Rheinland-Pfalz Sind kleine Dörfer in der Region Trier ein Auslaufmodell?
Auch in der Region Trier gibt es viele kleine Gemeinden. Der Landesrechungshof hat Fusionen vorgeschlagen, um Gemeinden leistungsfähiger zu machen. Ortschefs sehen das kritisch.
Rechnungshofpräsident Marcel Hürter sorgt sich um die Leistungsfähigkeit der vielen sehr kleinen Gemeinden in Rheinland-Pfalz. "Wenn eine Gemeinde sehr klein ist, dann wird sie in der Tendenz ihren Aufgaben natürlich schwieriger gerecht werden können als eine Gemeinde mit mehr als 1.000 Einwohnern", sagte Hürter.
Marcel Hürter ist seit Anfang November 2024 oberster Kassenprüfer in Rheinland-Pfalz.
Kleinere Dörfer hätten größere Vorteile
Jennifer-Laura Höfer ist seit 2019 Bürgermeisterin von Baldringen. Das Dorf im Hochwald hat 270 Einwohner. Typisch für Rheinland-Pfalz: alleine 1.600 Orte haben weniger als 1.000 Einwohner. Ein Rekord in Deutschland.
Die Bürgermeisterin ist im Saarland aufgewachsen, wo die Kommunen viel größer sind. Die Kleinteiligkeit in Rheinland-Pfalz sei besser, erzählt Höfer. Es mache zwar mehr Arbeit, Dinge gingen aber auch nicht verloren. Anders als in den größeren Gemeinden im Saarland.
Jennifer-Laura Höfer zog aus dem Saarland hierher und trägt Verantwortung als Bürgermeisterin.
Statt Gemeindefusionen fordert die Baldringer Bürgermeisterin mehr Geld vom Land für kleinere Dörfer: "Wir haben jedes Jahr ein Defizit von rund 40.000 Euro. Für freiwillige Leistungen bleibt so gut wie nichts mehr übrig."
Fläche für Erneuerbare Energien als Ausweg aus der Klemme
Die einzige Möglichkeit zusätzliches Geld einzunehmen seien Flächen für erneuerbare Energien zur Verfügung zu stellen. Für kleinere Anschaffungen, wie neue Bänke auf dem Spielplatz, müssten die Einnahmen aus den Dorffesten herhalten.
Auch Silke Nelles, Bürgermeisterin von Dasburg im Eifelkreis Bitburg-Prüm, will nicht auf die Eigenständigkeit ihrer Gemeinde verzichten. "Was nützt denn eine Fusion mit den ebenfalls finanziell klammen Orten in der Nachbarschaft?", fragt die CDU-Politikerin.
Uns lässt man alleine. Silke Nelles, Bürgermeisterin Dasburg im Eifelkreis
In Dasburg liege das Defizit bei rund 70.000 Euro im Jahr. Um ihre Gemeinde im Sinne des Landesrechungshof leistungsfähig zu halten, fordert Silke Nelles auch mehr Geld vom Land. "Bislang lässt man uns alleine mit den vielen Aufgaben und den Kosten."
Land soll Kommunen stärker finanziell unterstützen
Die Kommunen müssten ausreichend Zuschüsse vom Land bekommen, um ihre Pflichtaufgaben und die freiwilligen Leistungen schultern zu können. Es könne nicht sein, dass man sich wegen der Anschaffung eines Freischneiders für den Gemeindearbeiter schon kritische Fragen der Verbandsgemeinde gefallen lassen müsse, sagt Silke Nelles.
Wir-Gefühl ginge durch Fusion verloren
Auch Damian Marx, Bürgermeister von Korlingen im Landkreis Trier-Saarburg, sieht Fusionen mit Nachbargemeinden kritisch: Durch die Eigenständigkeit entstünde auch ein "Wir-Gefühl" in den Dörfern. Das ginge in größeren Einheiten verloren, sagt Marx. Auch die finanziellen Vorteile durch größere Dörfer bezweifelt der Korlinger Bürgermeister.
Es ist gut so wie es ist. Claudia Thielen, Bürgermeisterin Aach
Claudia Thielen ist seit 2015 Bürgermeisterin von Aach bei Trier. Damals gab es lange keinen Kandidaten für das Bürgermeisteramt. Die dreifache Mutter meldete sich nach langem Überlegen, weil dem Ort sonst der Verlust der Eigenständigkeit gedroht hätte. "Es ist gut so wie es ist. Jede Gemeinde tickt anders." Das unter einen Hut zu bringen, sei nicht einfach, argumentiert Thielen.
Statt größerer Dörfer fordert Claudia Thielen mehr Geld und Hilfe für die ehrenamtlichen Bürgermeister durch die Verbandsgemeinden: "Die Hauptberuflichen in der VG sollten die Ehrenamtlichen in den Dörfern mehr unterstützen." Die Arbeit, die in ihrem Ehrenamt anfalle, sei mit einem Vollzeitjob zeitlich gar nicht vereinbar, sagt Claudia Thielen.
Sendung am Sa., 25.1.2025 6:00 Uhr, SWR4 RP am Morgen, SWR4 Rheinland-Pfalz