus Windkraft sei der Ausgangspunkt gewesen. "Dann sagten wir, ok, wir schreiben uns das auf die Fahnen und versuchen, in dem Bereich weiterzumachen."
Nachhaltiger Tourismus ganz einfach
Wer in Wintrich Urlaub macht, der braucht nicht unbedingt ein Auto. Wer will, der kann mit Bahn und Bus anreisen. In der Touristinformation gibt es viele Tipps für schöne Wander- und Radtouren entlang der Mosel.

Gäste bekommen auf dem Wohnmobilstellplatz und in einigen weiteren Unterkünften ein kostenloses Nahverkehrsticket und können damit gratis die Linienbusse Richtung Trier oder Traben-Trarbach nutzen. Mitten im Dorf steht die himmelblaue Mitfahrerbank. Wer "per Anhalter" einen Ausflug in den Hunsrück machen will, setzt sich einfach hier hin. Es dauert nicht lange, bis jemand anhält.

Viel privates Engagement für Nachhaltigkeit
Es gibt in Wintrich viele Menschen, die aktiv etwas dafür tun, damit der Urlaub an der Mosel nachhaltiger wird. Einer davon ist Koch Markus Plein. Er ist gerade mit Gartenarbeit beschäftigt, denn im Innenhof seines 2024 gebauten Hotels legt er einen Gemüsegarten an. Auch ein Gewächshaus für Kräuter steht in dem Garten. So sehen die Gäste seines Restaurants, wie das Gemüse wächst, das später auf ihre Teller kommt.

Auf dem Dach des Hotels ist eine Photovoltaikanlage, die Seife wird selbst hergestellt. Markus Plein sagt, viele Gäste wüssten mehr Nachhaltigkeit zu schätzen, auch wenn sie ihren Preis habe. Die Erfahrung machen auch Nicole Königschulte und Susanne Vollmar, die in der Touristinformation von Wintrich arbeiten.

Viele Gäste fragten gezielt nach Gastronomie, die in der Küche Produkte aus der Region nutzt. Auch der Dorfladen sei bei Touristen sehr beliebt, sie könnten ihn ganz einfach zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen. Regionale Kartoffeln, selbstgemachte Marmeladen und Honig gehören zum Sortiment.

Wer eine Reise macht, der kauft auch gerne schöne Geschenke ein, vor allem, wenn sie in Handarbeit vor Ort hergestellt sind. Dafür ist in Wintrich der kleine Geschenkeladen von Katherine Schmitt die Anlaufstelle. Selbstgertrickte Socken, genähte Tischsets oder Weinkühler und vieles mehr macht sie in ihrem Atelier selbst und füllt damit die Regale in ihrem Laden.

Urlauber, die zu Fuß durch Wintrich spazieren, kommen gerne spontan rein und suchen nach Mitbringseln für die Nachbarn, die zuhause den Briefkasten leeren oder die Katze füttern, sagt sie. Der Laden liegt mitten im Dorf.
Urlauber zum Thema Nachhaltigkeit
Jetzt zur Zeit rund um Ostern fängt auch in Wintrich die Urlaubssaison an. Auf dem Wohnmobilstellplatz stehen schon einige Wohnmobile. Die Urlauber kommen vor allem aus Nordrhein-Westfalen. Fast neben jedem Wohnmobil stehen Fahrräder. Die meisten bleiben ein paar Tage und fahren mit dem Fahrrad die Mosel entlang oder wandern durch die Weinberge zum Aussichtspunkt "Großer Herrgott".

Es gibt aber beim Thema nachhaltiger Tourismus in Wintrich auch noch Luft nach oben, meint Bürgermeister Dennis Binz. Die Gemeinde betreibt den Wohnmobilstellplatz selbst. 90 Plätze bietet er, pro Tag kostet ein Stellplatz 15 Euro inklusive Strom. Genau das sei eine Schwachstelle, meint er. Der Stromverbrauch sei sehr hoch, knapp 70.000 kw/h im Jahr.

Viele Urlauber achteten wegen der Pauschale gar nicht auf ihren Stromverbrauch, ließen im Sommer den ganzen Tag die Klimaanlage laufen, wenn sie eine Radtour machten. Es wäre besser, wenn jeder den Strom zahlt, den er verbraucht, findet er. Es müsste aber zuerst ein neuer Zähler installiert werden. Dafür setzt er sich ein.
Projekte für mehr Nachhaltigkeit
Der Bürgermeister von Wintrich hat sich zum Nachhaltigkeitsbotschafter ausbilden lassen. Er sieht noch viele Ansatzpunkte, wie Wintrich als Dorf und im Tourismus seinen ökologischen Fußabdruck verbessern kann.

Die Photovoltaikanlagen auf dem Bauhof und der Veranstaltungshalle könnten E-Ladestationen mit Strom versorgen. Es soll ab dieser Saison einen E-Bike Verleih geben. Bauprojekte im Dorf sollen möglichst nachhaltig gestaltet werden. Am Ende sei es aber das Engagement aller, der Einwohner und der Urlauber, die das Thema mit Leben füllen und voranbringen könnten. Geld, diese Projekte umzusetzen sei ja dank der Einnahmen aus der Windkraft auch da, sagt der Bürgermeister.