
Kinostart "Schneewittchen"-Neuverfilmung voller Kontroversen
Mit "Schneewittchen" schrieb Disney Filmgeschichte. Die Erwartungen an die Realverfilmung sind entsprechend hoch. Die Produktion ist jedoch höchst umstritten. Und die Hauptdarstellerin wird online rassistisch beleidigt.
Es gab Zeiten, da wäre die Neuverfilmung seines größten Klassikers für Disney ein Grund zum Feiern gewesen. Doch die Premiere zu "Schneewittchen", dem jüngsten Remake einer Realverfilmung aus dem "House of Mouse", am vergangenen Sonntag in Hollywood fiel bemerkenswert kleinlaut aus: eine Nachmittagsveranstaltung ohne Staraufgebot und große Interviews.
Als erster abendfüllender Zeichentrickfilm ging "Schneewittchen und die sieben Zwerge" 1937 in die Filmgeschichte ein. Walt Disney und seinem Trickfilmstudio gelang nicht weniger als ein epochales Meisterwerk, das den Grundstein für den modernen Animationsfilm legen sollte. Es begründete den Nachruhm der Walt Disney Studios als Schmiede familienfreundlicher Unterhaltung maßgeblich mit.
Seit 15 Jahren verfilmt Disney sukzessive seine Zeichentrick-Klassiker mit echten Schauspielern neu. An der Kinokasse laufen die aufwändig produzierten Filme äußerst erfolgreich, wenngleich Fans und Kritiker mit den Neufassungen nicht selten hadern.
Zwerge wurden am Computer animiert
So auch bei "Schneewittchen". Seit Beginn der Produktion wird der Film von schlechter Presse begleitet. Schon 2022 kritisierte Peter Dinklage, seit seiner Rolle in "Game of Thrones" der gefragteste kleinwüchsige Schauspieler Hollywoods, die Neuverfilmung. In einem Podcast äußerte er Unverständnis für Disneys Entscheidung, eine "verdammt rückwärtsgewandte Geschichte über sieben Zwerge, die zusammen in einer Höhle leben", neu verfilmen zu wollen.
Disney beteuerte, mit Vertretern der Kleinwüchsigen-Gemeinschaft im Austausch zu stehen, um keine unangebrachten Stereotype zu reproduzieren. Doch als Disney die ersten Produktionsfotos des Films veröffentlichte, zeigte sich genau diese Gemeinschaft vor den Kopf gestoßen. Statt die Zwerge mit kleinwüchsigen Schauspielern zu besetzen, sind die Figuren am Computer animiert. Nun lautet der Vorwurf, Disney habe einer marginalisierten Gruppe von Schauspielern die Chance auf sieben prominente Rollen in einem internationalen Blockbuster verwehrt.
Hauptdarstellerin wird rassistisch angegangen
Die Titelrolle besetzte Disney mit der 23-jährigen Rachel Zegler. Im Internet machten schnell rassistische Kommentare die Runde: Zegler ist zur Hälfte kolumbianischer Abstammung. Menschen im Internet nutzten das für rassistische Kommentare, denn Schneewittchens Haut im Märchen wird als "so weiß wie Schnee" beschrieben.
Es ist nicht das erste Mal, das Disney für seine Besetzung in seinen Remakes attackiert wird: Ähnlich rassistische Kommentare musste die Schwarze Schauspielern Halle Bailey 2020 ertragen, als sie für die Titelrolle in "Arielle, die Meerjungfrau" besetzt wurde.
Die Hauptdarstellerin von "Schneewittchen", Zegler, wird zudem für ihre Meinung zur ersten Verfilmung angegangen. "Es gibt einen starken Fokus auf ihre Liebesgeschichte mit einem Kerl, der sie regelrecht stalkt", sagte die Schauspielerin über den Film von 1937. Zegler erklärte, dass ihr Schneewittchen keine Prinzessin sei, die auf die Rückkehr ihres Prinzen warte.
Auch Zeglers Statements abseits des Films lösten Diskussionen aus. Sie erklärte sich im Nahost-Konflikt mit der palästinensischen Seite solidarisch und rief zur Befreiung Palästinas auf. Manche sahen ihren Post auf der Plattform X als Seitenhieb auf ihre Kollegin Gal Gadot. Die Darstellerin der bösen Königin hat im israelischen Militär gedient.
Zu "woke" für Trumps Amerika?
Für den Disney-Konzern, der sich bereits seit Längerem im Fadenkreuz von republikanischen Hardlinern befindet, könnten Zeglers Kommentare zum Problem werden. In rechtskonservativen US-amerikanischen Medien wird der Film als "woke" angefeindet, das Medienunternehmen Daily Wire kündigte sogar mit Verweis auf Disney ein eigenes "Schneewittchen" mit vermeintlich traditionellen Werten an.
Ist der Film, dessen Produktionskosten auf rund 269 Millionen US-Dollar beziffert werden, damit bereits vor seinem Kinostart abgeschrieben? Nicht, wenn man den ersten Kritiken Glauben schenken darf, die im Zuge der Premiere veröffentlicht wurden. Von einer "großen Überraschung" ist die Rede - im positiven Sinn. Bleibt abzuwarten, ob das Märchen nun auch das Kinopublikum verzaubern kann.