
Thüringen Was weniger Studierende für Universitäten in Thüringen bedeuten
Die Studierendenzahlen an öffentlichen Thüringer Hochschulen nehmen in Summe ab. Nicht alle Standorte sind jedoch gleichermaßen betroffen. Und es gibt Hoffnung, dass sich der Trend auch wieder umkehrt.
Die Zahl der Studierenden an öffentlichen Hochschulen in Thüringen geht tendenziell weiter zurück. Laut dem Bildungsministerium setzt sich dieser Trend seit mittlerweile über zehn Jahren fort. Thüringen sei bundesweit betrachtet jedoch keine Ausnahme. Abseits von Bayern und Berlin seien überall sinkende Zahlen zu verzeichnen.
Hauptgrund ist demnach die Demografie. Sinkende Geburtenzahlen führten zu sinkenden Studierendenzahlen. Laut dem Bildungsministerium haben es zudem ländliche Standorte, die vor allem Studierende aus der Region anziehen, im Wettbewerb mit Großstädten schwieriger.
Führen sinkende Studierendenzahlen unmittelbar zu Kürzungen für die Hochschulen?
Die finanzielle Ausstattung von Universitäten ist zwar auch an die Studierendenzahl geknüpft - sie stelle jedoch keinen zentralen Faktor dar, so das Bildungsministerium. Die Zahl der Studierenden, die durch die Uni erworbenen Drittmittel und welche Fächer gelehrt werden, ist mit insgesamt 20 Prozent gewichtet. 80 Prozent der Finanzierung ergeben sich laut Bildungsministerium aus historisch gewachsenen Umständen.
Beispiel Technische Universität Ilmenau
Ein Beispiel für sinkende Studierendenzahlen ist die Technische Universität Ilmenau. Sie ist im vergangenen Jahrzehnt um etwa 40 Prozent geschrumpft. 2013 waren es noch knapp 7.000, heute zählt die TU noch exakt 4.134 Studierende. Der Anteil internationaler Studierender liegt nach Angaben der Universität bei circa 48 Prozent.
Universitäten brauchen genug Nachwuchs, um dem gesetzlichen Auftrag zur Grundlagenforschung nachzukommen. Anja Geigenmüller | TU Ilmenau
"Universitäten brauchen genug Nachwuchs, um dem gesetzlichen Auftrag zur Grundlagenforschung nachzukommen", beschreibt Anja Geigenmüller, Vizepräsidentin der Universität, die Herausforderung. Außerdem hätten die Hochschulen auch die Aufgabe, genug Fachpersonal für den Arbeitsmarkt auszubilden.

Anja Geigenmüller, Vizepräsidentin der TU Ilmenau
Gleichwohl sei es auch nicht unbedingt sinnvoll, nur die Studierendenzahlen ins Visier zu nehmen, so Geigenmüller. Wichtig sei zu schauen, wie viele junge Menschen ihr Studium auch erfolgreich beenden.
Ilmenauer Uni-Vizepräsidentin: "Wir tun viel, um attraktiv zu sein"
Die TU Ilmenau tue zudem viel, um den sinkenden Einschreibungszahlen entgegenzuwirken, so die Vizepräsidentin der Universität. Kontinuierlich werde evaluiert, wie das Studium verbessert und attraktiver gemacht werden kann. Die Lehrpläne werden laut Geigenmüller stetig überarbeitet, neue Prüfungsformen, Flexibilitäten und Wahlfreiheiten geschaffen.
Auch pflege die TU gute Kontakte zur Industrie, sodass Studierende leicht Praktikumsplätze finden könnten. Darüber hinaus biete die Uni ihren Studierenden modernste Lehrräume und Labore. Auch das Betreuungsverhältnis an der TU sei gut - zumal der individuelle Betreuungsbedarf gestiegen sei. Das hänge mit veränderten Studienfähigkeiten und Voraussetzungen von Studienanfängern zusammen. Die TU habe letztlich trotz weniger Studierender keinen geringeren Finanzbedarf.
Kleinere Unis haben auch Vorteile
Fabia Kohlhoff, die sich im Ilmenauer Studierendenrat engagiert, schätzt den kurzen Draht zu den Professorinnen und Professoren. Für sie sei zudem der gute Ruf der Universität und der kompakte Campus ausschlaggebend gewesen. Fabia Kohlhoff weist auch auf eine gute Einweisung der neu eingeschriebenen Studierenden durch eine vielseitige Orientierungswoche hin.
Und auch wenn die Stadt selbst nicht so viele Anlaufstellen für junge Leute biete und dadurch vielleicht im Vergleich zu Großstädten weniger attraktiv wirke, gebe es zahlreiche Uni-Vereine, die Angebote schaffen.

Die Studentin Fabia Kohlhoff engagiert sich im Studierendenrat der TU Ilmenau.
FH Schmalkalden als Gegenbeispiel
Die Hochschulrektorenkonferenz, ein freier Zusammenschluss deutscher Hochschulen, sieht die Lage bundesweit deutlich positiver als das Thüringer Bildungsministerium. Die Studierendenzahlen lägen insgesamt auf einem sehr hohen Niveau. Statistisch gesehen handle es sich um ein Hochplateau.
Gleichwohl gebe es regional teils große Unterschiede, die nicht monokausal erklärt werden könnten und auch unberechenbaren Schwankungen unterlägen. Illustrieren kann das für Thüringen die Fachhochschule Schmalkalden. Sie ist ebenfalls - wie die TU Ilmenau - ländlich gelegen und technisch ausgerichtet. Durch ihre Lage müsste auch sie es im Wettbewerb schwieriger haben, kann ihre Studierendenzahlen aber trotzdem stabil halten.
Seit 20 Jahren liegt die Zahl zwischen 2.500 und knapp 3.000. Wobei der Anteil internationaler Studierender kontinuierlich gestiegen ist und heute bei 55 Prozent liegt. Parallel dazu sei auch das Angebot englischsprachiger Studiengänge ausgeweitet worden, so die Fachhochschule. Diese Studiengänge würden "boomen".
Bundesweiter Hochschulverband gibt positive Zukunftsprognose
Mit Blick in die Zukunft geht die Hochschulrektorenkonferenz in den nächsten zwei Jahren zwar in der Gesamtschau mit einer (für manche Standorte anhaltenden) Delle in der Studierendenstatistik aus.
Ab 2027 rechnet sie dann aber wieder mit steigenden Studierendenzahlen - weil dann wieder geburtenstärkere Jahrgänge kommen. Bis 2035 könnten die Zahlen dann sogar das heutige Niveau übertreffen, so der Zusammenschluss der Hochschulen.
MDR (med/jn)