Sachsen-Anhalt Im Handwerk: Wirtschaft kritisiert wenig Fortschritt bei Bürokratieabbau
In Sachsen-Anhalt gibt es Kritik – und zwar an dem Bürokratieabbau, der zu langsam voran geht, wie die Handwerksbetriebe und Handelskammern finden. Um auf bürokratische Probleme hinzuweisen, gibt es ein Online-Portal, das die Landesregierung im März veröffentlicht hat. Doch das werde bisher selten genutzt.
Industrie und Handwerk in Sachsen-Anhalt kritisieren, dass es trotz politischer Versprechen bislang nur wenig Fortschritt beim Bürokratieabbau gebe. Trotz eines Portals zur Meldung von zu viel Bürokratie, habe sich für die Betriebe nichts geändert, kritisiert der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg, Burghard Grupe. "Das Thema Bürokratie ist in der politischen Diskussion endlich wieder ein Stück weit nach oben gerückt", sagt Grupe. "Jetzt müssen Taten folgen."
Jetzt müssen Taten folgen. | Burghard Grupe, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg
Online-Portal um Bürokratie zu melden seit März
Im März dieses Jahres hatte die Landesregierung ein Online-Portal freigeschaltet, über das Bürger oder Unternehmen Beispiele für zu viel Bürokratie melden können. Ziel sei es, unnötige Bürokratie abzubauen, hieß es damals in der Ankündigung. Wie die Staatskanzlei mitteilte, gab es in diesem Jahr rund 70 Hinweise. Diese seien überwiegend an die fachlich zuständigen Ministerien und Behörden weitergeleitet worden. Pro Monat besuchten demnach im Schnitt etwa 570 Nutzerinnen und Nutzer die Seite.
Hinweise gebe es vor allem zu einer stärkeren Digitalisierung, dem Wegfall paralleler Berichtspflichten etwa bei Statistiken sowie einfacheren und einheitlichen Formularen, so ein Sprecher der Staatskanzlei. Das Portal sei ein Angebot an Bürgerinnen und Bürger, sich mit konkreten Beispielen zum Bürokratieabbau aktiv einzubringen.
Könnte ein Normenkontrollrat helfen?
Auf der Homepage des Online-Portals steht als Erklärung: "Der konsequente Abbau von Bürokratie ist im Koalitionsvertrag vereinbart und daher ein zentrales Anliegen der Landesregierung. Darum sind Sie gefragt, die Landesregierung auf unliebsame Amtsschimmel hinzuweisen." Und hinweisen tun nicht nur die Handwerksbetriebe und Handelskammern, sondern im September beispielsweise auch die Landtagsparteien, die sich alle für einen Bürokratieabbau in der Politik ausgesprochen haben. Die CDU-Landtagsfraktion teilte damals auf Anfrage mit: "Derzeit denkt die CDU-Landtagsfraktion über die Einsetzung eines parlamentarischen Gremiums zur Erarbeitung und Begleitung konkreter Entbürokratisierungsmaßnahmen nach."
Daraufhin hat die schwarz-rot-gelbe Koalition die Idee eines sogenannten Normenkontrollrat erarbeitet, der dabei helfen solle Bürokratie abzubauen und diese bei der Einführung neuer Gesetze zu vermeiden. Guido Kosmehl, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, kommentierte das Vorhaben Anfang Dezember: "Wir müssen schauen, wo es zu viel Bürokratie für Bürger und Unternehmen gibt." Die Auswirkungen von Gesetzen und Verordnungen sollen damit von Anfang an auf ihre Praxistauglichkeit überprüft werden. Der dazugehörige Gesetzesentwurf wurde im vergangenen Landtag thematisiert und an die Ausschüsse für "Recht, Verfassung und Verbraucherschutz" und "Wirtschaft und Tourismus" überwiesen. Laut Informationen der Deutschen Presseagentur könnte das Gremium noch im ersten Halbjahr 2025 eingesetzt werden.
Über den Normenkontrollrat in Sachsen-Anhalt
Der Landtag von Sachsen-Anhalt schreibt auf seiner Homepage über den Gesetzentwurf zum Normenkontrollrat: "Der von den Fraktionen CDU, SPD und FPD eingebrachte Gesetzentwurf zur Einsetzung eines Normenkontrollrats hat das Ziel, die Qualität der Gesetzgebung in Sachsen-Anhalt zu verbessern. Der Normenkontrollrat soll als verwaltungsexternes, unabhängiges Expertengremium die Ministerien bei der Vorbereitung von Regelungsvorhaben unterstützen. Damit soll sichergestellt werden, dass Gesetze und Verordnungen in Sachsen-Anhalt praxisgerecht, verständlich und rechtssicher sind."
Im entsprechenden Gesetzentwurf heißt es weiter, dass der Normenkontrollrat aus sechs Mitgliedern bestehen solle, die von der Ministerin oder dem Minister, die oder der für die Angelegenheiten der Rechtsetzung ständig ist, berufen werden. Die Amtszeit dauere fünf Jahre. "Die Mitglieder sollen aus den Bereichen der Politik, der Wissenschaft und der Wirtschaft, den kommunalen Gebietskörperschaften sowie zivilgesellschaftlichen Gruppen kommen. Frauen und Männer sollen gleichermaßen vertreten sein. Die Mitglieder sollen Erfahrungen in Angelegenheiten der Rechtsetzung oder Rechtsanwendung innerhalb staatlicher oder gesellschaftlicher Institutionen gesammelt haben", so die Angabe im Gesetzentwurf.
Problem vor allem für kleine Betriebe
"Bürokratie ist gerade für die kleinen Betriebe des Handwerks ein Problem", sagt der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle, Dirk Neumann. "Es gibt kaum Unternehmen, die bürokratische Auflagen bejubeln, sondern die Grundaussage ist: Lasst uns tun, was wir am besten können – in unserem Handwerk."
Es gibt kaum Unternehmen, die bürokratische Auflagen bejubeln, sondern die Grundaussage ist: Lasst uns tun, was wir am besten können – in unserem Handwerk. | Dirk Neumann, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle
Vieles davon sei allerdings auf Bundesebene geregelt. Allerdings würden die Handwerker nicht zwischen Bundes-, Landes- oder EU-Ebene unterscheiden. Von den Betrieben sei bislang noch keine deutliche Abnahme von Bürokratie gespiegelt worden. "Im Gegenteil." Allerdings sei es dem Land auch gelungen, etwa bei Programmen zum Schülerferienpraktikum, dem Meisterbonus oder der Meistergründungsprämie, diese bürokratiearm zu halten.
Vor allem die EU mache viele Vorgaben
"Der Abbau bürokratischer Lasten ist eine Daueraufgabe", sagt der Geschäftsführer für Standortpolitik bei der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, Hendrik Senkbeil. "Die Bürokratiebelastung steigt jedoch in der Praxis immer weiter an." Speziell die EU überziehe die Wirtschaft mit immer neuen Anforderungen und Berichtspflichten. Senkbeil kritisiert, dass die Online-Plattformen zur Meldung nur wenig bekannt seien. Es handele sich um reine Meldeplattformen und es sei nicht ersichtlich, was dort bereits gemeldet und was angegangen worden sei.
Die Digitalisierung der Verwaltung sieht der IHK-Geschäftsführer dabei allerdings erst als den zweiten Schritt an. Zunächst müsse es eine strikte Aufgabenkritik des Staates geben. Wenn nicht darauf geschaut werde, ob der Staat überhaupt die richtigen Dinge tue, werde es keinen echten Bürokratieabbau geben.
Vorschläge für einen Bürokratieabbau
Die IHK Magdeburg wies darauf hin, dass bereits zahlreiche Vorschläge für einen Bürokratieabbau auf dem Tisch lägen. Verwaltungsprozesse müssten vereinfacht werden, für jede neue Regelung müsse eine alte wegfallen und in den Kommunalverwaltungen müssten Beauftragte für den Bürokratieabbau eingesetzt werden. Die Kammern starteten im vergangenen Jahr auch ein eigenes Portal zum Bürokratieabbau. Hier sollen erste Ergebnisse im Laufe des ersten Quartals vorliegen.
dpa, MDR (Johanna Daher)