
Thüringen Vom Wald überwachsen: Neuer Bildband dokumentiert Spuren des KZ Buchenwald
Auch 80 Jahre nach der Befreiung des ehemaligen KZ Buchenwald sind noch Spuren des Grauens auf dem Ettersberg bei Weimar sichtbar. Der Fotograf Christian Rothe hat sie mit der Kamera dokumentiert. Seine Fotografien erscheinen nun im Bildband "Buchenwald. Im Dickicht vom Ettersberg" bei Hartmann Books. Das Konzentrationslager Buchenwald erstreckte sich einst über den ganzen Berg, auf großen Teilen des Geländes steht heute Wald.
- Auf dem Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald finden sich noch Spuren menschlicher Zivilisation.
- Die Fotos von Christian Rothe dokumentieren, wie der Wald das einstige Grauen überwuchert.
- Den Bildband ergänzen literarische Passagen von Überlebenden wie Imre Kertész, Jorge Semprún oder Bruno Apitz.
Der Wald auf dem Ettersberg, er kommt einem romantischen Idyll recht nah: Hier wurden nie in großem Stile Fichten angepflanzt, stattdessen wachsen Birken, Buchen und Büsche vergleichsweise wild durcheinander. Doch wer genauer hinsieht, merkt, dass die meisten Bäume noch jung sind.
Außerdem gibt es hier immer wieder Spuren menschlicher Zivilisation mitten im Dickicht. Aus einem Laubhaufen lugt plötzlich ein eingefallenes Ziegeldach hervor. Auf einer kleinen Lichtung führt eine Steintreppe ins Nirgendwo. In einem früheren Kellergemäuer ist ein kleiner Teich mit Seerosen entstanden.

Fotograf Christian Rothe und Autorin Andrea Karle auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers Buchenwald.
Natur kehrt zurück in das ehemalige KZ Buchenwald
Genau diese Spuren sind es, die den Fotografen Christian Rothe fast zehn Jahre lang immer wieder hierher geführt haben: "Es ist ja ein Menschenleben, was in etwa 80 Jahren vergangen ist. Und es ist einfach Gras drüber gewachsen sagt man, bzw. in diesem Fall ist eben Wald drüber gewachsen."
Reste von alten Sanitäranlagen, Lampenmasten oder Unterkellerungen finden sich überall in der Umgebung. Sie machen deutlich, dass das Konzentrationslager einst sehr viel größer war als das Gelände der heutigen Gedenkstätte. Es überzog den gesamten Ettersberg kilometerweit mit Fabriken, einer SS-Wohnsiedlung, einem Zoo und vielen weiteren Punkten.
Es ist einfach Gras drüber gewachsen. Fotograf Christian Rothe über das Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald |
Christian Rothe hat diese von der Natur mittlerweile überformte Welt in Schwarz-Weiß fotografiert. Die Bilder wirken zeitlos und nüchtern, sie sind mit der Großbildkamera sorgfältig komponiert, heischen wenig nach Aufmerksamkeit.
Er habe lange gebraucht, sagt Rothe, um diesen Stil zu finden. Das Thema bedürfe einer präzisen Auseinandersetzung, man komme nicht umher, einzutauchen: "Man kann da jetzt nicht in zwei Tagen flapsig 20 Fotos machen und sagen: Ich hab das jetzt mal hier fotografiert."
Das Teufelsloch: Ein Massengrab im Wald bei Weimar
Mal sind die Überreste des Konzentrationslagers auf den Bildern deutlich zu erkennen, mal überhaupt nicht. Wie etwa beim sogenannten Teufelsloch, das Rothe abgelichtet hat. Hier tut sich ein großes Loch im Boden auf, eine natürliche Erdverwerfung auf dem Ettersberg, in der zu NS-Zeiten die Asche von Tausenden Menschen eingebracht wurde.
Der Kunsthistorikerin Andrea Karle, die einen Text zum Bildband beigesteuert hat, haben sich gerade diese Bilder eingeprägt: "Man sieht auf den ersten Blick gar nichts darauf, also man sieht vor allem Bäume, Wald, Blätter, Gras. Und eigentlich ist dies aber der schrecklichste Moment von Buchenwald: Weil man hier einfach in ein Grab reinschaut."

Einer der schrecklichsten Momente von Buchenwald: das Teufelsloch. Man guckt direkt in ein Aschegrab, in ein Massengrab.
Gedichte von Holocaust-Überlebenden Imre Kertész, Jorge Semprún oder Bruno Apitz
Fast 60.000 Menschen sind im Konzentrationslager getötet worden, die letzten Zeugen sind mittlerweile hochbetagt. Rothes Bilder werden im Buch flankiert von Gedichten und literarischen Passagen von Überlebenden wie Imre Kertész, Jorge Semprún oder Bruno Apitz. Ihre Erinnerungen von damals und die Fotos von heute: All das ist Buchenwald im Jahr 2025.
Angaben zum Bildband
Christian Rothe: "Buchenwald. Im Dickicht vom Ettersberg"
Hartmann Books
240 Seiten, 38 Euro
ISBN 978-3-96070-125-5
Am Sonntag, den 13. April 2025, wird das Buch bei einer Matinée im Museum Zwangsarbeit in Weimar erstmals vorgestellt.
Redaktionelle Bearbeitung: jb, gw