
Schleswig-Holstein Wohnmobil-Diebstahl in SH: So schützen Sie Ihren Camper
Ein Urlaubstraum auf vier Rädern - für viele ist das Wohnmobil mehr als nur ein Fahrzeug. Umso größer der Schock, wenn der Camper plötzlich geklaut wird. Doch das lässt sich schon mit einfachen Mitteln verhindern.
Am Osterwochenende trifft es gleich drei Camper in Kiel: Ihr Wohnmobil ist weg, gestohlen von öffentlichen Parkflächen in Elmschenhagen und Schilksee. Einer von ihnen ist Holger Naggert. Holger hatte Glück: Sein Fiat Ducato tauchte wenige Tage später im rund 35 Kilometer entfernten Nortorf (Rendsburg-Eckernförde) wieder auf. Einer aufmerksamen Anwohnerin war das Fahrzeug am Straßenrand aufgefallen, berichtet Naggert NDR Schleswig-Holstein. Und als sich über Nacht plötzlich die Kennzeichen am Fahrzeug geändert hatten, rief die Anwohnerin schließlich die Polizei. Einen Tag später konnte Naggert das Wohnmobil dann vom ADAC in eine Werkstatt schleppen lassen.
Autodiebe nehmen offenbar vermehrt Wohnmobile ins Visier
Wohnmobile, Busse und Camping-Vans stehen nicht nur bei Abenteurern und Fans von Kurz-Trips hoch im Kurs. Auch für Diebe und Banden stellen die rollenden Ferienhäuser lukrative Ziele dar. In Schleswig-Holstein nehmen Autodiebe offenbar vermehrt Wohnmobile ins Visier: Nach Angaben der Landespolizei hat sich der Wohnmobil-Anteil an den sogenannten Kfz-Sachwert-Delikten seit dem vergangenen Jahr in SH verdreifacht. Dazu zählen sowohl der Diebstahl und Raub von Fahrzeugen als auch deren Unterschlagung und Betrug.
In diesem Jahr wurden demnach bereits 16 Wohnmobile in Schleswig-Holstein entwendet - in sieben Fällen scheiterte der Diebstahl. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sagt: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Camping-Kraftfahrzeug geklaut wird, sei generell mehr als drei Mal so hoch wie bei normalen Pkw. Laut GDV-Sprecherin Ulrike Schulz entstehe bundesweit jedes Jahr ein Gesamtschaden durch Wohnmobil-Diebstähle in Höhe von rund 24 Millionen Euro.
Schleswig-Holstein: Höchste Wohnmobil-Dichte bundesweit
In keinem anderen Bundesland ist die Wohnmobil-Dichte so hoch wie in Schleswig-Holstein: Nach Daten des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) sind aktuell knapp 3,3 Prozent aller zugelassenen Fahrzeuge im Land Wohnmobile. Bundesweit liegt die Quote nur bei 1,8 Prozent.
So sind derzeit mehr als 56.000 Wohnmobile in Schleswig-Holstein zugelassen. Während der Corona-Pandemie schnellten die Neuzulassungen in die Höhe. Mittlerweile scheinen sich die Zahlen wieder auf dem Niveau von vor 2020 einzupendeln.
Vom KBA werden alle Fahrzeuge als Wohnmobil erfasst, die die gesetzlichen Kriterien für die "Fahrzeugklasse M mit besonderer Zweckbestimmung" erfüllen, also auch Camper-Kastenwagen und umgebaute Vans mit fest verbauter Ausstattung.
Camper sicher parken: Nicht jeder hat einen Stellplatz
Diebe haben es meist auf hochwertige Fahrzeuge abgesehen. Besitzern rät die Polizei, Wohnmobile nicht über einen längeren Zeitraum unbeobachtet auf öffentlichen Parkplätzen oder an der Straßenseite abzustellen. Doch viele Camper, die in der Stadt wohnen, haben oft weder einen gesicherten Stellplatz noch eine Garage.
Insbesondere für sie macht es Sinn, das Fahrzeug mit zusätzlichen Mitteln vor Diebstahl zu schützen. Auch wenn es laut Rainer Pregla vom ADAC Schleswig-Holstein keinen absoluten Schutz gibt, empfiehlt der Experte allen Wohnmobil-Besitzern einen Mix aus mechanischen Barrieren und elektronischer Überwachung. Von Bluetooth- und GPS-Trackern über Lenkrad- und Parkkrallen bis hin zu per App steuerbaren Alarmanlagen: Die Bandbreite an Sicherungsmaßnahmen ist groß - wie auch die Preisspanne. Ein Überblick:
Wohnmobil gegen Diebstahl schützen: Diese Maßnahmen gibt es
Krallen für Rad und Lenkrad - Sichtbare Hürden für wenig Geld
Die meisten modernen Fahrzeuge verfügen zwar über eine elektronische Wegfahrsperre, doch laut ADAC sind professionelle Diebe oft schon einen Schritt weiter. Mechanische Sicherungen wie Rad- und Lenkradkrallen sowie Pedalsperren bieten daher eine zusätzliche, sichtbare Hürde. Laut Rainer Pregla haben sie eine abschreckende Wirkung, denn Diebe kosten sie oft wertvolle Zeit. Die Krallen gibt es beim Camping-Händler bereits ab etwa 40 Euro. Prüfen Sie vor dem Kauf das Felgenmaß oder den Lenkraddurchmesser ihres Fahrzeugs.
Fenster und Türen verstärken - Kleiner Aufwand, große Wirkung
Luken, Türen und Fenster zum Innenraum werden laut GDV gerne von Dieben aufgehebelt. Sie sind meist nur durch dünne Kunststoff- oder Metallrahmen gesichert. Der ADAC rät dazu, Wohnmobile mit Zusatzschlössern, Klemmstangen oder Sicherheitsriegeln auszustatten. So verhindern Sie Dieben den schnellen Zugang zum Fahrzeug. Das Zubehör gibt es schon ab etwa 50 Euro.
Bluetooth- und GPS-Tracker - Fluch und Segen zugleich
Geräte, die helfen können, wenn es eigentlich schon zu spät ist: Bluetooth-Tracker. Sie sind klein, kosten nur um die 20 Euro und brauchen weder Internet noch GPS, da sie die Verbindung zu anderen Geräten nutzen, um ihre Position indirekt an den Besitzer zu übermitteln. Doch für den Einsatz als Diebstahlschutz eignen sich die Tracker nur bedingt. Denn sie können auch von Fremden per Android- oder iPhone-App lokalisiert und per Ton-Wiedergabe geortet werden - eine Anti-Stalking-Maßnahme der Hersteller.
Auch GPS-Tracker lassen sich mit entsprechenden Detektoren ausfindig machen, jedoch ist das weitaus schwieriger. Die Geräte ermöglichen weltweites und metergenaues Tracking in Echtzeit, benötigen aber stets eine SIM-Karte. Somit fallen zu den Anschaffungskosten von 150 bis 200 Euro meist monatliche Abo-Gebühren an.
Elektronische Systeme - Unsichtbarer Hightech-Schutz
Auch in neuen Wohnmobilen mit hohen Listenpreisen sind oft keine Alarmanlagen ab Werk installiert. Doch sie können nachgerüstet werden. Laut ADAC werden dafür bei Camping-Fahrzeugen meist Funksensoren an den Türen und Luken des Aufbaus verwendet. Demnach sollte der Einbau aber von einem Fachbetrieb durchgeführt werden, da die Systeme bestimmten Richtlinien entsprechen und zum Beispiel auch über eine Notstromversorgung funktionieren müssen. Kostenbeispiel: Der Caravanpark in Osterrönfeld (Rendsburg-Eckernförde) verlangt für den Einbau eines Komplettsystems nach eigenen Angaben etwa 3.350 Euro.
Einer der beliebtesten Anbieter von Alarmanlagen sitzt in Schleswig-Holstein, Thitronik in Eckernförde. Die Firma vertreibt die Systeme zum Preis von knapp 500 Euro ohne Einbau. Es gibt auch ein Modell für Selbstausbauer und Besitzer von alten Wohnmobilen ohne CAN-Bus für 300 Euro.
Wohnmobil geklaut oder aufgebrochen? Diese Versicherungen greifen
Eine Teilkasko-Versicherung deckt nicht nur Schäden am Wohnmobil durch Feuer, Naturgewalten, Wild und Glasbruch ab. Inbegriffen ist laut GDV auch die Entschädigung nach einem Diebstahl.
Doch wie sieht es beim Einbruch ins Fahrzeug aus? Auch hier hilft die Teil- oder Vollkasko - allerdings nur, wenn es um fest verbaute Teile wie einen Kühlschrank oder Bord-Computer geht. Loses Inventar wie zum Beispiel eine Powerstation, Laptop oder E-Bike muss laut GDV separat abgesichert werden. Die Außenversicherung der Hausratversicherung greife in der Regel nicht. Stattdessen empfehlen die Versicherer eine spezielle Inhaltsversicherung für Wohnmobile und Wohnwagen.
Besonders beliebt bei Dieben: Fiat und Citröen
Dass ein geklautes Wohnmobil wie im Fall von Holger Naggert nach nur wenigen Tagen wieder auftaucht, ist laut Jan Winkler von der Landespolizei die Ausnahme. Meist werden die Fahrzeuge per Kurier oder Transporter zügig ins osteuropäische Ausland verfrachtet, um dort weiterverkauft zu werden. Nach seinen Angaben stecken organisierte Banden hinter den Diebstählen in Schleswig-Holstein. Besonders abgesehen haben sie es laut Statistik auf Wohnmobile mit Basisfahrzeugen der Marken Fiat und Citröen.
Diebstahl-Opfer Holger Naggert: "Hoher emotionaler Wert"
Naggert hat nach dem Diebstahl seines liebevoll "Jördis" genannten Wohnmobils keine Zeit verloren und zusätzliche Sicherungen eingebaut. Die Tür zum Wohnraum, für deren Aufbruch die Diebe offenbar lediglich einen Schraubenzieher benötigten, ist nun mit einem robusten Metallschloss gesichert. Darüber hinaus soll ein mechanisches Lenkradschloss das leisten, wofür ursprünglich die elektrische Wegfahrsperre allein verantwortlich war. Die Diebe hatten sie aber mit einem mitgebrachten Gerät über die OBD-Buchse deaktiviert.

"Jördis" gehört zur Familie Naggert. Nach dem Diebstahl an Ostern setzte die Familie alle Hebel in Bewegung: Auf Social Media reagierten mehr als 3.000 Menschen auf ihren Hilfe-Aufruf.
Der Schock, als das Wohnmobil plötzlich nicht mehr in der Parklücke stand, saß tief, erinnert sich Naggert. Sein Sohn sei damals mitgekommen zur Polizeiwache und habe die Beamten gefragt: "Habt ihr unsere Jördis gesehen?" Ein Wohnmobil sei eben doch mehr als nur ein Sachwert, stellt Naggert fest: "Nach fünf Jahren und vielen Kilometern Familienurlaub - der Sohnemann ist quasi darin aufgewachsen - hängen da einfach viele Emotionen dran."
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NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 28.05.2025 | 08:00 Uhr