Recep Tayyip Erdogan
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Organisation UID Hinweise auf Verbindungen zu Erdoğan

Stand: 21.05.2025 06:00 Uhr

Der Verein UID mit Sitz in Köln verbreitet Propaganda des türkischen Präsidenten Erdoğan. Eine direkte Verbindung zur Regierungspartei AKP versucht er aber zu verschleiern. Belege liefern nun aber offenbar Dokumente aus den USA.

Auf ihrer Homepage kommt die Union of International Democrats e.V. (Union Internationaler Demokraten, UID) unpolitisch daher. Der Verein mit Hauptsitz in Köln stellt sich als "Nichtregierungsorganisation" dar, die sich unter anderem zum Ziel setzt, "gesellschaftlichen Frieden und Harmonie" zu fördern und "alle Formen von Diskriminierung wie Rassismus, Islamfeindlichkeit und Fremdenfeindlichkeit" zu bekämpfen.

In ihrer Vereinssatzung heißt es: "Der Verein verfolgt keine parteipolitischen Ziele" und sei "parteipolitisch und weltanschaulich neutral".

"Propagandazentrale"

Experten und Behörden halten die UID allerdings nicht für neutral, sondern für ein Lobbyorgan des türkischen Präsident Recep Tayyip Erdoğan. So etwa Burak Copur von der IU Internationalen Hochschule in Essen: "Die UID ist letztlich auch eine Propagandazentrale, die sich ganz klar für die Mobilisierung der AKP-Wählerinnen und -Wähler einsetzt und die politischen Interessen Erdoğans hier in Deutschland vertritt."

Seit Jahren wird der Verein auch in Berichten des Verfassungsschutzes als "inoffizielle Auslandsorganisation" der Regierungspartei AKP in Deutschland erwähnt: "So kann unmittelbar auf die Meinungsbildung und das Verhalten der türkischen Diaspora eingewirkt werden. Mittelbar ist es so außerdem möglich, auf politische Entscheidungsfindungsprozesse in Deutschland Einfluss zu nehmen."

Direkte Verbindung zu AKP

Einen Beleg für die direkte Verflechtung mit der türkischen Regierungspartei liefert nun offenbar der amerikanische Ableger der UID. In den USA hatte sich die UID im vergangenen Jahr als "Ausländischer Akteur" nach dem Foreign Agents Registration Act (FARA) registriert.

Angegeben wurde dabei die Internetadresse des deutschen Dachvereins, der sich als parteipolitisch neutral darstellt. Auch lag der Registrierung eine Vollmacht bei, die vom Vorsitzenden des deutschen Dachvereins unterzeichnet war.

Als sogenannte "Ausländische Akteure" müssen sich in den USA solche Organisationen registrieren, die direkt von einer ausländischen Organisation oder Regierung geführt oder kontrolliert werden. In den Registrierungsunterlagen gibt die US-Zweigstelle der UID im August 2024 offen an, im Auftrag der türkischen Regierungspartei AKP zu agieren.

Stimmen für Wahlen sichern

Unter dem Punkt "ausländische Auftraggeber" wird dort explizit die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) der Türkei mit Sitz in Ankara angegeben. Eine "regelmäßige Aktivität" sei "die Organisation von politischen, sozialen und kulturellen Aktivitäten unter türkischen Bürgern in den Vereinigten Staaten für die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AK-Partei) der Türkei".

Das Ziel sei es, heißt es sinngemäß, auch Stimmen für die AKP bei den Wahlen in der Türkei zu sichern. Auf die Frage, mit welchen Amtsträgern die registrierte Organisation zusammenarbeite, folgte in den Unterlagen die Angabe: "Recep Tayyip Erdoğan" -Vorsitzender der Regierungspartei AKP und Staatspräsident.

"Fehlerhafte Registrierung"

Auf Anfrage dementiert die UID schriftlich: "Im Zusammenhang mit der Registrierung nach dem US-amerikanischen Foreign Agents Registration Act (FARA) möchten wir klarstellen, dass dieser Schritt ohne Wissen und ohne Mandat des UID-Hauptsitzes erfolgt ist"

Die im FARA-Dokument enthaltenen Aussagen "entsprechen weder unserem Auftrag, noch unseren Grundsätzen", heißt es weiter. "Unmittelbar nach Bekanntwerden wurde gegenüber dem US-Department of Justice (FARA Unit) die Löschung der fehlerhaften Registrierung erklärt", heißt es vom Dachverein aus Köln.

Gewisse steuerliche Vorteile

Warum die UID die formale Verbindung zur AKP vermeidet, obwohl sich ihre Funktionäre zum Beispiel in sozialen Medien regelmäßig mit Erdoğan zeigen, ist nicht ganz klar. Auf Wahlaufrufen, die die UID zu den türkischen Wahlen 2017 verbreitete, ist auch das Logo der AKP zu sehen.

Die Union of lnternational Democrats e.V. ist ein nach deutschem Vereinsrecht eingetragener, gemeinnütziger Verein. Diese genießen gewisse steuerliche Vorteile. Eine Parteizugehörigkeit ist allerdings verboten, sie müssen "überparteilich" sein.

Dazu kommt, dass "grundsätzlich die Einmischung von ausländischen Regierungsakteuren in inländische Belange eher ungern gesehen wird. Das kann zu diplomatischen Verwerfungen führen und ein Grund sein, die formale Verbindung zur türkischen Regierungspartei abzustreiten", sagt Aurel Eschmann, Experte bei Lobbycontrol.

Verbindungen zur Partei DAVA

Ein anderer Gesichtspunkt seien die starken Verbindungen der UID zur jungen Partei DAVA, wie Recherchen des ZDF im Herbst zeigten.

"Wenn es stimmt, dass DAVA von der UID finanziell oder durch Sach- und Dienstleistungen unterstützt wird und die UID wiederum direkt aus Ankara gelenkt und finanziert werden würde, dann könnte es sich um illegale Parteifinanzierung handeln, da Parteispenden von außerhalb der EU verboten sind", sagt Eschmann. Diesen Vorwurf wolle man sicher vermeiden, so der Experte.

Verärgerung in AKP-Zentrale

Dass die UID sich in den USA offen als Repräsentant von Erdoğans Partei registriert hat, habe in der AKP für erheblichen Unmut gesorgt, bestätigt eine mit dem Vorgang vertraute Quelle gegenüber dem NDR.

Schon im September, nur einen Monat nach der ersten Registrierung, wurde die Verbindung zur AKP in den US-Dokumenten dann auch widerrufen. Der angebliche Fehler war offenbar aufgefallen.

Auf Anfrage heißt es von der UID aus Köln, dass die Zusammenarbeit "mit den involvierten Personen" umgehend beendet wurde. Auf der Website des Vereins wurde bis zur Anfrage durch den NDR allerdings weiterhin der Mann als Regionalpräsident der USA geführt, der die angeblich fehlerhafte Registrierung hatte eintragen lassen.

UID verbreitet auch Antisemitismus

Die UID verbreitet in Deutschland und anderen Ländern auch die Einstellung der türkischen Regierung gegenüber Israel - wie auch antisemitisches Gedankengut. Auf Veranstaltungen der UID treten immer wieder Gäste auf, die die Ideologie der AKP befeuern, so der islamistische Nationalist Abdurrahman Uzun.

In sozialen Medien hetzt er die Diaspora-Türken gegen Juden auf. Er sagte beispielsweise: "Erzähl deinen christlichen Nachbarn, wer die zionistischen Juden sind. (...) dass sie vor 2000 Jahren ihren Propheten Jesus ermordet haben."

Auch UID-Funktionäre äußerten sich in der Vergangenheit antisemitisch und stellten das Existenzrecht Israels in Frage, wie der WDR berichtete. In der Kritik stand auch der ehemalige Vorsitzende der UID, Köksal Kuş, weil er laut Medienberichten Aktivist der rechtsextremen Grauen Wölfe gewesen sei, bevor er 2021 Vorsitzender der UID wurde.

Die UID teilte mit: "Wir sprechen uns unmissverständlich gegen Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und jede Form von Rassismus aus."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 21. Mai 2025 um 12:05 Uhr.