
Geheimschutzvorschriften Deutscher NATO-General musste Posten räumen
Ein deutscher NATO-General wurde offenbar abberufen, weil er nachlässig mit Verschlusssachen umgegangen sein soll, ergaben Recherchen von WDR und SZ. Er war demnach lange mit sensiblen Aufklärungsfähigkeiten der NATO befasst.
In den sozialen Netzwerken scheint noch alles beim Alten zu sein. Da gibt der deutsche Bundeswehrgeneral nach wie vor an, in führender Funktion bei der NATO tätig zu sein. Tatsächlich aber ist er dort nicht mehr. Bereits im Dezember musste er seinen Posten bei der Militärallianz räumen.
Nach Recherchen von WDR und Süddeutscher Zeitung (SZ) soll der Deutsche wegen des Verdachts von Verstößen gegen Geheimschutzvorschriften von seinen Aufgaben bei der NATO entbunden worden sein. Noch im Dezember soll ihm umgehend der Zugang zu NATO-Liegenschaften und Unterlagen untersagt worden sein.
Wohl kein Fall von Spionage
Nach Informationen von WDR und SZ soll der Verdacht bestehen, dass der General nachlässig mit Dokumenten umgegangen ist, die als Verschlusssachen eingestuft waren, darunter auch mehrere Papiere mit der Einstufung "VS-Geheim". Den Informationen zufolge sollen zahlreiche derartige Unterlagen ausgedruckt und unsachgemäß gelagert im Büro des Generals gefunden worden sein.
Das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) ist mit dem Vorgang befasst, bislang gibt es jedoch offenbar keine Hinweise darauf, dass es sich um einen Spionagefall handeln könnte, bei dem etwa eine ausländische Macht in den Besitz von Geheimpapieren gekommen wäre.
Verteidigungsministerium äußert sich nicht
Das Verteidigungsministerium wollte sich auf Nachfrage nicht zu der Personalie, dem Sachverhalt oder etwaigen disziplinar- oder strafrechtlichen Ermittlungen gegen den General äußern. Eine Sprecherin teilte mit, dass man "aus Gründen des Datenschutzes und zur Wahrung des Persönlichkeitsrechts" keine Informationen mitteilen könne.
Ein Sprecher der NATO wiederum erklärte lediglich, der deutsche General sei auf "dienstliche Anordnung" nach Deutschland zurückbeordert worden. Die Person selbst ließ mehrere Anfragen in den vergangenen Wochen unbeantwortet.
Kein Disziplinarverfahren wegen vorzeitigem Ruhestand?
Der General war jahrelang im Bereich des militärischen Nachrichtenwesens mit sensiblen Aufklärungsfähigkeiten des Militärbündnisses befasst und in führender Rolle auch in Auslandseinsätzen der Bundeswehr tätig.
Nach seiner Abberufung von der NATO soll er zu einer Bundeswehreinrichtung in Deutschland versetzt worden sein. Ende des Monats soll er nun nach Informationen von WDR und SZ vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden. Dann wäre ein disziplinarrechtliches Verfahren nicht mehr ohne Weiteres durchzuführen.
Andere Fälle von Nachlässigkeit
Erst vor einem Jahr waren ranghohe Bundeswehrsoldaten aufgrund unachtsamer Sicherheitsvorkehrungen in die Schlagzeilen geraten: Ein vertrauliches Gespräch von vier Luftwaffenoffizieren in einer Schaltkonferenz, darunter der Kommandeur Ingo Gerhartz, über den Marschflugkörper Taurus war im Februar 2024 offenbar von einem russischen Geheimdienst abgehört und kurz darauf ins Internet gestellt worden.
Einer der Gesprächsteilnehmer hatte sich über ein unsicheres WLAN in einem Hotel in Singapur zu der Internetkonferenz zugeschaltet.
Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte Vorermittlungen wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen gegen die Luftwaffen-Offiziere geprüft, schließlich aber eingestellt, weil ein vorsätzliches Handeln nicht erkennbar gewesen sei.
Gegen zwei Gesprächsteilnehmer, darunter Luftwaffen-Kommandeur Gerhartz, waren jedoch im Nachgang im Rahmen von Disziplinarverfahren Geldbußen in jeweils vierstelliger Höhe ergangen. Die beiden Soldaten hatten demnach die vorgeschriebenen Vorkehrungen zur Sicherstellung von sicheren Kommunikationswegen nicht eingehalten.