Lastkraftwagen im Erlebnis Bergwerk Merkers.

Thüringen Merkers: Gold, Geld und Kunstgut untertage

Stand: 08.04.2025 08:18 Uhr

Beim Vormarsch nach Thüringen stieß die US-Armee in Merkers auf einen besonderen Fund. Im Salzbergwerk fand sie säckeweise Gold- und Devisenvorräte der Deutschen Reichsbank – untertage sicher vor Luftangriffen geschützt. Außerdem lagerten dort wertvolle Stücke aus den Berliner Museen und Raubgut, das die SS zusammengerafft hatte. Innerhalb von zehn Tagen hatten die Amerikaner die Schätze gen Westen abtransportiert. Besucher des Erlebnisbergwerks Merkers fasziniert die Geschichte heute noch.

Von Ruth Breer, MDR THÜRINGEN

Für diesen Fund reiste sogar der Oberbefehlshaber höchstselbst in Frontnähe: Gemeinsam mit den Generälen Patton und Bradley besichtigte General Dwight D. Eisenhower am 12. April 1945 die beschlagnahmten Schätze in der Schachtanlage Kaiseroda II/III. Der Eindruck muss überwältigend gewesen sein: In Reihen waren mehr als 7.000 Säcke mit Goldbarren und Goldmünzen gestapelt. Dazu tausende Kartons und Säcke mit Geld deutscher und ausländischer Währungen.

Ein Schatz "mit Blut dran"

In zwei weiteren Kammern des Bergwerks fand sich Kunst- und Kulturgut vor allem aus den Staatlichen Museen in Berlin, vom Kupferstichkabinett über zahlreiche Werke Alter Meister, Skulpturen und Teppiche bis zu Stücken der Ägyptischen Sammlung. Auch die berühmte Büste der Nofretete soll für kurze Zeit in Merkers eingelagert worden sein. Außerdem Säcke, Koffer und Kisten mit Raubgut der SS – von Schmuck und Uhren bis hin zu Zahngold. An diesem Schatz "hängt auch viel Blut dran", sagt Bernd Berger, der langjähriger Bergwerksführer im Erlebnisbergwerk Merkers die Geschichte gut kennt.

Vor 80 Jahren: US-Truppen finden Gold und Kunst in Merkers

Salzbergwerke waren im Krieg viel gefragte Orte in ganz Deutschland. Trocken und sicher vor feindlichen Luftangriffen ließen sich dort Dokumente, Schätze aller Art, aber auch Munition und Industrieanlagen in großen Räumen unterbringen. Allein in 17 Schachtanlagen im Werra-Kali-Revier gab es damals solche Nutzungen, sagt Wolfgang Wollny. Der ehemalige Bürgermeister von Merkers sammelt seit vielen Jahren Material zu den damaligen Ereignissen. Eingelagert wurden ostpreußische Kirchenbücher genauso wie die Bibliothek des Reichspatentamtes und das Ausrüstungsdepot der Heeresverwaltung.

Wolfgang Wollny, ehemaliger Bürgermeister von Merkers, hat viele Quellen über die damaligen Ereignisse in der Gemeinde gesichtet.

Wolfgang Wollny, ehemaliger Bürgermeister von Merkers, hat viele Quellen über die damaligen Ereignisse in der Gemeinde gesichtet.

Hinweise von Zwangsarbeitern

"Aber Merkers war ganz speziell", sagt Bernd Berger, "weil es eben diese extremen Dimensionen hatte. Wo liegen schon mal 220 Tonnen Gold?" Im Februar und März hatte die Deutsche Reichsbank den größten Teil ihrer Edelmetall- und Devisenreserven in die vermeintlich sichere Rhön verlegen lassen – die Transporte waren der amerikanischen Aufklärung vermutlich nicht entgangen. Am 4. April hatte die US-Armee Merkers kampflos eingenommen, in den Tagen darauf wohl von Zwangsarbeitern erfahren, wo sich ihr eigentliches Ziel befand.

Am 7. April stießen die Soldaten untertage auf eine Mauer mit einer Tresortür, davor größere Mengen Geld. Die Amerikaner vermuteten, dass die Tür mit Sprengstoff gesichert sei, berichtet Wollny. Deshalb sprengten Spezialisten am Tag darauf ein Loch in die Mauer. Und schon zwei Tage nach dem Besuch von Eisenhower begann der Abtransport: Alles wurde aus der Grube noch oben befördert, auf Lastwagen verladen und – stark gesichert mit Panzern und aus der Luft – nach Frankfurt am Main gebracht.

Vor der Roten Armee sichern

Bei Ankunft dort lag die Entdeckung untertage gerade mal zehn Tage zurück. "Eine logistische Meisterleistung", meint Wolfgang Wollny, "wenn man sieht, dass über 400 Tonnen abtransportiert werden mussten." Die Eile der Amerikaner hatte aber nicht nur mit der Frontnähe zu tun. Gold, Geld und Kunstgut sollten aus dem Einflussbereich der Roten Armee geschafft werden, denn auf der Konferenz von Jalta hatten sich die Alliierten darauf verständigt, dass Thüringen nach dem Kriegsende sowjetisch besetzt werden sollte.

Es kommen Leute aus der ganzen Welt in dieses Besucherbergwerk. Bernd Berger | Führer im Erlebnisbergwerk Merkers |
Bernd Berger kennt als langjähriger Bergwerksführer im Erlebnisbergwerk Merkers die Geschichte des "Goldraums".

Bernd Berger kennt als langjähriger Bergwerksführer im Erlebnisbergwerk Merkers die Geschichte des "Goldraums".

Im Erlebnisbergwerk Merkers ist der historische "Goldraum" heute eine von fünf Stationen für die Besucher auf ihrer Tour untertage. Er wurde nach historischen Fotos und Filmen nachgebaut, so dass die Gäste einen Eindruck davon bekommen, welches Bild sich damals den Soldaten der US-Armee bot. "Es kommen Leute aus der ganzen Welt in dieses Besucherbergwerk", erzählt Bernd Berger. "manche nur wegen diesem Punkt, oft auch aus Übersee. Die interessieren sich ganz sehr dafür."

Aber eigentlich, meint er, sei ja wichtiger als der große Schatz die Frage, warum der überhaupt untertage versteckt werden musste. "Am Anfang hat Deutschland andere Länder attackiert, und diese Attacken kamen wieder auf Deutschland zurück." Erst dann habe man sichere Orte für Kultur- und Kunstgut suchen müssen, sagt Berger. "Das hätte man sich alles sparen können."

MDR (mru)