
Thüringen "Mega-Erfahrung": Thüringer Jung-Unternehmer werben um Geld von Investoren
Gründer und Kapitalgeber treffen sich zu den Investor Days Thüringen in Erfurt. Dabei hoffen junge Unternehmer auf große Deals für ihre Produkte. Der Freistaat hilft - nicht nur bei der Vermittlung, sondern mitunter auch bei der Finanzierung.
Am Mittwoch und Donnerstag finden die Investor Days Thüringen in Erfurt statt. Hier treffen ambitionierte und neue Geschäftsideen auf erfahrene Unternehmer. Und mit etwas zeitlicher Verzögerung oft auch auf finanzkräftige Investoren. Denn junge Unternehmen, die oft erst aus einer Idee oder ein paar Patenten bestehen, fehlt es häufig an Geld. Kapital und Ideen zusammenzubringen, darum kümmern sich einmal im Jahr die Stiftung für Technologie, Innovation und Forschung Thüringen (STIFT) und die Beteiligungsmanagement Thüringen GmbH (bm-t), eine Tochter der Thüringer Aufbaubank.
Wesentlicher Teil der Veranstaltung sind die sogenannten Pitches. Eine Idee, die ursprünglich - wie sollte es anders sein - aus Amerika kommt. Junger Mitarbeiter mit visionärer Idee und ohne Geld trifft im Fahrstuhl nach oben den großen Boss und nutzt die zwei oder drei Minuten Fahrt, um ihn von seiner Idee zu überzeugen. Denn wer Geld zur Verfügung hat, der hat oft wenig Zeit. Daher ist von der ursprünglichen Idee der Fahrstuhlfahrt eigentlich nur die Begrenzung auf drei Minuten geblieben. So lange haben Gründer Zeit, von sich und ihren Plänen zu überzeugen.
"Funktioniert mit jeder Flüssigkeit"
Eines von insgesamt 20 Teams, die noch in der Frühphase ihres Unternehmens sind, ist WaterLamp. Frei übersetzt heißt das Wasserlampe. Aber wer international durchstarten will, braucht einen Namen, der überall verstanden wird. Und der ist im Prinzip Programm. Das erste Produkt des Unternehmens ist eine Taschenlampe, die dann anfängt zu leuchten, wenn man sie ins Wasser taucht oder mit Flüssigkeit übergießt.
"Jede wasserbasierte Flüssigkeit. Am Ende des Tages würden auch Bier, Wein und im Notfall der eigene Urin funktionieren", sagt Mitgründer Nicklas Taja etwa eine Stunde, bevor er mit seinem Kollegen René Fischer auf die große Bühne geht. Die Flüssigkeit dient dabei als Aktivator. "Sie löst eine kontrollierte Oxidation aus." So lange die läuft, fließt Strom. Ist kein Wasser vorhanden, rostet das Material nicht weiter, es fließt kein Strom. Das Geheimnis liegt in der Legierung der Metalle, erfunden von einem griechischen Tüftler, der mit WaterLamp zusammenarbeitet.

Die WaterLamp-Gründer Nicklas Taja (r.) und René Fischer üben draußen auf dem Petersberg noch einmal ihre dreiminütige Präsentation. Später werden sie minimal zu lang - und darum von Musik unsanft unterbrochen.
Rostiges Metall als Energiequelle
Denn das Geheimnis ist schließlich die Energiequelle - und die würde sich auch abseits von Taschenlampen einsetzen lassen. "Zum Beispiel bei Katastrophenfällen, wenn das Stromnetz ausfällt." Auch militärische Zwecke oder Aktivitäten fernab der Zivilisation würden sich eignen für den Energiespeicher, der leicht ist und im Fall der Taschenlampe Dutzende Stunden durchhält. Gerade im Bereich Katastrophenschutz habe man bereits erste gute Gespräche mit Interessenten geführt. Und auf den Investor Days soll das ebenfalls klappen. 750.000 Euro brauchen die beiden Gründer, um weiter zu forschen und irgendwann auch zu produzieren.
Hunderte junge Unternehmen haben in den letzten zehn Jahren ihre Ideen auf den Investor Days vorgestellt, sagt Christiane Kilian. Sie ist Vorständin der STIFT. "Wenn wir dann sehen, dass wir über die Investor Days 665 Millionen privates Kapital nach Thüringen geholt haben, dann ist das ein Erfolg", sagt sie. Zusätzlich sei die bm-t an zahlreichen Investitionen beteiligt. Eingesetzt für solche Investitionen werden zum Beispiel auch Gewinne, die aus vorhandenen Beteiligungen der bm-t fließen. Über die bm-t etwa hält der Freistaat Thüringen 11 Prozent an der Jenoptik AG, die Mitte Juni Dividende an ihre Aktionäre ausschütten wird - ein Teil dieser Millionen kann dann letztlich für die Ideen der Thüringer Gründer genutzt werden.
Reichtum ist selten zu erwarten
Längst nicht alle dieser Ideen führen am Ende dazu, dass die Gründer reich werden. Überhaupt erfolgreich würden ein oder zwei von zehn. Die müssten dann das ausgegebene Geld wieder einspielen, sagt Kilian. Ein Thüringer Gründungsexperte, der seinen Namen nicht öffentlich lesen möchte, benennt ein Problem vieler Gründungen, die in Thüringen stattfinden: Die Geschäftsmodelle seien oft hochinnovativ, etwa in der Optik oder der Biotechnologie - aber sie seien nicht wie Google oder Paypal übers Internet exponentiell wachsend. Viele Risikokapitalgeber scheuten das letztlich, weil auch im Erfolgsfall kein Reichtum zu erwarten ist. Ein Stück weit werde das dann von staatlichen Akteuren wie der STIFT und der bm-t ausgeglichen. Die sind nicht nur auf hohe Gewinne ausgerichtet, sondern auch darauf, die Wirtschaft in ihrer Region voranzubringen.
Viele Thüringer Gründungen seien über Schulungen gut vorbereitet worden und hätten erfolgreich ihre Ideen auf den Investor Days der letzten zehn Jahre vorgestellt. Einige hätten auch international von sich reden gemacht, etwa ID Loop aus Jena und Spaceoptix aus Jena und Isseroda. Zu den Investor Days seien jedes Jahr zahlreiche Privatinvestoren zu Gast - und würden sich auch immer wieder an hier vorgestellten Unternehmen beteiligen. Allerdings kommen die nicht immer aus Thüringen. Denn im Prinzip ist die Veranstaltung auch offen für deutsche und mitunter auch internationale Bewerber. Der Austausch untereinander soll den Gründern zugute kommen. Die können sich auf dem alljährlichen Treffen auch Expertise im Aufbau von Produktion oder Verkauf auf internationalen Märkten beschaffen - neben der reinen Ideenpräsentation ebenfalls wichtig.
Nach drei Minuten schneidet Musik das Wort ab
Die beiden WaterLamp-Gründer sind heute als zehnte an der Reihe. Alles läuft wie am Schnürchen, die Lampe leuchtet nach einem kurzen Eintauchen ins Wasserbad. "Jetzt brauchen wir Sie. Wir benötigen 750.000 Euro, für Entwicklung, Produktion und Marketing", sagt René Fischer, ehe ihm laute Musik das Wort abschneidet. Hat alles seine Richtigkeit. Denn auch wenn die beiden Gründer nur fast fertig waren und nicht ganz - ihre drei Minuten waren um. Und im Gegensatz zum Bundestag gibt es da keine freundliche Ermahnung, sondern das Mikro ist einfach aus. Trotzdem finden sie hinterher: "Mega-Erfahrung. Aber wir konnten vermitteln, was wir vermitteln wollten. Die Leute haben es verstanden."
Und ob es klappt mit den 750.000 Euro - das muss sich ohnehin erst später erweisen. "Solche Deals funktionieren nicht wie im Privatfernsehen direkt auf der Bühne", sagt Christiane Kilian. Das sei erstmal wichtig für dich Sichtbarkeit. Alles andere passiere dann später, abseits der Bühne. Interesse, Nachfragen, Treffen. Und irgendwann geht es dann vielleicht auch zum Notar, wenn ein Investor ernst macht.
MDR (Florian Girwert , Oliver Leiste)