Diana Kühner-Mert

Saarland Streit um NGO-Förderung: "Der Aha-Effekt bei der CDU dürfte ausbleiben"

Stand: 05.06.2025 13:35 Uhr

Die CDU-Landtagsfraktion hatte viel Unmut auf sich gezogen, als sie im März – nach einem aufgeladenen Bundestagswahlkampf – eine parlamentarische Anfrage an die SPD-Alleinregierung stellte, welche Nichtregierungsorganisationen im Saarland öffentlich gefördert und wie deren Aktivitäten kontrolliert würden. Dass das eine Reaktion auf Massendemonstrationen vor der Wahl war, in der tausende gegen eine gemeinsame Abstimmung der CDU im Bundestag mit der AfD protestierten, geht zwar aus der Anfrage nicht hervor, wohl aber aus Interviews mit ihrem Verfasser, Raphael Schäfer. Nun ist die Antwort der Landesregierung da – samt bissiger Kommentierung der Fragen zwischen den Zeilen. Diana Kühner-Mert kommentiert.

Kommentar von Diana Kühner-Mert

Dass die Antwort der Landesregierung dem Fragesteller nicht gefällt, verwundert nicht. Der Ton auf sieben DIN-A 4 Seiten ist bissig bis arrogant – und verweist darauf, dass die Antworten auf die Fragen der CDU-Fraktion – welche Organisation mit wieviel Geld warum gefördert wurde und wird – frei zugänglich im Netz zu finden seien. Inklusive Bedienungsanleitung. Der Fragesteller steht da wie ein gemaßregelter Schulbub – das ist schon derb.

Demokratiezersetzende Einmischung

Der Aha-Effekt bei der CDU dürfte hingegen ausbleiben – denn natürlich weiß die Fraktion, wo die Infos stehen. Der Zweck der Anfrage war ein ganz anderer, ein populistischer: Organisationen und die darin wirkenden Menschen zu diskreditieren, die vor der Wahl ziemlich öffentlichkeitswirksam die Politik der CDU kritisiert hatten – also die gemeinsame Abstimmung etwa mit der AfD im Bundestag in Fragen der Migration.

Demokratiezersetzend sei diese Art der politischen Einmischung. Die staatliche Förderung wurde infrage gestellt. Nur einen Monat nach dieser so geprägten Anfrage stellte die CDU-Fraktion dann einen ganz anderen Antrag im Landtag: das Ehrenamt nämlich stärker zu fördern, insbesondere die Arbeit politischer Jugendverbände, also auch der Jungen Union – die SPD-Landesregierung hatte diesen zuvor Zuschüsse gestrichen, über alle politischen Lager hinweg. Die Argumente der CDU-Fraktion passen hier nicht zusammen: öffentliche Förderung politischer Arbeit ja, aber nur dann, wenn sie der CDU nicht weh tut?

Gelebte Meinungsfreiheit

Alle politischen Akteure insbesondere im Saarland sollten froh sein, dass das zivilgesellschaftliche Engagement hierzulande überdurchschnittlich hoch ist – denn die Finanzkraft des Landes ist unterdurchschnittlich gering. An allen Ecken und Enden muss gespart werden – an Spielplätzen und Straßen, an Festen, Schwimmbädern, Jugendzentren und und und. Es sind die Vereine, die das auffangen, was der Staat hier nicht leisten kann. Ihnen ist es zu verdanken, dass etwa Kinder und Jugendliche Sport treiben, die Umwelt schützen, sich um Schwächere kümmern statt auf eben solche loszugehen – aus Langeweile, angestachelt von rechten Influencern, die unser System zersetzen wollen.

Wo Menschen sich treffen, wird gesprochen – auch über Politik. Auch über einen parlamentarischen Flirt der CDU mit der AfD. Dass einige dieser Menschen dann gemeinschaftlich ihren Unmut kundtun, ist nicht demokratiezersetzend, es IST Demokratie. Es ist gelebte Meinungsfreiheit. Es ist Teil eines Diskurses. Es dient dem Ringen um den Erhalt von Menschlichkeit, die in den aktuellen politischen Debatten allzuoft hinten ansteht.

Nicht mit Geld zu bezahlen

Wenn im Obst- und Gartenbauverein, bei der Feuerwehr, bei Flüchtlingshilfsvereinen, im Fußballclub oder bei den Landfrauen zum Beispiel geflüchtete Menschen mitmachen, dann nennt man Integration. Was dort geschieht, ist so wertvoll, dass es mit Geld gar nicht zu bezahlen ist. In ostdeutschen Bundesländern etwa gab es gewachsene Vereinsarbeit über Jahrzehnte nur wenig – sicher ein Grund für die politische Stimmung dort.

Man kann nur hoffen, dass das unselige Kapitel dieser Anfrage mit der Antwort nun abgeschlossen ist. Arroganz gegenüber der Opposition ist niemals gut – und man hätte sie sich auch hier verkneifen können. Genauso wie die Ignoranz gegenüber dem Ehrenamt insgesamt in der Fragestellung.

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Ein Thema aus der Sendung "Guten Morgen" am 24.04.2025 auf SR 3 Saarlandwelle