Eine Katze steht aufmerksam auf einem Rasen.

Schleswig-Holstein Artenschutz: Braucht Schleswig-Holstein einen Katzenführerschein?

Stand: 18.04.2025 17:33 Uhr

Das Land Schleswig-Holstein hat eine Katzenschutzverordnung auf den Weg gebracht. Dem Landesjagdverband geht das nicht weit genug. Er fordert einen verpflichtenden Sachkundenachweis für Katzenhalter.

Für die einen sind sie ein geliebtes Haustier, andere sehen durch Katzen den Artenschutz bedroht. Inwieweit Vorgaben nötig sind, um sicherzustellen, dass Katzen in Schleswig-Holstein verantwortungsvoll gehalten werden, ist umstritten. Neben den Katzen, die bei Menschen leben und regelmäßig raus dürfen, leben Schätzungen zufolge 75.000 verwilderte Katzen in Schleswig-Holstein. Zu viele, sagt Marcus Börner, Geschäftsführer beim Landesjagdverband: "Jede Katze frisst etwa 200 Kleintiere, also Kleinsäuger, Vögel, Reptilien pro Jahr, was einen erheblichen Einfluss auf die Vielfalt in der Landschaft haben kann. Wir reden immerhin von 15 Millionen Kleintieren."

Besonders viele Tiere trifft das zur Brut- und Setzzeit, die von April bis Juli dauert, bei einigen Tieren jedoch auch schon früher begonnen hat. Katharina Erdmann, Landestierschutzbeauftragte und Leiterin des Wildtier- und Artenschutzzentrums in Klein Offenseth-Sparrieshoop (Kreis Pinneberg), hat schon im Februar die ersten Anrufe von Katzenbesitzern bekommen, deren Tiere einen jungen Feldhasen gebracht haben. Besonders häufig werden im Frühjahr junge Singvögel von Katzen gefangen, die noch nicht selbst fliegen können.

Zwei Hasen liegen dicht beieinander im Stroh.

Im Wildtier- und Artenschutzzentrum werden unter anderem kleine Feldhasen aufgepäppelt, die von Katzen gefangen wurden und überlebt haben.

Katzenführerschein: Das steckt dahinter

Während der Brut- und Setzzeit sollten Katzen keinen Freigang haben, fordert der Landesjagdverband. Außerdem spricht er sich für die Einführung eines Sachkundenachweises, quasi eines Katzenführerscheins aus. Dieser sei zwingend notwendig, "damit sich künftige Katzenhalter mit dem Thema Hauskatze auseinandersetzen, ihrer Gesundheit, der Ernährung, dem Sozialverhalten, dem Thema Krankheiten und dem Einfluss auf Natur und Umwelt. Da haben wir große Probleme", so Börner.

Wie genau der Sachkundenachweis gestaltet werden soll, ist auch dem Landesjagdverband noch nicht klar. Er sieht die Landesregierung oder auch die Veterinärbehörden in der Verantwortung. "Es gibt Bundesländer, da gibt es etwas ähnliches für Hunde. Dort stellen die Tierärzte entsprechende Fragen und man kann einen Sachkundenachweis ablegen." So etwas könne man sich für Katzen auch vorstellen.

Marcus Börner, Geschäftsführer des Landesjagdverbands, steht im Freien und blickt in die Kamera.

Marcus Börner vom Landesjagdverband hält einen Sachkundenachweis für Katzenhalter für zwingend notwendig.

Auch Erdmann findet, dass sich Katzenhalter ihrer Verantwortung bewusst sein sollten. Ein Sachkundenachweis sei dafür gut. Doch bei der Umsetzbarkeit sieht sie Schwierigkeiten. "Die Frage ist, wer bietet diesen Sachkundenachweis-Kurs an und wo? Wie können sich die Leute nachweislich sachkundig machen und die Prüfung ablegen? Bei der Großzahl an Katzenhaltern oder neuen Katzenhaltern, die wir im Zweifel haben, kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass das umsetzbar ist", sagt Erdmann.

Katzenschutzverordnung soll Halter in die Pflicht nehmen

Sie sieht wirksame Maßnahmen in der Registrierungs- und Kastrationspflicht, die mit der Katzenschutzverordnung kommen soll, an der das Land gerade arbeitet. Die Zahl der wild lebenden Katzen ist laut Erdmann unter anderem so hoch, weil viele Hauskatzen nicht kastriert sind und von ihren Besitzern unbemerkt draußen Nachwuchs produzieren.

Eine Frau im Interview, auf ihrem Pullover steht "Wildtier- und Artenschutz".

Katharina Erdmann möchte Katzenhaltern keinen Vorwurf machen, sondern sie dafür sensibilisieren, welche Auswirkungen ihre Tiere auf die Umwelt haben können.

Kastration sei ein wichtiger Faktor, denn "jede Katze, die keinen Nachwuchs mehr bekommen kann, sorgt dafür, dass unsere Tierheime nicht weiter überfüllt werden", sagt die Landestierschutzbeauftragte. Zudem müsse eine Registrierungspflicht eigentlich schon im Eigeninteresse der Katzenbesitzer liegen, meint Erdmann. Falls ein Tier mehrere Tage nicht nach Hause komme und schließlich irgendwo aufgefunden werde, könne es zugeordnet werden. Auch der Landesjagdverband begrüßt die Maßnahmen und erachtet sie als zwingend notwendig, um die Zahl der Katzen zu reduzieren. Zudem sei es für die Jägerinnen und Jäger wichtig zu wissen, ob Katzen ein Zuhause haben oder verwildert sind und gegebenenfalls entnommen werden dürfen.

Hier gilt bereits eine Katzenschutzverordnung

Einige wenige Kommunen in Schleswig-Holstein haben bereits eine Katzenschutzverordnung. In Neumünster beispielsweise ist sie Anfang April in Kraft getreten. In Itzehoe (Kreis Steinburg) gibt es eine solche Verordnung seit 2024. Bußgelder mussten dort noch nicht verhängt werden. "Wir gehen, wie vor der Katzenschutzverordnung auch, in der Regel erst einmal den Weg über den Tierschutzverein und versuchen so an die Besitzer zu appellieren, ihre Katzen im eigenen Interesse kastrieren und chippen zu lassen", so ein Stadtsprecher.

Katzenschutzverordnung in Mölln: Flächendeckende Kontrollen nicht möglich

In Mölln (Kreis Herzogtum Lauenburg) habe der Tierschutzverein seit Inkrafttreten der Katzenschutzverordnung 2019 weniger verwilderte Katzen registriert, teilt die Stadt mit. Ob dies konkret auf die Verordnung zurückgeführt werden könne, sei aber unklar. Laut Stadt hat die Verordnung keinen großen Bürokratieaufwand ausgelöst. Allerdings gebe es Kontrollen auch nur in besonderen Fällen. Flächendeckend seien Kontrollen aus Personal- und Zeitgründen nicht möglich.

Ein Vogelnest unter einer Baumkrone.

Durch die Katzenschutzverordnung soll unter anderem die Zahl der frei lebenden Katzen eingedämmt werden, womit weniger Katzen Jagd auf andere Tiere wie Vögel machen könnten.

Während unklar ist, wann die Katzenschutzverordnung für ganz Schleswig-Holstein kommt, gibt es schon seit Jahren eine Aktion, die darauf abzielt, die Zahl der verwilderten Katzen zu begrenzen und damit auch die überfüllten Tierheime zu entlasten.

Katzenkastration: Frühjahrsaktion war erfolgreich

Zweimal jährlich findet in Schleswig-Holstein die sogenannte Katzenkastrationsaktion statt. Bei der ersten Aktion 2025 von Mitte Februar bis Ende März wurden laut Landwirtschaftsministerium fast 1.900 Katzen kastriert. Das waren in etwa so viele wie bei beiden Aktionen im vergangenen Jahr zusammen. Zum ersten Mal konnte die Aktion über den gesamten Zeitraum hinweg durchgeführt werden. Bisher war sie immer vorzeitig abgebrochen worden, weil das Geld aufgebraucht war, heißt es von der Tierärztekammer. Diesmal stand zusätzliches Geld aus der Umweltlotterie bereit. Wie viele Katzen kastriert werden, hängt davon ab, wie viele wildlebende Tiere von Ehrenamtlichen eingefangen und zu den Tierarztpraxen gebracht werden.

Eine Katze hinter Gebüsch.

In Schleswig-Holstein findet zweimal pro Jahr die Katzenkastrationsaktion statt. Ehrenamtliche Helfer fangen verwilderte Katzen und bringen sie für die Kastration in Tierarztpraxen.

Zum Ende des Zeitraums waren 114.000 Euro übrig, die nun für die Herbstaktion verwendet werden sollen. Der Topf werde dann wieder gut gefüllt sein, so die Tierärztekammer. Denn auch von Gemeinden fließe noch Geld. Sie übernehmen immer rückwirkend die Hälfte der bei ihnen entstandenen Kosten. Seit Beginn der Kastrationsaktion 2014 wurden mehr als 30.000 Katzen landesweit kastriert. In rund 60 Prozent handelt es sich um weibliche Tiere.

Verantwortungsvoll mit Katzen umgehen: Tipps für Katzenhalter

Während sich sowohl Tierschützer als auch Jäger in Schleswig-Holstein dafür aussprechen, die Zahl der frei lebenden Katzen zu begrenzen, gibt es aus ihrer Sicht jedoch auch Möglichkeiten, die Bedürfnisse der Katze mit dem Schutz ihrer Umwelt zu vereinbaren. "Katzen sollten natürlich im besten Fall Freigang haben, weil die Tiere auch ihre Bedürfnisse haben", sagt Katharina Erdmann. Ihr Vorschlag lautet, Katzen nachts im Haus lassen und den Freigang in der Brut- und Setzzeit seltener ermöglichen.

Eine weitere Möglichkeit ist, die Katze nur im eigenen Garten freizulassen. "Es gibt die Möglichkeit, mit Netzen zu arbeiten und das eigene Grundstück entsprechend einzuzäunen. Idealerweise hängen die Katzenbesitzer dann natürlich keinen Nistkasten oder eine Vogel-Futterstelle in ihrem Garten auf, um Vögel dort nicht zu gefährden", sagt Börner.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 18.04.2025 | 19:30 Uhr