In Kaiserslautern sind die gestohlenen Stolpersteine für eine jüdische Familie ersetzt worden.

Rheinland-Pfalz Stolpersteine für jüdische Familie in Kaiserslautern vorläufig ersetzt

Stand: 28.05.2025 21:05 Uhr

Nachdem vorletzte Woche in Kaiserslautern sogenannte Stolpersteine gestohlen wurden, sind am Mittwoch an der gleichen Stelle provisorische Steine verlegt worden. Für die Initiative Stolpersteine in Kaiserslautern ein wichtiges Zeichen gegen Antisemitismus.

Von Nadine Lindacher, Christina Fleischanderl, Sarah Korz

Elisabeth Merkert ist glücklich. Die Sprecherin der Initiative Stolpersteine KL steht in der Kaiserslauterer Innenstadt und blickt auf das Kopfsteinpflaster. Wo vor kurzem noch ein sandiges Loch klaffte, sind jetzt wieder vier gelbe Erinnerungssteine zu sehen. Um die 50 Leute haben sich versammelt, um der jüdischen Familie Hené zu gedenken. Die Steine, die an das Schicksal der Familie während des Nationalsozialismus erinnerten, wurden vor zirka zwei Wochen aus dem Pflaster gehebelt und gestohlen.

Gestohlene Stolpersteine für jüdische Familie vorläufig ersetzt

"Es gibt Mut, weiterzumachen. Vor allem, wenn man sieht, dass es so vielen Leuten wichtig ist, extra herzukommen", sagt Elisabeth Merkert. Die provisorischen Steine für die Familie Hené wurden mit einem 3D-Drucker hergestellt und sind aus Plastik. Sie sollen ein vorläufiger Ersatz für die vier gestohlenen Gedenksteine sein.

In Kaiserslautern sind die gestohlenen Stolpersteine für eine jüdische Familie ersetzt worden.

Die provisorischen Steine für die jüdische Familie Hené werden bei der Mahnwache in Kaiserslautern verlegt. Viele Menschen sind gekommen, um ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen.

Provisorische Steine bis "richtige" Stolpersteine fertig sind

Bis die "richtigen" goldenen Stolpersteine geliefert werden, dauert es noch etwas. "Jeder Buchstabe wird einzeln per Hand in das Messing geschlagen", erklärt Merkert. Das brauche auch seine Zeit. Die Sprecherin der Initiative Stolpersteine KL hofft, dass es in den kommenden Wochen soweit sein wird. Mit den provisorischen Steinen sei aber wieder ein Schritt zur Normalität gemacht.

Man könne die Namen wieder lesen. Das sei wichtig, sagt Merkert. Denn das Motto der Stolpersteine laute: Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.

In Kaiserslautern sind die gestohlenen Stolpersteine für eine jüdische Familie ersetzt worden.

Was tun, dass so etwas in Kaiserslautern nicht nochmal passiert?

Die Stolperstein-Initiative geht davon aus, dass die Gedenksteine aus antisemitischen Gründen gestohlen wurden. So etwas in Zukunft zu verhindern, sei schwierig. Elisabeth Merkert ist davon überzeugt, dass nur Aufklärung etwas bewirken kann.

Kaiserslauterns Oberbürgermeisterin Beate Kimmel (SPD) war auch bei der Mahnwache dabei. Sie glaubt, dass es jetzt mehr Bewusstsein in der Bevölkerung für solche Taten gibt und appelliert an die Bürgerinnen und Bürger einzuschreiten, wenn es nötig ist.

Stolpersteine erstmals auch in Kaiserslautern gestohlen

In anderen rheinland-pfälzischen Städten ist so etwas schon vorgekommen, in Kaiserslautern bisher noch nicht. "Wir hätten nicht gedacht, dass so etwas in Kaiserslautern passiert", sagt Elisabeth Merkert. Sie ist entsetzt über diese Tat. "Wir sind sprachlos. Wir hatten immer den Eindruck, dass das eine ruhige Umgebung hier ist."

Wir hätten nicht gedacht, dass so etwas in Kaiserslautern passiert. Elisabeth Merkert, Sprecherin der Initiative Stolpersteine KL

Die vier geklauten Stolpersteine in der Steinstraße 21 waren der jüdischen Familie Hené gewidmet. Mutter und Vater der Familie sind 1942 in Auschwitz ums Leben gekommen. Die beiden Töchter konnten im Alter von 13 und 16 Jahren nach Palästina fliehen. Sie haben aber ihr Leben lang unter den Ereignissen gelitten, so Merkert.

Polizei ermittelt wegen gestohlener Stolpersteine in Kaiserslautern

Polizei Kaiserslautern ermittelt wegen verschwundener Stolpersteine

Anzeige ist erstattet, die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Bisher gebe es aber noch keine Hinweise auf die Täter. Elisabeth Merkert geht nicht davon aus, dass die Stolpersteine wegen ihres finanziellen Wertes geklaut worden sind. Zwar seien auf den Steinen Messingplatten angebracht, die schon einen Wert hätten. Sich aber die Arbeit zu machen, die Steine extra aus dem Boden zu reißen, das dürfte für profitgierige Diebe den Aufwand nicht wert sein, sagt Merkert. Die Sprecherin vermutet, dass die Steine nachts entfernt worden sind.

Bürgermeister von Kaiserslautern ebenfalls entsetzt über Tat

Auch die Stadtspitze ist davon überzeugt, dass es bei der Tat nicht um Vandalismus ging. Vielmehr dränge sich der Verdacht auf, dass es sich um einen bewussten antisemitisch motivierten Angriff auf die Erinnerungskultur handelt. Die Stadt verurteile diese Tat auf das Schärfste.

Kaiserslauterns Bürgermeister Manfred Schulz sagt dazu: "Dieser feige Akt der Zerstörung ist nicht nur ein Angriff auf die Erinnerung an die Opfer des Holocaust. Sondern auch ein Angriff auf die Werte unserer Stadt: Respekt, Menschlichkeit und das entschiedene Eintreten gegen Antisemitismus, Hass und Gewalt."

Stolpersteine für jüdische Familie in Kaiserslautern geklaut

Da die Stolpersteine Teil des öffentlichen Straßenraums sind, handele es sich um das Eigentum der Stadt Kaiserslautern. Die Stadt plant daher ebenfalls, Strafanzeige bei der Polizei zu stellen.

Wir verurteilen diese Tat auf das Schärfste. Manfred Schulz, Bürgermeister der Stadt Kaiserslautern

Landesregierung zeigt sich schockiert über Vorfall

Die Beauftragte des Ministerpräsidenten für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen, Monika Fuhr, zeigte sich ebenfalls entsetzt über die Tat in Kaiserslautern. "Die gewaltsame Entfernung der Stolpersteine ist auch ein Angriff auf unsere Erinnerungskultur“, so Fuhr in einem Statement. Sie bezeichnet das Entfernen der Steine als antisemitischen Angriff auf die Würde jüdischer Bürgerinnen und Bürger. Die Beauftragte sicherte der Jüdischen Gemeinde der Rheinpfalz, der Initiative Stolpersteine Kaiserlautern sowie der Stadt Kaiserlautern ihre Solidarität und Unterstützung zu.

Initiative Stolpersteine kämpft gegen das Vergessen

Die Stolperstein-Initiative gedenkt der Verfolgten des Nationalsozialismus. In der Mehrheit jüdischer, aber auch politischer, homosexueller, unangepasster Menschen und Euthanasie-Opfer.

Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, einerseits konkret an die damaligen Mitbürger mit ihren Namen vor ihren Häusern zu erinnern. Und andererseits darauf hinzuweisen, wie schutzlos die Menschen dem diktatorischen NS-Regime ausgeliefert waren. So etwas dürfe nie wieder geschehen.

Sendung am Mi., 28.5.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP

Gedenken an den Holocaust