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Umstrittene US-Analyse-Software Mehrere Bundesländer gegen Einsatz von Palantir

Stand: 14.04.2025 05:00 Uhr

Ein System für die automatisierte Daten-Recherche der Polizei - dieses Ziel verfolgt die mögliche neue Regierung. Die dafür notwendige Einigung zwischen Bund und Ländern auf eine einheitliche Software ist laut BR-Recherchen aber nicht in Sicht.

Von Arne Meyer-Fünffinger, Boris Kartheuser, Robert Schöffel, BR

Als der Bundesrat am 21. März dieses Jahres den Einsatz einer gemeinsamen Datenanalyseplattform für die Polizei gefordert hat, war der mediale Aufschrei groß. Obwohl der Name Palantir in dem Beschluss mit keinem Wort auftauchte, sahen viele Medienhäuser in Deutschland den Vorgang als Schritt hin zu einem bundesweiten Zuschlag für die Polizei-Analyse-Software des umstrittenen US-Unternehmens.

Selbst im europäischen Ausland wurde die Entscheidung registriert. "Deutschland will Spitzel-Software flächendeckend einsetzen", titelte etwa "Der Standard" - eine Zeitung aus dem zuletzt an Geheimdienstskandalen nicht armen Österreich.

BR-Recherchen zeigen nun: Das ist nicht der Fall. So sprachen sich die Länder Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern noch im Bundesrat dem Plenar-Protokoll zufolge für eine Lösung aus Europa aus, die "eine Nutzung von Produkten des marktführenden, US-amerikanischen Anbieters Palantir ausschließt". Ein entsprechender Antrag Hamburgs, den neben Mecklenburg-Vorpommern fünf weitere Bundesländer (Bremen, Niedersachsen, Saarland, Schleswig-Holstein, Thüringen) unterstützten, verfehlte nach BR-Informationen die erforderliche Mehrheit und wäre sonst in den Beschluss aufgenommen worden.

Bedenken wegen zu großer Abhängigkeit von US-Technik

Die genannten, sowie weitere Bundesländer teilten dem BR auf Anfrage mit, dass sie nicht beabsichtigen, ihre Polizeibehörden mit Palantir-Software auszurüsten. "Trotz technischer Leistungsfähigkeit bestehen aus unserer Sicht Bedenken hinsichtlich langfristiger Abhängigkeiten von einem US-Anbieter und der Vereinbarkeit mit europäischen Datenschutz- und Sicherheitsstandards", so das saarländische Innenministerium.

Bremen und Niedersachsen, wie das Saarland SPD-regiert, bevorzugen aus ähnlichen Gründen eine Lösung aus Europa. Das wäre "vor dem Hintergrund eines hochgesicherten Datenschutzes und möglicher Ausleitungsoptionen die zu unterstützende Zielvariante", so ein Sprecher des Innensenators der Hansestadt. Bremen hat momentan den Vorsitz der Innenministerkonferenz inne.

Auch das schwarz-grün regierte Schleswig-Holstein steht Palantir skeptisch gegenüber. Nach Überzeugung des dortigen Innenministeriums gebe es auch andere Anbieter, "die eine entsprechende Software zur Verfügung stellen und die Schleswig-Holstein derzeit präferiert".

Palantir bald in zwei weiteren Bundesländern?

Palantir gilt seit Jahren als umstritten. "Datenkrake" - so sehen viele Kritiker das Unternehmen mit Hauptsitz in Denver. Mitgründer, Großaktionär und Verwaltungsratsvorsitzender von Palantir ist Peter Thiel, ein langjähriger Unterstützer und finanzieller Förderer von US-Präsident Donald Trump sowie seinem Vize JD Vance.

Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen - diese Bundesländer nutzen Palantir bereits. Berlin und Baden-Württemberg prüfen nach Informationen des BR aktuell eine Zusammenarbeit mit dem US-Konzern.

Das Ministerium des Inneren in Stuttgart betont, "bislang steht eine vergleichbare europäische Software, die zeitnah funktionsbereit ist, nach unserem Kenntnisstand nicht zur Verfügung".

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Im Bundesinnenministerium sieht Noch-Ressortchefin Nancy Faeser (SPD) Palantir dem Vernehmen nach skeptisch. 2023 war dort eine angedachte Einführung gestoppt worden. Diese hätte Polizeibehörden wie dem Bundeskriminalamt, der Bundespolizei und dem Zoll-Kriminalamt ermöglicht, mit Palantir-Software zu arbeiten. Nachdem sich Union und SPD in ihren Koalitionsverhandlungen darauf geeinigt haben, das zukünftig die CSU das Ministerium führt, dürfte das US-Unternehmen auf Bundesebene wieder bessere Karten haben.

"Die Länder entscheiden in eigener Zuständigkeit und Verantwortung über die Angelegenheiten ihrer Landespolizei", betont das Bundesinnenministerium auf Nachfrage des BR. Grundsätzlich sei der Aspekt der digitalen Souveränität "wichtig und erstrebenswert".